Finanzen

EZB-Studie: Inflationsschock belastet Staatshaushalte

Die EZB warnt vor einer Belastung der Staatsaushalte im Euro-Raum. Grund dafür ist die Geldpolitik der Notenbank, die im Kampf gegen die Inflation die Zinssätze stark anhob. Dies erschwert nun die Refinanzierung der Staaten.
13.02.2023 13:53
Aktualisiert: 13.02.2023 13:53
Lesezeit: 2 min

Der massive Inflationsschub im Euro-Raum wird nach einer Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) die Staatsfinanzen der Euro-Länder mit der Zeit belasten. Angesichts kräftiger Zinserhöhungen in Reaktion auf den Teuerungsschub müssen sich Regierungen auf steigende Refinanzierungskosten einstellen, zugleich kommen angesichts der mauen Konjunktur womöglich höhere Ausgaben auf sie zu.

Refinanzierungsdruck könnte jahrelang bestehen

Der Energiepreis-Schock und die anschließende Wachstumsabschwächung führten in Simulationen dazu, dass der Haushaltssaldo der Regierungen bereits nach einem Jahr geschwächt werde, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Untersuchung. In den Folgejahren werde sich der Ausgabendruck intensivieren. Das stelle etwaige positive Effekte bei den Einnahmen in den Schatten und führe 2024 zu einer Verschlechterung des Haushaltssaldos um fast 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Zwar schiebt die Inflation in normalen Zeiten die Steuereinnahmen des Staates an. Und da das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dann nominal ansteigt, sinken tendenziell auch die staatlichen Schuldenquoten. Doch die Experten der EZB kommen angesichts der außergewöhnlichen Natur des jüngsten massiven Teuerungsschubs zu anderen Ergebnissen: „Diese Art der Inflation führt zu begrenzteren Zuwächsen auf der Einnahmeseite, die wiederum leicht wettgemacht werden können durch einen zusätzlichen Ausgabendruck“, hieß es in dem Artikel.

Die Inflation im Euro-Raum hat einen seit Einführung des Euro bislang beispiellosen Aufwärtssprint hingelegt. Sie kletterte von gerade einmal 1,9 Prozent im Juni 2021 auf 10,6 Prozent im Oktober 2022, bevor sie sich danach wieder etwas auf zuletzt 8,5 Prozent im Januar abschwächte. Vor allem der Ukraine-Krieg und die von ihm ausgelöste Energiekrise mit rasant hochschießenden Gaspreisen standen hinter dem enormen Preisauftrieb im vergangenen Jahr.

Geldpolitik der Notenbank setzt Staaten unter Druck

„Darüber hinaus führt die geldpolitische Reaktion, die erforderlich ist, um zu verhindern, dass dieser Inflationsschock zu übermäßigen Zweitrundeneffekten führt, zu einem Anstieg der Zinszahlungen auf die Staatsschulden“, schreiben die Experten.

Die EZB hat seit Juli 2022 die Leitzinsen inzwischen fünf mal in Folge angehoben. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von den Währungshütern erhalten, liegt inzwischen bei 2,50 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat zudem eine Fortsetzung des Zinserhöhungskurses in Aussicht gestellt.

Die EZB-Experten wiesen zudem darauf hin, dass 2022 rund ein Drittel der staatlichen Ausgaben im Euro-Raum an die Inflation oder an die Lohnentwicklung gekoppelt gewesen seien. Daher führe ein starker Inflationsanstieg automatisch dazu, dass die Ausgaben der Staaten zunehmen.

Nach ihrer Einschätzung konnten außerdem staatliche Hilfen die Folgen des Inflationsschubs nur für eine gewisse Zeit begrenzen. Deren Auswirkungen auf das Wachstum seien 2022 zwar positiv gewesen. Im laufenden Jahr zeigten sich dann aber schon leicht negative Folgen, bevor diese im Zeitraum 2024-25 noch stärker ins Negative umschlügen. Das Ausmaß, in dem fiskalische Maßnahmen und deren Zusammensetzung die Preisdynamik wirksam beeinflussen würden, ist aus Sicht der Experten hochgradig unsicher.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräftemangel hausgemacht: Nach Corona-Lockdown und Dauermigration fast 3 Millionen Menschen ohne Berufsabschluss
19.05.2025

Trotz leerer Lehrstellen, immenser Zuwanderung und großem Bedarf an Fachkräften: Fast 3 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben...

DWN
Politik
Politik Gasfunde in der Schwarzmeerregion: Türkei meldet strategischen Energieerfolg – Erdgasvorkommen mit enormem Wert
19.05.2025

Die Türkei entdeckt im Schwarzen Meer neue Erdgasvorkommen von enormem Wert. Der Fund unterstreicht Ankaras anhaltenden Kurs in Richtung...

DWN
Panorama
Panorama Zwei Tote bei Unfall in New York: Segelschiff rammt Brooklyn Bridge – was wir wissen
19.05.2025

Dramatische Szenen am East River: Ein Segelschulschiff der mexikanischen Marine stößt mit der weltberühmten Brooklyn Bridge in New York...

DWN
Politik
Politik Russland-Sanktionen: Ukraine-Partner erhöhen den Druck auf Moskau
19.05.2025

Kurz vor einem geplanten Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin haben Deutschland, die USA sowie...

DWN
Politik
Politik Pro-Europäischer Sieg bei Rumänien-Wahl: Nicusor Dan wird Präsident
19.05.2025

Erleichterung von Brüssel bis Kiew: Nach dem Triumph des pro-europäischen Kandidaten Nicusor Dan bei der Rumänien-Wahl äußerten sich...

DWN
Panorama
Panorama Auswandern in die Schweiz: Die Sehnsucht nach dem besseren Deutschland
19.05.2025

Immer mehr Deutsche denken daran, das Land zu verlassen – besonders oft AfD-Wähler. Das bevorzugte Ziel: die Schweiz. Was offenbart...

DWN
Panorama
Panorama Papst Leo XIV.: Kapitalismuskritik bei der Amtseinführung
19.05.2025

Papst Leo nutzt seine erste große Bühne für klare Worte. Zwischen Applaus und Kritik: Was bedeutet seine Kapitalismus-Kritik für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Berkshire Hathaway nach Buffett: Ein Imperium ohne seinen Architekten – droht der Zerfall oder folgt ein neuer Aufstieg?
19.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära – und möglicherweise beginnt eine neue. Doch die Märkte reagieren nervös: Wie viel...