Volkswagen gibt wegen der massiven Subventionen für Investitionen in Nordamerika offenbar seinen Plänen für eine Batteriezellfabrik dort den Vorrang vor weiteren in Europa. Man könne nicht davon sprechen, dass Pläne für neue Standorte in Europa gestoppt würden, sagte eine Person mit Kenntnis der Beratungen der Nachrichtenagentur Reuters. „Aber De facto ist es schon so, dass wir in Nordamerika schneller vorankommen.“
Die Zeitung Financial Times hatte berichtet, Volkswagen lege ein in Osteuropa geplantes Werk auf Eis und priorisiere stattdessen Nordamerika, weil der Konzern bis zu zehn Milliarden Euro an US-Fördermitteln erhalten könne. Ein Sprecher sagte, VW evaluiere noch geeignete Standorte in Osteuropa und Nordamerika.
Volkswagens Technik-Vorstand Thomas Schmall forderte in einem Beitrag auf dem Karriere-Netzwerk LinkedIn eine rasche Antwort der Europäischen Union (EU) auf das US-Subventionsprogramm IRA. „Meine Hoffnung ist, dass die Politik in Brüssel und den europäischen Hauptstädten jetzt schnell den Hebel zieht und Unternehmen ermöglicht, hier die Industrie der Zukunft aufzubauen.“ Die EU benötige ein überarbeitetes staatliches Hilfsprogramm, um auf Augenhöhe mit vergleichbaren Förderungen in China und Nordamerika zu kommen. „Die Konditionen von IRA sind so attraktiv, dass Europa Gefahr läuft, den Wettlauf um Milliardeninvestitionen zu verlieren, der in den kommenden Monaten und Jahren entschieden wird.“
Die EU brauche eine Strategie zur Sicherung kritischer Rohstoffe, Ökostrom zu wettbewerbsfähigen Preisen unter sieben Cent pro Kilowattstunde und ein starker Fokus auf die Zellfertigung. Vor allem gehe es jetzt um Geschwindigkeit, schreib Schmall. Denn das IRA-Programm sei bereits in Kraft und liefere Ergebnisse.
Der Konzern halte an seinem Plan fest, in Europa bis 2030 Batteriezellfabriken mit einer Leistung von rund 240 Gigawattstunden zu bauen, sagte der Konzernsprecher. Dafür benötige man aber die richtigen Rahmenbedingungen. „Deshalb warten wir ab, was der sogenannte Green Deal der EU bringen wird“, erklärte der Konzern. Ursprünglich hatte Volkswagen den Bau von sechs Akku-Werken in Europa geplant.
Finanzvorstand Arno Antlitz hatte vergangene Woche bei einer Telefonkonferenz zur Präsentation der vorläufigen Geschäftszahlen gesagt, er rechne mit Rückenwind durch das milliardenschwere US-Förderprogramm. Zu den Beratungen des Aufsichtsrats über eine Batteriezellfabrik in Nordamerika hatte er sich nicht geäußert. Der Konzern hatte vor einiger Zeit Kanada als logische Option für eine Batteriezellfabrik bezeichnet.
Continental folgt Abnehmern
Der Grioßzulieferer Continental hält sich wegen der Subventionen weitere Investitionen in den USA offen. Der drittgrößte deutsche Autozulieferer habe schon sehr früh in Nordamerika investiert und beschäftige dort rund 15.000 Mitarbeiter, sagte Finanzvorständin Katja Dürrfeld der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch anlässlich der Präsentation der Bilanz 2022.
„Unsere Investitionsentscheidungen orientieren sich maßgeblich an den regionalen Marktentwicklungen und entsprechend auch an unseren Kunden.“ Das heiße, sollten sich große Abnehmer von Continental für weitere Werke in den USA entscheiden, würde der Dax-Konzern aus Hannover entsprechend investieren. Der Markt in Nordamerika sei für die globale Automobilindustrie extrem wichtig.
Volkswagen ist einer der größten Kunden von Continental.
Als eines der ersten europäischen Unternehmen hatte sich der schwedische Batteriehersteller Northvolt bei seinen Investitionsplänen auf das IRA-Programm bezogen. Auch Tesla nennt bei seinen Investitionsplänen explizit den Inflation Reduction Act: Das Unternehmen montiert zwar in seinem Werk in Grünheide bei Berlin die Batterien für seine Elektroautos. Der Fokus der Zellfertigung liege dagegen aufgrund der Steueranreize in den USA. Ursprünglich hatte Tesla geplant, in Grünheide die gesamte Batterie zu produzieren, mit einer Spitzenkapazität von über 50 Gigawattstunden pro Jahr.