Politik

Berlin-Wahl: Parteien beginnen Poker um Regierungsbildung

Lesezeit: 3 min
13.02.2023 15:47
Die Berlin-Wahl endet mit einer historischen Schlappe für die SPD. Trotzdem könnte sie an der Macht bleiben. Die Parteien beginnen nun mit Verhandlungen zur Regierungsbildung.
Berlin-Wahl: Parteien beginnen Poker um Regierungsbildung
Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, verlässt am Tag nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus und nach der Präsidiumssitzung ihrer Partei im Willy-Brandt-Haus bei einer Pressekonferenz das Podium. (Foto: dpa)
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In Berlin hat nach der Landtagswahl das Ringen um eine Regierungsbildung begonnen. Die Spitzengremien der Parteien trafen in ihren Sitzungen am Montag erste Entscheidungen: Während der Wahlsieger CDU einen klaren Führungsanspruch erhob, betonte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von der SPD, dass man zwar mit der CDU, aber eben auch mit Grünen und Linken über die Fortsetzung des bisherigen Bündnisses reden werde.

Die SPD wolle eine „starke, führende Rolle“ in der nächsten Landesregierung spielen. Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sagte, ihre Partei, die nur knapp hinter der SPD landete, werde nicht auf einem Führungsanspruch in einem Rot-Grün-Rot-Bündnis bestehen. Die Grünen wollten ebenfalls mit der CDU reden.

CDU klarer Wahlsieger, SPD mit herber Schlappe

Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die CDU bei der Wiederholungswahl auf 28,2 Prozent (2021: 18 Prozent) und ist klar stärkste Partei. Dann folgen SPD und Grüne mit jeweils 18,4 Prozent (21,4 beziehungsweise 18,9 Prozent). Die Sozialdemokraten liegen dabei nur 105 Stimmen vor den Grünen. Die Linke kommt auf 12,2 (14,1) Prozent, die AfD auf 9,1 (8,0) Prozent und die FDP auf 4,6 Prozent. Die Liberalen verpassen damit den Wiedereinzug in die Abgeordnetenkammer, nachdem sie 2021 noch 7,1 Prozent erzielt hatten. Berichte über Unregelmäßigkeiten, weshalb die Wahl vom September 2021 wiederholt werden musste, gab es nicht.

Giffey betonte, dass sich die SPD-Spitze klar hinter sie als Verhandlungsführerin in den Sondierungen gestellt habe. Sie lehnte die Idee ab, dass SPD und Grüne sich das Amt der Regierenden Bürgermeisterin in der Legislaturperiode teilen könnten. „Dafür bin ich nicht zu haben“, betonte sie. An der Dauer der Legislatur ändert sich durch die Wiederholung der Wahl nichts. Sie endet 2026.

„Wir werden nicht einfach alles lassen können, wie es ist“, sagte Jarasch. „Wir werden schon noch mal das Bündnis neu aufstellen müssen, auch kräftemäßig. Aber 105 Stimmen sind 105 Stimmen.“ Zuvor hatte sie aber gefordert, dass die fast gleiche Stärke von SPD und Grünen „zu einem echt partnerschaftlichen Umgang“ führen müsse.

Sowohl die SPD als auch die Grünen plädierten nach der Wahlschlappe für Veränderungen bei der Fortsetzung des Bündnisses. Giffey sprach von einer „Veränderungsagenda“ in vier zentralen Feldern. Dies betreffe die Bereiche Verkehr, Wohnungsbau, Innere Sicherheit und Verwaltung, sagte sie. Zuletzt hatte es mit den Grünen im Verkehrsbereich und den Linken in der Wohnungspolitik erhebliche Differenzen im Berliner Senat gegeben. Jarasch forderte ebenfalls Veränderungen ein.

Hat die Berlin-Wahl Auswirkungen auf die Ampel?

CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner erklärte, als Wahlsieger eine stabile Regierung bilden zu wollen. Es gehe nun darum, Kompromisse zu finden. „Der Wahlkampf ist vorbei. Jetzt geht es um Verantwortung.“ Er werde noch am Montag SPD und Grüne zu Sondierungsgesprächen einladen. Die anderen Parteien müssten das Ergebnis noch sackenlassen, was etwas Zeit brauchen werde. „Die Stadt ist gespalten“, sagte er. Sie müsse nun zusammengeführt werden. Während die Grünen fast alle Direktmandate in den inneren Bezirken in Berlin gewann, eroberte die CDU alle Direktmandate in den äußeren Bezirken. Im Vorfeld hatten sich SPD und Grüne skeptisch über ein Bündnis mit der CDU geäußert.

Unklar blieb zunächst, wie die Auswirkungen der Landtagswahl auf die Arbeit der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP im Bund sein werden. SPD-Chefin Saskia Esken sagte, sie hätte den Liberalen einen Einzug in den Landtag gewünscht. Man werde auch weiterhin gut im Bund zusammenarbeiten. Die FDP selbst kündigte an, trotz der erneuten Schlappe bei einer Landtagswahl ihren Kurs im Bund nicht ändern zu wollen.

Die Politik der Mitte werde mittelfristig wieder Erfolge bringen, sagte Parteichef Christian Lindner. „Die Ampel hat nur eine Chance auf Wiederwahl, wenn wir unser Land auf den wirtschaftlichen Erfolgspfad zurückführen.“ Das könne nicht mit mehr Bürokratie und höheren Steuern gelingen. Seit der Beteiligung an der Ampel-Koalition im Bund mit SPD und Grünen Ende 2021 hat die FDP bei allen Landtagswahlen Federn lassen müssen - ist entweder aus der Landesregierung oder gleich ganz aus dem Parlament geflogen.


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