Der staatliche saudische Energiekonzern Saudi Aramco plant mit chinesischen Partnern ein milliardenschweres neues Ölraffinerie- und Petrochemieprojekt in China. Das Projekt wird voraussichtlich 83,7 Milliarden Yuan (etwa 12,2 Milliarden Dollar) kosten, wie der Partner Panjin Xicheng Industrial Group im Onlinedienst WeChat mitteilte.
Für Aramco ist es die zweite große Investition in China in der Raffinerie und Petrochemie. Der Bau in Panjin in der nordöstlichen Provinz Liaoning soll im zweiten Quartal beginnen, bis 2026 soll die Anlage voll betriebsbereit sein.
Der Komplex, den das Joint Venture Huajin Aramco Petrochemical Company (HAPCO) bauen und betreiben wird, soll eine Ölraffinerie mit einer Kapazität von 300.000 Barrel pro Tag (bpd) und einen Cracker mit einer jährlichen Produktionskapazität von 1,65 Millionen Tonnen Ethylen und zwei Millionen Tonnen Paraxylol beherbergen.
Die staatliche Norinco-Gruppe, ein chinesischer Hersteller von Militärausrüstung, hält mit 51 Prozent die Mehrheit an HAPCO, bei Aramco und Panjin Xincheng liegen 30 beziehungsweise 19 Prozent der Anteile.
Darüber hinaus kündigte Aramco am Montag die 3,6 Milliarden US-Dollar schwere Übernahme von zehn Prozent der Anteile an dem chinesischen Konzern Rongsheng Petrochemical an. Unabhängig davon will der Konzern mit der ökonomisch starken südchinesischen Provinz Guangdong mögliche Kooperationen in Bereichen wie Energie oder Forschung und Entwicklung ausloten. In der Region stehen bereits große Petrochemie-Anlagen des Ölkonzerns Exxon Mobile oder der Chemiefirma BASF.
„Wir denken in Dekaden, nicht Quartalen“
Seit einigen Jahren verstärken China und Saudi-Arabien ihre wirtschaftlichen Beziehungen. Aufhorchen ließen in diesem Zusammenhang Aussagen Nassers, dass die Zukunft für Aramco mit Blick auf die kommenden Jahrzehnte in Asien und hier insbesondere in China liege.
Nasser untermauerte diese Strategie nun am 26. März während seiner Rede auf dem China Development Forum in Peking. „Wir wollen eine allumfassende Quelle für Energie und Chemikalien für Chinas langfristige Energiesicherheit und Chinas qualitative Entwicklung sein – bis zum Horizont und darüber hinaus“, zitiert die Zeitung Arab News Nasser. „Deshalb verstärken wir unsere Investitionen in Chinas Energieversorgung, inklusive neuartiger kohlenstoffdioxid-reduzierter Produkte, Chemikalien und fortschrittlichen Materialen, die alle von Technologien zur Reduzierung von Emissionen unterstützt werden.“
Dass die Kooperation zwischen Saudi Aramco und China strategischer Natur ist, geht aus anschließenden Bemerkungen Nassers hervor: „Aramcos Ansicht zur Zukunft der Energie – und den realistischen Weg, wie wir dorthin gelangen – ist jener Chinas sehr ähnlich. Und wie China auch denken wir in Dekaden und nicht in Quartalen.“
Beobachter rechnen im laufenden Jahr mit einer fortschreitenden Öffnung der chinesischen Wirtschaft nach der Pandemie und damit verbunden mit einer höheren Nachfrage nach Treibstoffen und Chemikalien. Aramco baut nicht zuletzt auch deswegen seine Beziehungen zu China aus, weil westliche Länder, allem voran jene in Europa, ihre Energieversorgung zunehmend auf alternative Energiequellen und Elektrizität abstützen wollen.
Kooperation - auch in der Diplomatie
Auch die Chinesen betrachten die Zusammenarbeit mit den Saudis als strategisch. „Bei diesem großen Raffinerie- und Petrochemie-Komplex handelt es sich um ein Schlüsselprojekt der Norinco-Gruppe, um die Entwicklung der Belt & Road Initiative („Neue Seidenstraße“ – der Verfasser) voranzutreiben, die industrielle Restrukturierung zu unterstützen und die Sektoren Öl und Petrochemie zu stärken“, zitiert The National News Zou Wenchao, den stellvertretenden Norinco-Chef. „Es wird dazu beitragen, die Kooperation zwischen China und Saudi-Arabien in den Bereichen Wirtschaft und Handel zu vertiefen und gemeinsamen Fortschritt und Wohlstand zu erreichen.“
Die verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit stellt einen Aspekt der Annäherung Saudi-Arabiens, eines traditionellen Verbündeten der USA, dar. Auch auf dem Feld der Diplomatie ergaben sich zuletzt Fortschritte. Beispielsweise vermittelten die Chinesen erfolgreich zwischen den Widersachern Iran und Saudi-Arabien für eine schrittweise Annäherung, welche mit dem geplanten Treffen der Außenminister beider Länder in einigen Tagen einen Meilenstein verzeichnen wird.