2022 war im deutschen Immobilienmarkt das Jahr der Zinswende. Bauzinsen sind nach einem Jahrzehnt der Niedrigzinsen rasant gestiegen und viele fragen sich momentan, was dies am Baufinanzierungsmarkt ausgelöst hat und ob es sich jetzt noch lohnt, eine Immobilie zu kaufen.
In einem Podcast von HypoVereinsbank und Wüstenrot sagte Jana Heeg-Rupprecht, Leiterin Baufinanzierung der HypoVereinsbank, dass es im Jahr 2022 „viel Bewegung“ im Immobilienmarkt gab. „Zinsen haben sich innerhalb eines Jahres vervierfacht und hat man im Januar 2022 noch circa ein Prozent Darlehns-Zins bezahlt, so ist das Niveau mittlerweile auf vier Prozent gestiegen“, so Heeg-Rupprecht. Das mache sich natürlich in der monatlichen Belastung merkbar, weshalb auch die generelle Nachfrage nach Immobilien abgeschwächt sei.
Vor allem im Neubau-Segment haben der hohe Zinsanstieg und hohe Baukosten dazu geführt, dass es aktuell deutlich weniger Neubautätigkeit gibt. Dennoch gehört die eigene Immobilie zu den wichtigsten Wünschen der Deutschen zur Altersversorge oder auch als Investitions-Objekt, sagte Heeg-Rupprecht, und fügte hinzu: „Wenn die Investition zur persönlichen Situation passt, lohnt sich der Immobilien-Kauf immer noch“.
Immobilienmarkt: Krisen-resilient
Der Immobilienmarkt zeigte sich auch nach Ausbruch der Covid-Pandemie als sehr Krisen-resilient, in dem Sinne, dass die Preisdynamik nicht spekulativ getrieben war und auch heute nicht ist. Einige der Gründe dafür - neben der hohen Nachfrage nach Wohnimmobilien - sind das knappe Bauland, das sich kontinuierlich verteuert, und Baukosten, die seit Anfang 2020 um 30 Prozent teurer geworden sind wegen sehr stark gestiegenen Material- und Bauleistungspreise sowie der staatlichen Vorgaben zum Klimaschutz wie beispielsweise der CO2-Sonderabgabe.
„Auf dem privaten Immobilienmarkt sehen wir, dass sich aktuell Käufer und Verkäufer nicht finden. Viele Käufer warten ab, und hoffen auf niedrige Kauf-Preise, und Verkäufer warten ab, da oft keine Not zum Verkauf besteht. Wir erwarten eine moderate Anpassung der Immobilien-Preise in den nächsten Monaten, und hier lohnt sich für den Käufer auf jeden Fall, in die Kaufpreisverhandlung mit dem Verkäufer einzusteigen“, so Heeg-Rupprecht.
Bausparen: ein altes Finanzierungsmodel für heutige Zeiten?
Ein Immobilen-Kauf hängt immer von der individuellen Situation ab, sagen die Experten, sowie den jeweiligen finanziellen Möglichkeiten. Verschiedene Banken bieten verschiedene Zinsbindungen, es lohnt sich einen Blick auf die KVD-Förderprogramme zu werfen und auch alternative Absicherungen - wie zum Beispiel Bausparen - sind wieder auf dem Tisch.
Ralf Smolak, Vertriebsdirektor bei der Bausparkasse Wüstenrot, sagte in der Podcast, dass sich auch im Bausparmarkt im Jahr 2022 sehr viel getan hat. „Man kann auch von einer Renaissance des Bausparvertrags sprechen. Die Anzahl der neuabgeschlossenen Verträge ist im Jahr 2022 signifikant angestiegen“, sagte Smolak. Fast jeder zweite deutsche Haushalt hat jetzt wieder mindestens einen Bausparvertag. Aufgrund der Zinswende haben erste Bausparkassen - aber noch nicht alle - ihre Tarife auf das neue Zinsniveau angepasst. Laut Smolak sei dies aber nur eine Frage der Zeit.
Bausparen gibt es jetzt seit fast 100 Jahren und das Grundprinzip ist gleichgeblieben. „Beim Bausparen wird traditionelles Sparen mit einem Immobilen-Darlehn verbunden. Die Kunden schließen einen Bausparvertag über eine bestimmte Summe ab, und - abhängig vom Tarif - muss der Kunde dann zwischen 30 Prozent bis 50 Prozent der Bausparsumme ansparen. Den Restbetrag erhält der Kunde, wenn alle Zuteilungs-Voraussetzungen erfüllt sind, als Darlehn“, erklärte Smolak.
Bereits beim Abschluss des Vertrages sichere sich der Kunde die Zinsen sowie für die Sparphase als auch für die Darlehns-Phase. Smolak wies darauf hin, dass viele Bausparkassen ihre Tarife noch nicht an die Zinssteigerung von Anfang 2022 angepasst hätten. „Das heißt, wenn Sie heute noch einen Bausparvertag abschließen, dann können Sie sich noch die Darlehns-Zinsen vor der Zinssteigerung sichern“.
Die Finanzmärkte unterschätzen nach Ansicht von EZB-Direktorin Isabel Schnabel womöglich die Hartnäckigkeit der Inflation im Euroraum. Die Märkte gingen davon aus, dass die Teuerung sehr schnell in Richtung des EZB-Ziels von zwei Prozent sinken und dort dann bleiben werde, während sich auch die Wirtschaft gut schlage, sagte Schnabel in einem aktuellen Interview der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. "Das wäre ein sehr gutes Ergebnis, aber es besteht das Risiko, dass sich die Inflation als hartnäckiger erweist als gegenwärtig eingepreist ist an den Finanzmärkten“, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Europäischen Zentralbank.