Deutschland

Energie-Krise: BASF muss angeblich Ammoniak-Anlage stilllegen

Der größte Chemiekonzern der Welt gerät Medienberichten zufolge in der Ammoniak-Sparte in Bedrängnis.
22.02.2023 15:00
Lesezeit: 2 min

Der Chemiekonzern BASF will einem Bericht zufolge einen Teil seiner Ammoniak-Produktion in Ludwigshafen stilllegen. BASF betreibt in der pfälzischen Stadt bisher zwei Ammoniak-Anlagen.

Die Produktion war 2022 wegen extrem gestiegener Gaspreise gedrosselt worden, weil bei der Ammoniak-Produktion viel Erdgas als Grundstoff benötigt wird. Die ältere der Anlagen wolle der Konzern nach Informationen aus Unternehmenskreisen nicht wieder in Betrieb nehmen, berichtet das Handelsblatt.

Demnach will der Konzern die Entscheidung am Freitag auf seiner Bilanzpressekonferenz bekanntgeben. BASF teilte dazu auf Anfrage mit: „Wir kommentieren die Aussagen im Handelsblatt beziehungsweise Marktgerüchte nicht.“ Ammoniak wird zum Beispiel für die Herstellung von Dünger für die Landwirtschaft gebraucht.

Blick nach China und Amerika

Wegen hoher Kosten vor allem in Europa, die Folge der Energie-Krise und der Russland-Sanktionen sind, hatte BASF vor einigen Monaten ein Sparprogramm angekündigt. Im vergangenen Jahr hieß es, mehr als die Hälfte der Einsparungen wolle der Vorstand am Standort Ludwigshafen erreichen, wo BASF rund 39.000 seiner weltweit etwa 111.000 Mitarbeiter beschäftigt. Dabei schloss man Stellenstreichungen nicht aus.

Die Bundesregierung stoppte im Sommer vergangenen Jahres den Kauf russischen Erdgases, obwohl gegen dieses keine Sanktionen der EU erlassen wurden und andere europäisch Länder weiterhin russisches Gas beziehen.

Das Unternehmen legt am Freitag seine Zahlen für 2022 vor. BASF hatte im Januar mitgeteilt, dass der Konzern wegen Abschreibungen auf das Russland-Geschäft seiner Fördertochter Wintershall Dea im vergangenen Jahr in die roten Zahlen gerutscht sei. Unter dem Strich häufte das Dax-Unternehmen den vorläufigen Zahlen zufolge demnach einen Verlust von rund 1,4 Milliarden Euro an.

Der BASF-Vorstand hatte sich in der Vergangenheit mehrfach kritisch zu den extrem hohen Energiepreisen in Deutschland geäußert und angekündigt, deswegen verstärkt in Nordamerika und China investieren zu wollen. „Europa verliert in vieler Hinsicht an Wettbewerbsfähigkeit. Bereits seit einer Dekade gibt es nur noch schwaches Wachstum. Jetzt geht es noch weiter bergab“, sagte der BASF-Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller im November 2022 in einem Interview mit dem Handelsblatt.

Aus Sicht Brudermüllers wird gegenwärtig völlig vernachlässigt, wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie signifikant verbessert werden könnte. Die Chemieindustrie etwa müsse sich in Europa auf Energiekosten einstellen, die langfristig gut dreimal so hoch sein werden wie in den USA. Hinzu komme eine „überbordende Regulierung“ im Rahmen des Green Deals der EU. „Mir macht daher Sorge, dass sich in diesem schwierigen, weil überregulierten Europa Investitionen längerfristig verlagern könnten, beispielsweise in die USA. Was spricht eigentlich noch für Investitionen in Europa?“

Lesen Sie dazu: BASF-Chef: Europa verliert gegen Amerika, China und den Mittleren Osten

Überraschender Wechsel im Vorstand

Zwei Tage vor Vorlage der Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr hat der Chemiekonzern zudem einen überraschenden und kurzfristigen Wechsel im Vorstand gemeldet. Saori Dubourg werde das Unternehmen zum 28. Februar verlassen, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch mit.

Dubourg war 2017 in den Vorstand bestellt worden und zuletzt für die Unternehmensbereiche Monomers, Performance Materials und Petrochemicals sowie Intermediates verantwortlich. Zudem war sie für die Region Europa zuständig.

Sie verlasse BASF „im besten Einvernehmen“, hieß es in einer knappen Mitteilung weiter. Mit Technologiechefin Melanie Maas-Brunner ist damit nur noch eine Frau im BASF-Vorstand. Nach Medienberichten galt Dubourg intern als Kritikerin der Chinastrategie und wurde demnach zeitweise auch als mögliche Konzernchefin gehandelt.

Der Aufsichtsrat der BASF habe Stephan Kothrade mit Wirkung zum 1. März zum Mitglied des Vorstands bestellt, teilte BASF weiter mit. Das Unternehmen legt an diesem Freitag seine Zahlen für 2022 vor.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Börsencrash, Blase oder Börsenrally? So brisant wird das zweite Halbjahr an den Aktienmärkten
08.07.2025

Zins-Chaos, Trump-Drohungen und eine Blase bei Rüstungsaktien: Drei Top-Strategen warnen vor einem explosiven Börsenhalbjahr – mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exportflaute durch Handelsstreit: Unsicherheit belastet deutsche Firmen
08.07.2025

Trotz einer weiteren Fristverlängerung im Zollkonflikt mit den USA bleibt die Lage für deutsche Exportunternehmen angespannt. Die...

DWN
Politik
Politik Bundestag stimmt über Verfassungsrichter ab – Politische Debatte um Mehrheiten
08.07.2025

Im Bundestag steht eine wichtige Entscheidung an: Drei Kandidatinnen und Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht sollen gewählt...

DWN
Technologie
Technologie Wettlauf der Supermächte: Wer gewinnt das Milliarden-Quantenrennen?
08.07.2025

Quantencomputer gelten als Schlüsseltechnologie der Zukunft – und könnten bestehende Sicherheitsstrukturen weltweit aushebeln. Der...

DWN
Politik
Politik Recht auf Schutz: Gericht bestätigt Anspruch afghanischer Familie auf Visa
08.07.2025

Trotz der Einstellung des Bundesaufnahmeprogramms für gefährdete Afghanen hat das Verwaltungsgericht Berlin eine klare Entscheidung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Urlaub wird teurer: Flugkosten steigen auch bei Billig-Airlines
08.07.2025

Fliegen vom deutschen Flughafen ist deutlich kostspieliger geworden – und das nicht nur bei klassischen Airlines. Auch...

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...