Die großen Kosten im Kampf gegen Corona-Pandemie und Energiekrise haben die deutschen Staatsschulden auf ein Rekordhoch getrieben. Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte standen Ende 2022 mit 2367,3 Milliarden Euro in der Kreide, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das waren 2,0 Prozent oder 46,1 Milliarden Euro mehr als im Dezember 2021. Berücksichtigt werden in dieser Statistik nur Verbindlichkeiten gegenüber dem nicht-öffentlichen Bereich, also etwa Banken sowie private Unternehmen im In- und Ausland.
Experten sehen in den wachsenden Verbindlichkeiten angesichts der höheren Kreditkosten ein Problem. "Die Schuldenlast führt bei den gestiegenen Zinsen dazu, dass Zinszahlungen im jährlichen Haushalt einen immer größeren Anteil einnehmen werden und damit das Geld fehlt für 'sinnvolle' Ausgaben oder Investitionen", sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Die Schuldenquote in Deutschland sei zwar verglichen mit den meisten anderen Euro-Staaten gering. "Wir können es uns also noch leisten", sagte Brzeski. "Allerdings ist der Anstieg ein deutliches Zeichen, dass auch Sondervermögen kein Vermögen ist, sondern ganz einfach zusätzliche Schulden."
Die Verbindlichkeiten des Bundes wuchsen mit 4,6 Prozent auf 1620,4 Milliarden Euro überdurchschnittlich. "Dies ist vor allem auf den weiterhin erhöhten Finanzierungsbedarf infolge der Pandemiesituation der vergangenen Jahre und der aktuellen Energiekrise zurückzuführen", betonten die Statistiker. Das geht vor allem auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zurück. Dieser wurde im Jahr 2020 eingerichtet, um den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie entgegenzuwirken. Im vergangenen Jahr wurde er erweitert, um die Folgen der Energiekrise abzufedern. Beide Bereiche zusammen sind mit 82,7 Milliarden Euro verschuldet. "Das neugegründete Sondervermögen Bundeswehr wurde mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 100 Milliarden Euro ausgestattet, die im Jahr 2022 jedoch noch nicht in Anspruch genommen wurde", erklärten die Statistiker.
BUNDESLÄNDER BAUEN VERBINDLICHKEITEN AB
Die Länder stehen mit 606,8 Milliarden Euro in der Kreide. Das sind 5,0 Prozent weniger als zum Jahresende 2021. "Mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt konnten im Jahr 2022 alle Länder ihre Schulden gegenüber dem Jahresende 2021 verringern", hieß es dazu. In Sachsen-Anhalt stiegen die Schulden um 4,7 Prozent. "Wesentlicher Grund hierfür waren höhere Wertpapier-Emissionen zur Sicherung günstiger Zinskonditionen im Vorfeld erwarteter Zinserhöhungen am Kapitalmarkt." Die stärksten Rückgänge verzeichneten Bremen (-37,8 Prozent), Sachsen (-12,2 Prozent) und Hessen (-9,0 Prozent).
Die Verbindlichkeiten der Kommunen wuchsen um 4,4 Prozent auf 140,1 Milliarden Euro. Den höchsten Anstieg wiesen die Gemeinden in Sachsen mit 20,8 Prozent auf, gefolgt von Bayern (+11,3 Prozent) und Baden-Württemberg (+8,9 Prozent). Die höchsten Rückgänge wurden für Thüringen (-8,7 Prozent) und für das Saarland (-5,6 Prozent) ermittelt. Die Sozialversicherung wies einen Schuldenstand in Höhe von 36 Millionen Euro aus, was einem Rückgang um acht Millionen Euro entspricht. (Reuters)