China hat erstmals auf dem Weltmarkt verflüssigtes Erdgas (LNG) gekauft und den Import in der Landeswährung Renminbi („Yuan“) bezahlt. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, wurde das Handelsgeschäft über die Rohstoffbörse in Schanghai (Shanghai Petroleum and Natural Gas Exchange) abgewickelt.
Der chinesische Ölkonzern CNOOC hat demnach 65.000 Tonnen Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten bezogen. Die Lieferung erfolgte durch den französischen Total-Konzern, berichtet das Portal Upstream.
Dollar-Abkehr in kleinen Schritten
Das zwischen CNOOC, Total Energies und den Emiraten abgeschlossene Geschäft ist deshalb bemerkenswert, weil es ein konkreter Bestandteil der von der chinesischen Regierung ausgerufenen Abwendung vom US-Dollar ist.
Peking stört sich an der Dominanz der US-Währung im Welthandel, weil Washington den Dollar in der Vergangenheit mehrfach zur Durchsetzung politisch motivierter Sanktionen genutzt hatte – Sanktionen, die auch chinesische Firmen trafen. Die Nutzung des Dollars erlaubt es amerikanischen Gerichten, auf der ganzen Welt Klage gegen sanktionierte Unternehmen und auch bislang unbehelligte Geschäftspartner zu erheben.
Während seiner Reise nach Saudi-Arabien im Dezember vergangenen Jahres hatte Chinas Präsident Xi Jinping explizit für eine verstärkte Abwicklung des Handelsverkehrs beider Länder über die Schanghaier Rohstoffbörse in Yuan geworben und dabei auch die anderen im Golf-Kooperationsrat zusammengeschlossenen Monarchien der Region eingeladen.
„China wird weiterhin große Mengen Rohöl aus den Staaten des Golf-Kooperationsrates beziehen, seine Importe von verflüssigtem Erdgas ausweiten, die Zusammenarbeit in der Upstream-Entwicklung bei Öl und Gas, bei Ingenieursdienstleistungen, bei der Lagerung, beim Transport und der Raffinierung stärken und die Schanghaier Rohstoffbörse als Plattform nutzen, um Öl und Gas in Yuan zu handeln“, zitiert die auf Rohstoffthemen spezialisierte Nachrichtenplattform Oilprice Xi.
Neben dem Motiv, den eigenen Handelsverkehr gegen potenzielle Sanktionen aus Amerika abzuschirmen, verfolgt die Pekinger Regierung auch das strategische Ziel, den Renminbi zu einer weltweit akzeptierten Handels- und Reservewährung aufzubauen.
Derzeit werden noch etwa 41 Prozent des globalen Warenumschlags in Dollar abgerechnet – verglichen mit unter 3 Prozent beim Yuan. Die von westlichen Ländern gegen Russland wegen des Kriegs gegen die Ukraine verhängten Sanktionen hatten den Absatzbewegungen zuletzt Schwung verliehen, weil Russland dazu übergegangen ist, seine Exporte nicht mehr in Dollar, sondern alternativen Währungen – beispielsweise den Rubel, den Yuan und den Dirham – zu fakturieren.
Auf dem Weg zum „Petro-Yuan“
Seine Stellung als dominierende Handels- und Reservewährung verdankt der US-Dollar nicht zuletzt dem Umstand, dass die rohstoffreichen Staaten des Mittleren Ostens ihr Öl und Gas bislang nahezu ausschließlich in der amerikanischen Währung verkauften.
Das verstärkte politische und ökonomische Engagement der Chinesen in dieser Region zielt deshalb maßgeblich darauf ab, die langsam wachsende Bedeutung des Yuan mit Energie-Transaktionen realwirtschaftlich zu unterfüttern – eine Strategie, die sich offenbar an der Schaffung eines „Petro-Yuans“ orientiert.
Die erfolgreiche diplomatische Vermittlung Chinas zwischen den Erzfeinden Saudi-Arabien und Iran und der parallel erfolgte kräftige Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu beiden Ländern muss zumindest teilweise auch vor diesem Hintergrund verstanden werden.
Der Realisierung eines „Petro-Yuan“ entgegen kommt, dass Saudi-Arabien seinerseits großes Interesse daran zeigt, die Beziehungen zu China auszubauen. So bezeichnete der Vorstandsvorsitzende des staatlichen Aramco-Konzerns China vor zwei Jahren als „wichtigsten Markt in der Zukunft“ – eine Aussage, welche die Saudis mit dem jüngst vereinbarten Bau großer Raffinerieanlagen in China unterstrichen.
Saudi-Arabien gilt als bedeutendster Exporteur von Rohöl, China hingegen als bedeutendster Importeur des Rohstoffs.