Politik

Rot-Grün schleift das Staatsbürgerschaftsrecht - FDP meldet zarte Nachbesserungen an

Innenminnisterin Faeser hat einen drastischen Abbau von Hürden im Staatsangehörigkeitsrecht auf den Weg gebracht. Die FDP protestiert - ein bisschen.
03.03.2023 17:00
Aktualisiert: 03.03.2023 17:15
Lesezeit: 3 min

Mit einer erleichterten Fachkräfteeinwanderung und der geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts will die Ampel-Regierung ihren angekündigten Kurswechsel in der Migrationspolitik weiter vorantreiben. Doch jetzt meldet die FDP - womöglich auch unter dem Eindruck schlechter Ergebnisse bei zurückliegenden Landtagswahlen - bei einem der beiden Vorhaben Nachbesserungsbedarf an.

Grundsätzlich sind die Liberalen zwar weiterhin für kürzere Wartezeiten bei der Einbürgerung und auch das Ende des Doppelpass-Verbots finden sie gut. Doch einige andere Ideen im Entwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht stoßen in ihren Reihen auf Kritik. Dazu gehört etwa der Plan, allen Ausländern ab dem 67. Lebensjahr künftig ohne Einbürgerungstest und schriftliche Deutsch-Prüfung den Weg zum deutschen Pass zu ebnen. Verlangt werden soll von Einbürgerungswilligen aus dieser Gruppe laut Entwurf nur noch, dass sie sich mündlich auf Deutsch verständigen können.

Man unterstütze zwar die im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung für eine erleichterte Einbürgerung von Angehörigen der sogenannten Gastarbeitergeneration, heißt es in einem Positionspapier der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle und Stephan Thomae. Eine zeitlich unbegrenzte Absenkung der Anforderung für alle Älteren lehne man jedoch ebenso ab wie Ausnahmen für bestimmte jüngere Ausländer, wie sie der Entwurf des Bundesinnenministeriums bisher vorsieht.

In ihrem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, fordern die Innenpolitiker zudem, eingebürgert werden dürfe nur, "wer seinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten und für seine Familie sorgen kann". Das sieht der Referentenentwurf, den das Innenministerium im Januar zur Abstimmung an die anderen Ressorts geschickt hatte, zwar für die sogenannte Anspruchseinbürgerung vor. An den nach geltender Rechtslage möglichen Ausnahmen bei der sogenannten Ermessenseinbürgerung würde sich durch die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts aber nichts ändern. Diese Regelung ermöglicht es den Ausländerbehörden, "aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte" auch Menschen einzubürgern, die von staatlichen Leistungen leben.

Kuhle und Thomae sprechen sich zudem für die "flächendeckende Durchführung von Einbürgerungsfeiern" aus und wollen die Loyalitätserklärung zu einem "echten Eid auf das Grundgesetz" weiterentwickeln.

Der von Faesers Haus formulierte Entwurf sieht vor, dass ein Einbürgerungsanspruch künftig in der Regel nach fünf Jahren bestehen soll. Aktuell müssen Einbürgerungswillige dafür noch einen mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt nachweisen. Bei besonderen Integrationsleistungen sollen künftig drei Jahre ausreichen.

Die Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder von Nicht-EU-Ausländern soll abgeschafft werden. Das bedeutet, dass sich junge Erwachsene nicht zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und der ihrer Eltern entscheiden müssen. Thomae und Kuhle wollen allerdings, dass sich die Menschen "ab der Enkelgeneration der Ersteingebürgerten" für eine Staatsangehörigkeit entscheiden sollen.

"Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, zu überprüfen, wie für zukünftige Generationen sich ausländische Staatsbürgerschaften nicht über Generationen vererben lassen", teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag auf Anfrage mit. Der Ministeriumsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts befinde sich gegenwärtig in der Ressortabstimmung. Bevor sich das Kabinett mit dem Entwurf befasst, soll nach Angaben des Sprechers auch darüber beraten werden, ob und wie ein "Generationenschnitt" realisiert werden könne.

