Politik

EU scheitert bei Enteignung russischer Milliardäre

Schätzungen zufolge haben sanktionierte russische Staatsbürger massive Vermögen in der EU. Doch die Mitgliedsstaaten haben bisher nur einen Bruchteil gefunden.
Autor
11.03.2023 20:59
Aktualisiert: 11.03.2023 20:59
Lesezeit: 2 min

Der Europäischen Union gelingt es offenbar nicht, die Vermögenswerte russischer Milliardäre ausfindig zu machen und einzufrieren, gegen die sie im Rahmen des Kampfes gegen Russland Sanktionen verhängt hat. Sie hat bisher nur etwa 20,9 Milliarden Euro an Vermögenswerten eingefroren, wie Bloomberg berichtet. Im Oktober hatte die EU schon etwa 17,4 Milliarden Euro eingefroren.

Während Belgien und Luxemburg russische Vermögen in Milliardenhöhe eingefroren haben, melden andere EU-Staaten nur geringfügige Zahlen. Griechenland etwa hat eigenen Angaben zufolge nur 212.201 Euro eingefroren, und Malta meldete nur 222.470 Euro. EU-Beamte gehen davon aus, dass es noch wesentlich mehr Vermögenswerte sanktionierter russischer Personen gibt.

Im Jahr 2019 wurden die russischen Direktinvestitionen in der Europäischen Union laut offiziellen Statistiken auf 136 Milliarden Euro geschätzt. Über Bankkonten russischer Staatsangehöriger sowie über Immobilien und andere Portfolios dürften jedoch noch viele weitere Milliarden in die EU geflossen sein.

Allerdings werden nicht alle russischen Gelder, die in die EU geflossen sind, mit sanktionierten Personen in Verbindung gebracht, und tatsächlich ist es nicht immer einfach, sie zu identifizieren, da die eigentlich zu sanktionierenden Vermögenswerte oft hinter komplexen Unternehmensstrukturen oder Vermittlern versteckt sind.

Die EU hat fast 1.500 Personen mit Sanktionen belegt, den Export von Hunderten von Waren und Technologien eingeschränkt und viele wichtige Einnahmequellen Moskaus ins Visier genommen. Doch offenbar verfügt die EU noch immer über keinen wirksamen Mechanismus zur Durchsetzung dieser Maßnahmen.

Ein Sprecher der EU-Kommission, Christian Wigand, sagte, dass sich die Summe der in der EU eingefrorenen Vermögenswerte seit April 2022 mehr als verdreifacht habe. Er fügte hinzu, dass sich die EU auf die von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen stützt und dass die Häufigkeit der von den Staaten bereitgestellten Daten uneinheitlich ist.

Die bisherigen Bemühungen der EU haben nicht viel gebracht. Im jüngsten zehnten Sanktionspaket einigten sich die EU-Staaten immerhin auf die Einführung einiger obligatorischer Meldepflichten für Banken und andere Wirtschaftsbeteiligte, verzichteten aber auf eine Verhängung von Geldstrafen bei Verstößen.

Derzeit sind bei den Gerichten der EU Dutzende von Klagen russischer Bürger anhängig, die versuchen, Zugriff auf ihre eingefrorenen Gelder zu erhalten. Am Mittwoch erklärten die EU-Richter die Aufnahme der achtzigjährigen Mutter des Gründers der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, in die Liste der sanktionierten Personen für nichtig.

Vor einem Jahr richtete die EU eine Taskforce "Einfrieren und Beschlagnahmen" ein, um die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, die weiterhin für die Durchsetzung der EU-Sanktionen zuständig sind. Diese Taskforce soll untersuchen, wie das Straf- und Steuerrecht für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden kann

Sie wird "an der Spitze eines wichtigen Teils" der von der EU-Kommission bereits begonnenen Arbeit stehen, "um stillgelegte öffentliche Vermögenswerte zu kartieren und aufzuspüren", sagte Justizkommissar Didier Reynders im letzten Monat. "Dies ist notwendig, um bei unseren Überlegungen über die mögliche Verwendung solcher Vermögenswerte voranzukommen."

Die EU arbeitet auch an neuen Regeln, um die Umgehung von Sanktionen unter Strafe zu stellen, und prüft die Möglichkeit, das von den Mitgliedstaaten bereits eingefrorene russische Zentralbankvermögen in Höhe von mehreren Milliarden Euro für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putin in Indien: Strategische Unabhängigkeit in der neuen Weltordnung
05.12.2025

Indien empfängt den russischen Präsidenten mit allen protokollarischen Ehren und stellt damit gängige westliche Erwartungen an globale...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Handwerkskunst aus Deutschland: Pariser Luxus-Modehäuser vertrauen auf die Stickerei Müller
05.12.2025

Die Stickerei Müller aus Franken fertigt für große Modehäuser wie Balenciaga und Yves Saint Laurent. Auf schwierige Jahre nach der...

DWN
Politik
Politik Rentenpaket im Bundestag: Folgen für Rentner und Beitragszahler
05.12.2025

Der Bundestag hat das Rentenpaket mit knapper, aber eigener Mehrheit durchgesetzt und eine Koalitionskrise verhindert. Doch hinter den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Auftragseingang in der deutschen Industrie steigt unerwartet kräftig
05.12.2025

Unerwartet starke Impulse aus der deutschen Industrie: Die Bestellungen im Verarbeitenden Gewerbe ziehen an und übertreffen Prognosen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie stabil: Analystenkommentar von Bank of America bewegt Rüstungsaktien
05.12.2025

Am Freitag geraten deutsche Rüstungsaktien in Bewegung: Ein US-Großbank-Analyst sortiert seine Favoriten neu. Welche Titel profitieren,...

DWN
Politik
Politik Neuer Wehrdienst: So soll das Modell ab 2026 greifen
05.12.2025

Ab 1. Januar soll der neue Wehrdienst starten: mit Pflicht-Musterung, frischer Wehrerfassung und ehrgeizigen Truppenzielen. Die Regierung...

DWN
Finanzen
Finanzen Tesla-Aktie im Fokus: Teslas Model 3 Standard startet in Deutschland – Experten hinterfragen Musks Einfluss
05.12.2025

Tesla bringt das Model 3 als neue Standard-Version nach Deutschland und senkt den Einstiegspreis deutlich. Weniger Komfort soll mehr...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Wirtschaft in der Währungsunion überrascht mit stärkerem Quartal
05.12.2025

Die Eurozone-Wirtschaft hat im Sommer mehr Dynamik gezeigt als gedacht. Neue Daten von Eurostat korrigieren das Wachstum nach oben, doch...