Deutschland

Massiver Streik wird Verkehr am Montag deutschlandweit lahmlegen

Lesezeit: 2 min
23.03.2023 13:00  Aktualisiert: 23.03.2023 13:36
Millionen Berufspendler und Reisende müssen am Montag mit einem weitgehenden Zusammenbruch des Verkehrs in Deutschland rechnen.
Massiver Streik wird Verkehr am Montag deutschlandweit lahmlegen
Auf einer Anzeigetafel sind am Flughafen Köln/Bonn annullierte und umgeleitete Flüge aufgelistet.. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Millionen Berufspendler und Reisende müssen am Montag mit einem weitgehenden Zusammenbruch des Verkehrs in Deutschland rechnen. Sowohl der Bahn- und Busverkehr als auch Flughäfen sollen bundesweit zu großen Teilen lahmgelegt werden, wie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Donnerstag in Berlin ankündigten. Der Warnstreik soll sich von Sonntag-Mitternacht über den gesamten Montag hinziehen. Er trifft auch den Schiffsverkehr und Autobahnen sowie den öffentlichen Personennahverkehr in mehreren Bundesländern. Beide Gewerkschaften wollen damit Druck bei den bislang erfolglosen Tarifverhandlungen machen. Die Luftverkehrsbranche und die Flughäfen kritisierten den Ausstand als maßlos. Der Tarifstreit werde auf dem Rücken der Reisenden ausgetragen.

Man werde im Tarifkonflikt nun gemeinsam handeln, sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Verdi rufe rund 120.000 Beschäftigte im Verkehrs- und Infrastrukturbereich zum Arbeitskampf auf. Betroffen seien etwa Flughäfen sowie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und die Autobahngesellschaft. "Es wird umfassende Einschränkungen im Flugverkehrs geben", sagte Werneke.

Im Nahverkehr sind laut Werneke Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und weite Teilen Bayerns von dem Warnstreik betroffen.

"Wir müssen feststellen, dass die Arbeitgeber nach wie vor sämtliche Augen verschließen vor den Nöten der Beschäftigten", erklärte EVG-Chef Martin Burkert. "Wir wollen keine weitere Eskalation. Wir wollen ein verhandlungsfähiges Angebot."

Verdi verhandelt für die etwa 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen, unter anderem auch für die Beschäftigten des Nahverkehrs und an Flughäfen. Die Gewerkschaft fordert 10,5 Prozent mehr, mindestens aber 500 Euro monatlich. Die EVG verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei 50 Bahn- und Busunternehmen und pocht auf zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr.

Die Angebote von Deutscher Bahn oder den öffentlichen Arbeitgebern sind vergleichbar und umfassen fünf Prozent mehr Lohn und Einmalzahlungen von bis zu 2500 Euro. Beide Seiten machen sich gegenseitig für das Scheitern der Tarifgespräche im Februar und März verantwortlich.

Die Gewerkschaft Verdi will an dem groß angelegten Verkehrs-Warnstreik an diesem Montag auch Straßentunnel bestreiken. "Wir werden bestimmte Tunnel in den Blick nehmen", sagte Verdi-Vize Christine Behle am Donnerstag in Berlin. Verdi könne zunächst noch nicht konkret sagen, welche Tunnel betroffen seien. Es würden aber bestimmte Tunnel geschlossen, "durch die man dann faktisch nicht fahren kann, beispielsweise der Elbtunnel" in Hamburg.

Kritik von Kommunen und Verbänden

Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, hat den Verkehrsstreik heftig kritisiert. "Ein solcher Streiktag ist nicht ok in einer Situation, in der Forderung und Angebot zwar noch auseinander liegen, aber die dritte Verhandlungsrunde unmittelbar ansteht", sagte Welge am Donnerstag in Berlin. "Die Gewerkschaften sollten aufpassen, dass sie nicht überziehen."

Welge sagte mit Blick auf die Verhandlungen: "Positiv gewendet könnte man sagen: Es ist die letzte große Inszenierung vor einem hoffentlich guten Ergebnis." Aber es bleibe unangemessen. "Es ist in Ordnung, seine Rechte in Anspruch zu nehmen, aber das Recht darf nicht überreizt werden."

Welge sagte weiter: "Die Gewerkschaften sollten in ihrer Dramaturgie nicht den Anschein erwecken, dass im öffentlichen Dienst unzumutbare Arbeitsbedingungen herrschen." Ausdrücklich wünschte sich die Verhandlungsführerin der Kommunen "ein deutliches Zeichen, dass wir in dieser Verhandlungsrunde zu einem guten Ergebnis kommen."

Auf die deutsche Luftfahrt kritisierte den Streik. "Die andauernde Kette sogenannter Warnstreiks an immer neuen Stellen unserer Flughäfen trifft den gesamten Flugbetrieb auch da, wo gar keine Tarifverhandlungen geführt werden", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Jost Lammers. "Damit werden die intensiven Vorbereitungen auf den bevorstehenden Osterreiseverkehr massiv erschwert." Leidtragende seien die Reisenden und auch die Luftfahrt-Unternehmen, die sich nach den pandemiebedingten Reisebeschränkungen jetzt wieder für einen reibungslosen Flugbetrieb engagierten, sagte Lammers, der auch Chef des Münchner Airports ist.

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) bezeichnete den Arbeitskampf als unverhältnismäßig und überzogen. "Das hat nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun", sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. "Vielmehr ist es der Versuch, per Generalstreik französische Verhältnisse in Deutschland einziehen zu lassen."


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...