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Infineon eröffnet neue Chip-Fabrik in Dresden

Chip-Hersteller Infineon hat in Dresden ein neues Werk eröffnet. Mit dem Spatenstich baut Dresden seine Position als „Silicon Valley des Ostens“ aus.
04.05.2023 14:53
Aktualisiert: 04.05.2023 14:53
Lesezeit: 3 min
Infineon eröffnet neue Chip-Fabrik in Dresden
Michael Kretschmer (CDU, l-r), Ministerpräsident von Sachsen, Ursula von der Leyen, EU- Kommissionspräsidentin, Jochen Hanebeck, Vorstandsvorsitzender von Infineon, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), und Dirk Hilbert (FDP), Oberbürgermeister der Stadt Dresden, machen einen symbolischen Spatenstich für die Smart Power Fab von Infineon in Dresden. (Foto: dpa) Foto: Robert Michael

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Bau einer Infineon-Chipfabrik in Dresden als Meilenstein beim Aufbau einer Massenfertigung von Halbleitern in der Europäischen Union bezeichnet. Der Schwerpunkt des EU-Chips-Act liege auf dem Aufbau der heimischen Produktion, sagte sie am Dienstag beim ersten Spatenstich für die Fabrik. Die EU strebe an, den Anteil an der weltweiten Chipproduktion auf 20 Prozent zu verdoppeln – weil der Chipmarkt insgesamt wachse, bedeute das, dass die derzeitigen Kapazitäten vervierfacht werden müssten.

EU will Chip-Kapazitäten vervierfachen

Sie bezeichnete die Abhängigkeit von einzelnen Rohstofflieferanten als Risiko. Silizium sei der am häufigsten genutzte Rohstoff für die Chipbranche. Derzeit dominiere China mit 76 Prozent die weltweite Produktion. Deshalb wolle die EU mit neuen Projekten in Europa, aber auch Partnerschaften mit Ländern wie Australien, den USA und Kanada für Alternativen sorgen und so die Lieferketten europäischer Unternehmen absichern, betonte sie.

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, dass es nicht um eine Abkopplung von Wirtschaftsräumen gehe. Das sei der falsche Weg. Wichtig sei es jedoch, das Risiko zu verringern, Bezugsquellen zu diversifizieren und eigene Kapazitäten strategisch aufzubauen. Zudem hält er weitere Chip-Investitionsprojekte für möglich: „Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Großinvestition die letzte ist, die wir in Silicon Saxony erleben werden“, sagte Scholz. Zuletzt hatte TSMC-Chef, C.C. Wei, erklärt, der taiwanische Chipkonzern prüfe den Bau einer Halbleiter-Fabrik in Europa, die sich auf Kunden in der Autobranche spezialisieren solle. Eine Entscheidung solle bis zum Sommer getroffen werden.

Größte Einzelinvestition von Infineon

Infineon-Chef Jochen Hanebeck sagte, die europäische Förderung der Branche sei ein wichtiger Schritt, Europa im globalen Halbleitersystem an der Spitze zu positionieren. Der Münchner Halbleiterhersteller investiert fünf Milliarden Euro in das neue Werk in Dresden, das ist die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens. Der Konzern erhofft sich jährliche Erlöse von rund fünf Milliarden Euro, wenn die Anlage im Herbst 2026 die Produktion aufnimmt – das wäre ein Umsatzplus von rund einem Drittel. Infineon strebt eine Förderung von einer Milliarde Euro an.

Keven Young, Analyst bei CFRA Research verwies darauf, dass Infineon in dem neuen Werk Analog/mixed-Signal-Chips für die Autobranche produzieren will - diese seien in den vergangenen Jahren besonders knapp gewesen. Die Integration des Werks mit der Anlage in Villach, der Einsatz der 300-Millimeter-Technologie und die höhere Effizienz in der neuen Anlage sollten Infineon dabei helfen, höhere Margen zu erwirtschaften, sobald die Produktion aufgenommen werde.

Der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg, sagte, das Projekt trage dazu bei, die Abhängigkeit Europas von Chip-Importen zu reduzieren. „Das ist umso wichtiger, als der Bedarf an Halbleitern auch in Schlüsselbereichen wie dem autonomen Fahren, erneuerbaren Energien oder Künstlicher Intelligenz künftig zunehmen wird.“ Bitkom begrüße die staatliche Unterstützung des Projekts, die auch dadurch möglich sei, weil die EU-Kommission Beihilfen für Fertigungskapazitäten erlaube – „ein wichtiger Schritt, der für mehr Chancengleichheit im Wettbewerb mit führenden Chip-Nationen in Asien oder den USA gesorgt hat“.

Die EU strebt an, die Abhängigkeit Europas von Asien bei Halbleitern zu verringern. Der Chipmangel während der Corona-Pandemie hat der Industrie die Anfälligkeit globaler Lieferketten vor Augen geführt. Die Autoindustrie kämpfte nicht zuletzt wegen fehlender Chips mit massiven Produktionsausfällen, der Pkw-Absatz sank in Europa trotz hoher Nachfrage auf den tiefsten Stand seit knapp 30 Jahren.

Europäischen Fördervolumen hinkt hinterher

Mit dem „European Chips Act“ im Volumen von insgesamt 43 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen soll der weltweite Produktionsanteil von Halbleitern in Europa binnen zehn Jahren auf 20 Prozent verdoppelt werden. Die EU will mit damit Anschluss an die USA und asiatische Länder finden, die zum Teil weitaus größere Subventionspakete geschnürt haben. In den USA stehen 52 Milliarden Dollar für die Chipindustrie bereit, in Asien sind es Hunderte Milliarden. Dennoch zieht das EU-Programm Investoren an: Seit Ankündigung der Pläne im vergangenen Jahr wurden einem EU-Vertreter zufolge Investitionen im Volumen von mehr als 100 Milliarden Euro angekündigt.

Neben Infineon investieren derzeit auch weitere Chiphersteller in Deutschland. So baut der US-Konzern Wolfspeed eine Anlage im Saarland und investiert dazu 2,75 Milliarden Euro. Intel baut in Magdeburg ein großes Werk. Ursprünglich war von einem Investitionsvolumen von 17 Milliarden Euro die Rede. Allerdings streiten sich der US-Konzern und die Bundesregierung über die Förderung: Medienberichten vom Jahresanfang zufolge fordert Intel Subventionen von zehn Milliarden statt der ursprünglich verlangten 6,8 Milliarden Euro und begründet das mit der allgemeinen Teuerung.

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