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Schutz gegen die EZB: Jetzt rein in den Franken?

Lesezeit: 4 min
11.06.2023 08:56  Aktualisiert: 11.06.2023 08:56
Wegen der schwachen Wirtschaft droht die EZB den Kampf gegen die Inflation vorerst aufzugeben. Dies macht den Franken attraktiv. Denn die Schweiz befindet sich in einer deutlich besseren Lage.
Schutz gegen die EZB: Jetzt rein in den Franken?
Sollten Anleger jetzt vom Euro in Schweizer Franken umschichten? (Foto: dpa)
Foto: Michael Buholzer

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Der Schweizer Franken entwickelt sich weiter zu einer attraktiven Fluchtwährung, da die Europäische Zentralbank (EZB) und andere große Zentralbanken als Reaktion auf die schwächelnde Weltwirtschaft möglicherweise von ihrer straffen Geldpolitik ablassen und stattdessen wieder die Ankurbelung des Wachstums ins Zentrum ihrer Bemühungen rücken werden. Davon dürfte der Franken profitieren, weil sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) an einer Lockerung der Geldpolitik in anderen Teilen der Welt voraussichtlich nicht beteiligen wird.

In den letzten Wochen haben Händler bereits stark auf den Schweizer Franken gewettet, was seit September 2021 nicht mehr der Fall gewesen war. Diese Verschiebung wurde durch die erwartete Divergenz zwischen der SNB und den Zentralbanken in Europa und China verursacht, wo sinkende Wachstumsraten eine geldpolitische Lockerung wahrscheinlicher gemacht haben. Auch für die USA erwarten die Märkte derzeit Zinssenkungen, obwohl gemischte Wirtschaftsdaten hier eigentlich für eine fortgesetzte Straffung durch die Federal Reserve sprechen.

"Wir gehen davon aus, dass der Schweizer Franken im Einklang mit seinem mehrjährigen Trend aufwerten wird", zitiert Bloomberg Thomas Flury, den Leiter Devisenresearch bei UBS Wealth Management in Zürich. Flury sieht den Franken mittel- bis langfristig erstarken, weil der Preisdruck in der Schweiz gering ist und die SNB "von der Notwendigkeit überzeugt ist, selbst diese kleinen Inflationsherde zu bekämpfen". Außerdem gebe es "viel Spielraum für die Rückführung von Geldern, die während der Negativzinsperiode im Ausland geblieben sind".

Franken bleibt Zufluchtsort

Auch angesichts der sich verschärfenden geopolitischen Spannungen bleibt der Franken ein Zufluchtsort. Seit Ende Februar ist er die Währung mit der besten Performance in den G-10-Staaten. Nun erwarten die Märkte, dass die derzeitigen Zinserhöhungszyklen der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank im Spätsommer dieses Jahres unterbrochen werden, wobei die Fed die Zinsen irgendwann in diesem Jahr sogar wieder senken könnte. Hinzu kommt, dass die Geldpolitik in Japan und China weiterhin locker ist.

Ähnlich wie Gold hat sich auch der Franken in den letzten zwei Jahrzehnten gut entwickelt, weil die großen Zentralbanken auf eine lockere Geldpolitik gesetzt haben. Sein handelsgewichteter Wechselkurs stieg während der Zinssenkungen durch Fed und EZB in den Jahren 2001 und 2002 um rund 10 Prozent. Zu Beginn der Finanzkrise 2007-2008 stieg er um 13 Prozent und legte noch einmal zu, als die Zentralbanken mit Quantitative Easing (QE) begannen. Als die Fed in den Jahren 2019-2020 die Zinsen senkte, stieg die Währung um etwa 7 Prozent.

Während der handelsgewichtete Wechselkurs hoch erscheint, sehen die langfristigen Bewertungen des Frankens nach Berücksichtigung der Inflationsunterschiede in anderen Ländern "überhaupt nicht überzogen aus", so JPMorgan. Die Bank prognostiziert eine Aufwertung bis März 2024 um mehr als 4 Prozent auf 0,93 Franken pro Euro und um mehr als 5 Prozent auf 0,86 Franken pro Dollar. Der Franken bleibe eine gute Absicherung gegen spätzyklische Risiken und profitiere auch von besseren Renditen im Vergleich zum japanischen Yen, schrieben die Analysten um Patrick Locke und Meera Chandan am Freitag.

Die Vorzüge der Schweiz

Die Auswirkungen der weltweiten lockeren Geldpolitik auf den Franken könnten sich als unmittelbar erweisen, da die Kapitalpipelines nicht mehr verstopft sind und die Gewinne in Länder mit günstigen Steuern fließen. Die Schweiz hat keine anhaltend hohen Fiskalausgaben wie viele andere Staaten Europas, und ihre größten Börsen-Unternehmen sind weniger kapitalintensiv und unterliegen nicht demselben starken Wettbewerb im Ausland wie die Exporteure in Japan und Südkorea. Dies trägt dazu bei, dass die Handelsbilanz der Schweiz einen anhaltenden Überschuss aufweist.

Aufgeschreckt von der Gefahr einer ausufernden Inflation hatte die Schweizerische Notenbank vor einem Jahr die geldpolitische Kehrtwende vollzogen und den Leitzins in vier Schritten auf aktuell 1,5 Prozent angehoben. Zudem setzten die Zentralbanker auf die inflationsdämpfende Wirkung des starken Frankens und veräußerten Fremdwährungen. Die Notenbank entscheidet in der Regel viermal jährlich über die Zinsen. Die nächste sogenannte geldpolitische Lagebeurteilung ist für 22. Juni anberaumt.

Die Schweizer Inflationsrate lag im Mai bei nur 2,2 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Montag mitteilte. Doch die Schweizerische Nationalbank peilt für Preisstabilität einen Zielbereich von 0 bis 2 Prozent an. Und Notenbankchef Thomas Jordan und Vizedirektor Martin Schlegel haben wiederholt betont, dass die - im internationalen Verglich moderate - Teuerung noch immer zu hoch sei und sie zu weiteren Zinserhöhungen bereit seien. Die SNB ist Jordan zufolge auch bereit, weitere Devisenverkäufe einzusetzen, um ihr geldpolitisches Ziel zu erreichen.

Argumente gegen und für den Franken

Die Canadian Imperial Bank of Commerce (CIBC) in Toronto etwa erwartet, dass der Franken bis Dezember 2024 in etwa auf dem aktuellen Niveau gegenüber dem Dollar verharren wird und dass der Euro-Franken-Kurs bis Ende dieses Jahres wieder über die Parität klettern und bis Ende 2024 weiter auf über 1,05 Franken pro Euro steigen wird. "Der Schweizer Franken ist eine kleinere Währung und es gibt nicht viele investierbare Vermögenswerte, die auf ihn lauten", sagt Bipan Rai, Global Head of FX Strategy bei CIBC.

UBS sieht die Entwicklung des Wechselkurses in die andere Richtung. Letzten Monat prognostizierte die Bank eine Aufwertung des Franken auf 0,87 pro Dollar im September und auf 0,85 im Dezember. Die Bank geht davon aus, dass sich diese Kursgewinne im nächsten Jahr fortsetzen und das Paar bis März 0,84 und bis Juni 2024 0,83 erreichen wird. "Wir empfehlen, sich auf Long-Positionen im Schweizer Franken vorzubereiten" und diese zu eröffnen, nachdem der Dollar seinen Höchststand deutlich überschritten hat", sagt Flury und weist darauf hin, dass der aktuelle Wechselkurs einen attraktiven Einstiegspunkt bietet.


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