Die Grünen sind - anders als die FDP - sehr zufrieden mit den Plänen aus dem Bundesinnenministerium. Aus ihrer Sicht könnte es bloß etwas schneller gehen. "Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wird einer der wichtigen Meilensteine dieser Koalition sein", sagt Filiz Polat, Migrationsexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion. Ihre Fraktion erwarte den Gesetzentwurf noch im März. Die Ampel-Partner seien sich einig darin, dass Deutschland als modernes Einwanderungsland ein zeitgemäßes Staatsangehörigkeitsrecht brauche. Polat ergänzt: "Dafür hat Ministerin Faeser aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Grünen einen guten Entwurf eingebracht." Denn wenn Menschen lange in Deutschland lebten ohne Staatsbürger zu sein, sei dies ein "massives Demokratiedefizit".

Ganz andere Defizite sieht die Union. "Mit dem generellen Doppelpass und der Halbierung der Zeiten bis zur Einbürgerung entwertet die Ampel die deutsche Staatsangehörigkeit ein Stück weit", findet Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU). Der Anreiz, sich wirklich in die Gesellschaft zu integrieren, werde dadurch geringer. Deutschland sei auch ohne diese Änderungen "modern und weltoffen". Das Agieren der FDP, deren Kritik an den Reformplänen sich nur auf wenige nebensächliche Punkte beschränke, sei "reines Politiktheater".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie und Microsoft-Aktie: Anthropic-Deal stärkt Position bei künstlicher Intelligenz
20.11.2025

Microsoft und Nvidia setzen mit Milliardeninvestitionen auf das KI-Start-up Anthropic. Die US-Giganten stärken damit ihre Position im...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Sicht? USA arbeiten an Ideen für Kriegsende in der Ukraine – Kritik von der EU
20.11.2025

Ein angeblicher 28-Punkte-Plan für ein Kriegsende in der Ukraine sorgt für Aufsehen. Kiew sieht sich unter Druck. In der EU regt sich...

DWN
Politik
Politik Trump erhält freie Hand: USA bereiten massive Strafzölle und Sanktionen gegen Russlands Handelspartner vor
20.11.2025

Präsident Donald Trump unterstützt ein Gesetz, das weltweite Schockwellen auslösen könnte: Die USA wollen Staaten bestrafen, die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen nach Nvidia-Zahlen im Aufwind: Wie Anleger jetzt von KI-Investitionen profitieren
20.11.2025

Die US-Börsen zeigen sich am Donnerstag zum Start mit Zuschlägen. Nachdem die Nvidia-Quartalszahlen deutlich besser als erwartet...

DWN
Immobilien
Immobilien Baukosten: Bund will Bauen günstiger und schneller machen
20.11.2025

Weniger Vorschriften, mehr Wohnraum: Der Gebäudetyp E soll das Bauen nicht nur günstiger, sondern auch flexibler für Bauherren machen.

DWN
Unternehmen
Unternehmen MAN Truck & Bus: LKW-Hersteller baut 2.300 Stellen in Deutschland ab
20.11.2025

Der Lastwagen- und Bushersteller MAN will in Deutschland rund 2.300 Stellen abbauen. Belastend seien hohe Strom- und Arbeitskosten und der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Anpassung an die Klimakrise: EU erhöht Druck beim Ausstieg aus Öl und Gas
20.11.2025

Deutschland hatte sich schon im Vorfeld zusammen mit anderen Staaten in Belém für einen Fahrplan zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle stark...

DWN
Politik
Politik Sie gehört zu den mächtigsten Frauen der EU: Jetzt geht sie auf Konfrontationskurs mit Trump
20.11.2025

Die Spannungen zwischen der EU und den USA erreichen einen neuen Höhepunkt. Donald Trump attackiert europäische Digitalgesetze, droht mit...