Finanzen

Investor Warren Buffett setzt massiv auf Japan

Lesezeit: 3 min
23.04.2023 08:39  Aktualisiert: 23.04.2023 08:39
Die deutlich niedrigeren Zinsen in Japan bieten derzeit massive Chancen. Daher hat sich der legendäre Investor Warren Buffett verstärkt dem dortigen Markt zugewandt.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Schon im Jahr 2020 hatte Warren Buffett angekündigt, dass seine Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway erstmals Aktien von Itochu, Marubeni, Mitsui, Mitsubishi und Sumitomo Corporation gekauft hatte. Seitdem haben die Kurse der fünf japanischen Konzerne zwischen 64 und 202 Prozent zugelegt. In der vergangenen Woche stiegen drei von ihnen erneut auf neue Rekordkurse, nachdem Warren Buffett angekündigte, dass er noch mehr Aktien dieser Konzerne besitzen will. Doch warum engagiert sich die Investmentlegende gerade jetzt noch stärker auf dem japanischen Markt?

Berkshire Hathaway investiert im großen Stil in Japan

Buffett ist berühmt für seinen Fokus auf die Fundamentaldaten von Unternehmen. Und auch wenn US-Aktien jüngst einen starken Einbruch verzeichneten, ist der breite Tokioter Markt noch immer viel billiger. Sein Kurs-Gewinn-Verhältnis (auf der Grundlage der für das nächste Jahr erwarteten Gewinne) liegt bei etwa 13, verglichen mit 18 in den USA. Die fünf japanischen Handelsunternehmen, in die Berkshire Hathaway investiert hat, weisen allesamt ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter zehn auf und zahlen gesunde Dividenden, wie der Economist berichtet.

Das verstärkte Japan-Geschäft von Warren Buffet verdeutlicht, warum das Land für andere Investoren interessanter werden könnte. Am 14. April emittierte die Berkshire Hathaway Yen-Anleihen im Wert von rund 1,2 Milliarden Dollar, zusätzlich zu den 7,8 Milliarden Dollar, die sie von 2019 bis 2022 bereits ausgegeben hat. Japan ist jetzt nicht mehr nur der zweitgrößte Investitionsstandort der Investmentgesellschaft nach den USA, sondern der Yen ist nun auch ihre zweitwichtigste Finanzierungswährung. Schon vor der jüngsten Emission war fast ein Fünftel der Schulden von Berkshire Hathaway in Yen denominiert.

Berkshire Hathaway nimmt nun nicht etwa Kredite auf, weil die Gesellschaft knapp bei Kasse wäre. Vielmehr dient das Geschäft der Währungsabsicherung. Durch die Aufnahme von Krediten und den Kauf in Yen sichert sich Buffett gegen einen Wertverlust der japanischen Währung ab. Und aufgrund des Zinsgefälles zwischen den USA und Japan kann er seine Investitionen mit langfristigen Krediten finanzieren, die ihn weniger als 2 Prozent pro Jahr kosten, während er sein überschüssiges Bargeld zu Hause in US-Staatsanleihen investiert, die fast 5 Prozent einbringen.

Günstige Kreditaufnahme in Yen befeuert Aktienmarkt

Buffett hat in der Vergangenheit den Nutzen von Währungsabsicherungen in Frage gestellt, erinnert der Economist. Doch heute scheinen sie auch für ihn und Berkshire Hathaway unwiderstehlich zu sein. Die Kreditaufnahme in Yen ist im Vergleich zur Kreditaufnahme in Dollar so billig, dass sie für Anleger, die sich auch nur ein bisschen für japanische Aktien interessieren, ein absolutes Muss ist. Natürlich kann nicht jeder dieser Anleger so einfach auf Yen lautende Anleihen begeben. Doch wer diese Möglichkeit nicht hat, kann sich das Zinsgefälle mit einfacheren Währungsabsicherungen zunutze machen.

Die Preise an den Terminmärkten werden durch die Zinsdifferenz zwischen den beiden betroffenen Volkswirtschaften bestimmt. Der Anstieg der amerikanischen, aber nicht der japanischen Zinssätze in den letzten 18 Monaten bedeutet, dass japanische Anleger einen enormen Aufschlag zahlen müssen, um amerikanische Vermögenswerte zu kaufen und sich vor Währungsschwankungen zu schützen. Amerikanische Anleger erhalten eine recht hübsche Prämie, wenn sie das Gleiche in der anderen Richtung tun.

Für einen Dollar erhält man derzeit 134 Yen. Doch mit Devisentermingeschäften, die im März nächsten Jahres fällig werden, kann man Yen zu einem Kurs von 127 wieder verkaufen. Das sichert eine Rendite von 5 Prozent über einen Zeitraum von knapp einem Jahr. Allerdings muss der Käufer den Yen während des gesamten Zeitraums halten und kann etwa in japanische Aktien investieren. Es ist dem Economist zufolge auch unwahrscheinlich, dass diese Gelegenheit verschwindet. Selbst wenn die Bank von Japan ihre lockere Geldpolitik aufgeben sollte, erwarten nur wenige Analysten einen starken Anstieg der japanischen Zinsen.

Wie groß die möglichen Gewinne sind, zeigt das vergangenen Jahr. Im Jahresverlauf hat der Aktienindex MSCI USA einschließlich Kursentwicklung und Dividenden eine Nettorendite von minus 5 Prozent erzielt. Der MSCI Japan erzielte dem Economist zufolge nicht abgesichert auf Dollarbasis eine Rendite von immerhin 1 Prozent. Und der MSCI Japan Hedged Index, der auf den Renditen japanischer Aktien unter Verwendung von einmonatigen Rolling-Currency-Termingeschäften basiert, stieg im gleichen Zeitraum um akzeptable 12 Prozent.

„Wahrscheinlich ist es nur den beneidenswerten Renditen amerikanischer Aktien in den letzten zehn Jahren zu verdanken, dass nicht mehr Anleger von dem japanischen Bonus profitiert haben“, mutmaßt der Economist. Aber neben Buffet sind derzeit auch andere große Namen in Japan aktiv. So engagierte sich der aktivistische Investor Elliott Management bei der japanischen Druckerei Dai Nippon Printing, deren Aktien in diesem Jahr bereits um 46 Prozent angestiegen sind. Und der Hedge-Fonds Citadel eröffnet nach 15 Jahren gerade wieder ein Büro in Tokio.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: Asyl-Rekordhoch in Deutschland und die illegale Migration an den Grenzen geht ungebremst weiter
22.12.2024

In Deutschland leben fast 3,5 Millionen Geflüchtete, von Asylsuchenden über anerkannte Flüchtlinge bis zu Geduldeten. Das ist ein neuer...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...