Die Pentagon-Dokumente, die in der vergangenen Woche geleakt wurden, enthalten auch eine Folie des US-Verteidigungsministeriums, der zufolge die Nato rund 100 Angehörige von Spezialeinheiten in der Ukraine stationiert haben. Zum Zeitpunkt der Zusammenstellung des Briefings am 23. März operierten mindestens 50 Briten in der Ukraine. Auch die USA, Frankreich, Lettland und die Niederlande sind dem Leak zufolge mit jeweils einem Dutzend Spezialkräften vertreten.
Am Mittwoch hat nun der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby, gegenüber Fox News die Richtigkeit der Folie eingeräumt, wenn auch erst eine Woche nach dem Durchsickern der Pentagon-Dokumente. Kirby zufolge sind derzeit tatsächlich US-Spezialeinheiten in der Ukraine aktiv, aber der Sprecher spielte sie als „kleine US-Militärpräsenz“ herunter, die in der Botschaft in Kiew stationiert sei.
Weißes Haus bestätigt Echtheit der Pentagon-Leaks
„Ich werde mich nicht zu den Einzelheiten der Zahlen und dergleichen äußern“, sagte Kirby. „Es gibt eine kleine US-Militärpräsenz in der Botschaft in Verbindung mit dem Büro des Verteidigungsattachés, um uns bei der Rechenschaftspflicht im Hinblick auf das Material zu helfen, das in die Ukraine hinein und wieder heraus geht“, sagte Kirby und bezog sich dabei auf die Waffen und andere Hilfen, welche die USA nach Kiew schicken.
Die US-Spezialkräfte in Kiew würden „nicht auf dem Schlachtfeld kämpfen“, sagte Kirby am Rande der Reise von US-Präsident Joe Biden nach Nordirland. „Es gibt keine Änderung des Mandats des Präsidenten, dass es keine amerikanischen Truppen in der Ukraine geben wird, die in diesem Krieg kämpfen“, so Kirby. Das Pentagon hatte bereits im November bestätigt, dass US-Streitkräfte in der Ukraine sind, um die US-Militärhilfen in der Ukraine zu überwachen.
Zum Umgang der USA mit ihren Verbündeten im Hinblick auf die undichten Stellen sagte Kirby: „Wir wissen im Moment noch nicht viel, aber wir wollen sicherstellen, dass sie verstehen, dass wir diese Angelegenheit sehr, sehr ernst nehmen, dass wir eine strafrechtliche Untersuchung durchführen und dass das gesamte Verteidigungsministerium die Auswirkungen auf die nationale Sicherheit prüft.“
Pentagon-Leaks legen US-Kriegsbeteiligung offen
Kirby weiter: „Wir wissen nicht, was diese Person oder Personen sonst noch haben und vielleicht noch veröffentlichen könnten. Ich werde nicht über den Inhalt einiger dieser durchgesickerten Dokumente sprechen. Ich denke, Sie können verstehen, dass wir tun müssen, was wir tun müssen, um unsere nationale Sicherheit zu schützen. Dies ist eindeutig eine Verletzung unserer Fähigkeit, einige Informationen zu schützen, und deshalb nehmen wir es so ernst.“
Am Dienstag hatte Fox News unter Berufung auf Gespräche mit einer Vielzahl von amerikanischen Verteidigungs- und Geheimdienstbeamten berichtet, dass das Pentagon-Leak einer ganzen Reihe von teils streng geheimen US-Dokumenten möglicherweise von außerhalb des US-Verteidigungsministeriums stammt. Die Untersuchungen dazu dauern an.
Kirby mag behaupten, es gebe „keine Änderung des Mandats des Präsidenten“. Doch bisher hatte das Weiße Haus zugesichert, US-Truppen aus der Ukraine herauszuhalten. Diese Linie ist infolge des Leaks nun dahingehend aufgeweicht worden, dass keine US-Truppen „in diesem Krieg kämpfen“ werden. Sicherlich werden alle US-Botschaften weltweit durch Marinesoldaten gesichert, aber die Spezialeinheiten in der Ukraine sind ein klarer Schritt darüber hinaus.
US-Regierung sucht fieberhaft nach Whistlerblower
Laut einem Bericht der „Washington Post“ hat ein „junger Waffenliebhaber“ die geheimen militärischen und nachrichtendienstlichen Dokumente der USA durchsickern lassen. Der Mann sei in den Zwanzigern und habe auf einer Militärbasis gearbeitet, berichtete die Zeitung am Mittwoch. Sie beruft sich auf andere Mitglieder einer Online-Chat-Gruppe auf der Instant-Messaging-Plattform Discord, mit denen der Mann geheime Daten geteilt haben soll.
Die Rede ist von etwa zwei Dutzend Männern und Jungen, die eine „Liebe zu Waffen, militärischer Ausrüstung und Gott“ teilten, berichtete die „Washington Post“. Die Zeitung nennt die Namen der Person nicht. Ihren Bericht stützt sie nach eigenen Angaben auf Interviews mit zwei Mitgliedern der Discord-Chat-Gruppe. Reuters konnte Details des Berichtes nicht unabhängig überprüfen. Weder das US-Verteidigungs- noch das Justizministerium reagierten auf eine Anfrage wegen einer Stellungnahme zu dem Zeitungsbericht.
In den im Internet veröffentlichten geheimen Papieren geht es nach Angaben aus US-Regierungkreisen um Themen, die sich auf den Krieg in der Ukraine, auf China, den Nahen Osten und Afrika beziehen. Fotos von sensiblen Dokumenten wurden auf Discord und anderen Plattformen veröffentlicht, darunter das Messaging-Board 4Chan, die verschlüsselte globale Messaging-App von Telegram und Twitter. Die US-Sicherheitsbehörden und das Justizministerium untersuchen den Fall.