Die japanische Wirtschaft hat eine Rezession vermieden, ist aber Ende 2022 deutlich langsamer gewachsen als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der nach den USA und China drittgrößten Volkswirtschaft der Welt legte von Oktober bis Dezember auf das Jahr hochgerechnet um 0,6 Prozent zu, wie aus Daten der Regierung am Dienstag hervorging. Der Anstieg fiel jedoch deutlich geringer aus als mit 2,0 Prozent prognostiziert. Dies signalisiert, dass die weltweite Konjunkturabschwächung den exportabhängigen Aufschwung des Landes beeinträchtigen könnte. Im Sommerquartal war das BIP noch um revidiert 1,0 Prozent geschrumpft. Im Gesamtjahr 2022 reichte es aber zu 1,1 Prozent Wachstum, nach einem Plus von 2,1 Prozent im Jahr davor.
"Nach einem negativen Wachstum im Zeitraum Juli-September ist die Erholung nicht sehr beeindruckend", sagte Toru Suehiro, Chefvolkswirt beim Broker Daiwa Securities. "Wir können davon ausgehen, dass sich der Konsum erholen wird, wenn sich die Ausgaben für Dienstleistungen stabilisieren." Aber es sei schwierig, eine starke Erholung zu prognostizieren, auch wegen des Drucks durch die steigende Inflation. Der private Verbrauch, der mehr als die Hälfte des japanischen BIPs ausmacht, stieg im vierten Quartal um 0,5 Prozent und entsprach damit der Erwartung der Finanzmärkte. Die Auslandsnachfrage trug 0,3 Prozentpunkte zum Wachstum bei.
Seit dem Wegfall der Corona-Einreisebeschränkungen bekommt die angeschlagene Wirtschaft vor allem vom Tourismussektor Rückenwind. "In naher Zukunft dürfte sich die Außenhandelsbilanz verbessern, vor allem, weil mehr ausländische Touristen kommen und die heimischen Verbraucher ihre Ausgaben etwas stärker erhöhen dürften", sagte John Vail, Chief Global Strategist beim Vermögensverwalter Nikko. Gründe hierfür seien, dass sich die Konsumenten an die höheren Preise gewöhnten und "der Nachschub auf dem Automarkt besser fließt". Auch der Wohnungsbau werde sich wahrscheinlich etwas beleben. "Alles in allem dürfte die japanische Wirtschaft in der ersten Hälfte dieses Jahres weiter stetig wachsen", betonte Vail.
KÜNFTIGER NOTENBANKCHEF UEDA MUSS GELDPOLITIK NORMALISIEREN
Die Politik hofft, dass die Erholung des Konsums durch die während der Pandemie angesammelten Ersparnisse lange genug anhält, um für ein Lohnplus zu sorgen und die Belastung der Haushalte durch die steigenden Lebensmittel- und Kraftstoffkosten abzufedern. Wirtschaftsminister Shigeyuki Goto sagte, die Wirtschaft befinde sich auf dem Weg der Erholung, da die Auswirkungen der Pandemie nachließen. "Steigende Inflation und die weltweite Konjunkturabschwächung sind Risiken." Aber die Neigung der Firmen zu investieren, habe sich nicht abgekühlt. "Wir sind nicht zu pessimistisch, was den Ausblick angeht."
Da die Inflation das Zwei-Prozent-Ziel der Bank of Japan (BoJ) übersteigt, werden die Aussichten für die Wirtschaft und die Löhne entscheidend dafür sein, wie schnell die Zentralbank ihr massives Konjunkturprogramm auslaufen lassen kann. Die schwachen Daten verdeutlichen die heikle Aufgabe, die der künftige Notenbank-Chef Kazuo Ueda zu bewältigen hat: Er muss einen Weg zur Normalisierung der ultralockeren Geldpolitik finden, ohne die fragile wirtschaftliche Erholung zu gefährden. Der 71-jährige Ueda soll Anfang April dem langjährigen Notenbank-Chef Haruhiko Kuroda nachfolgen. (Reuters)