Politik

Kuba wird neuer Spionage-Stützpunkt Chinas

Lesezeit: 3 min
09.06.2023 13:04  Aktualisiert: 09.06.2023 13:04
Das Verhältnis zwischen China und den USA hat eine neue dramatische Wendung erfahren. China soll gerade dabei sein, auf Kuba eine Abhörstation zu erreichten – gerade einmal 100 Meilen vor der amerikanischen Küste.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  
China  
USA  
Geopolitik  

Nach Informationen des Wall Street Journal soll China bereit sein, dem chronisch devisenklammen Kuba mehrere Milliarden Dollar für die Erlaubnis zu zahlen, eine Abhörstation auf Kuba zu errichten. Beide Länder hätten inzwischen darüber eine Vereinbarung getroffen, so die dem Wall Street Journal vorliegenden Informationen. Demnach seien die US-Regierungsvertreter, die Einblick in die Geheimdienstberichte nehmen konnten, von der Richtigkeit dieser Berichte überzeugt.

Die Erkenntnisse der amerikanischen Dienste sollen brandaktuell sein und erst in den letzten Wochen zusammengetragen worden sein. Diesen Berichten zufolge hätte China die Möglichkeit, die Kommunikation bis weit in das amerikanische Festland hinein zu überwachen; diese Kommunikation würde E-Mails, Telefongespräche und Satelliten-Übertragungen beinhalten. Die US-Regierungsvertreter, mit denen das Wall Street Journal sprechen konnte, wollten sich aber der Zeitung gegenüber nicht dazu äußern, wo in Kuba genau diese Abhörstation gebaut werden soll.

Verschärfte Spannungen

Der Sprecher des amerikanischen Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, sagte auf Medienanfragen, dass er zwar auf die jüngsten Berichte über eine Abhörstation auf Kuba nicht eingehen wolle, bekräftigte jedoch, dass die USA sehr genau alle Schritte Chinas beobachten würden. Dies gelte besonders für alle Maßnahmen Chinas, die militärischen Zwecken diesen könnten. Jedoch würden nach Einschätzungen von Militärexperten auch noch so genaue Beobachtungen kaum etwas an der Situation in Kuba selbst ändern, da es für die USA kaum Möglichkeiten gebe, den Bau einer solchen Anlage vor ihrer Haustür zu verhindern.

Die jüngsten Nachrichtendienst-Berichte kommen zu einer Zeit, in der der US-Präsident Joe Biden versucht hatte, die Spannungen zwischen beiden Ländern abzubauen, nachdem China zu Beginn des Jahres einen Spionage-Ballon auf die Reise über das amerikanische Festland geschickt hatte, der dann von der US-Luftwaffe abgeschossen wurde.

Die auf Kuba geplante chinesische Abhöranlage könnte auch einer der Gründe für die zunächst geheim gehaltene Reise des Direktors der Central Intelligence Agency (CIA), William Burns, nach China gewesen sein. Biden hatte den CIA-Direktor vergangene Woche nach Bejing entsandt. Ebenso traf sich im vergangenen Monat der Biden-Vertraute und Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, diskret mit chinesischen Vertretern in Wien. Darüber hinaus werde zurzeit auch an den Vorbereitungen für einen Besuch des amerikanischen Außenministers Anthony Blinken in China gearbeitet, dieser Besuch soll Ende des Monats stattfinden.

Chinas Selbstverständnis

Dabei sollte Blinken klar sein, dass seine chinesischen Gesprächspartner darauf hinweisen dürften, dass in ihrem Selbstverständnis der Bau einer Abhöranlage auf Kuba vollkommen gerechtfertigt sei, so lange mit Abhöreinrichtungen vollgespickte amerikanische Spionageflugzeuge über dem südchinesischen Meer kreisten. Darüber hinaus dürften die Chinesen betonen, dass die amerikanischen Waffenverkäufe an Taiwan für China eine Provokation darstellten, da China die Insel Taiwan stets als Teil ihres Landes betrachten.

Die Errichtung einer chinesischen Abhöranlage auf Kuba soll den USA signalisieren, dass „China bereit ist, dass selbe zu tun, was zuvor die USA in einer Region machen, die China selbst als seinen Hinterhof sieht“, so der amerikanische Militärexperte Craig Singleton, der für die „Foundation for Defense of Democracies“ arbeitet, einem auf Sicherheitsfragen spezialisierten Think Tank in Washington.

Eine historische Parallele

Die erneute diplomatische Zuspitzung erinnert entfernt an die Kubakrise im Oktober 1962, die wahrscheinlich die gefährlichste Krise des gesamten Kalten Krieges war. Damals hatte die Sowjetunion atomwaffenfähige Raketen auf Kuba installiert, die weite Teile des amerikanischen Südens und Ostens erreichen konnten. Nachdem zuerst wichtige Berater des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy einen präventiven Luftschlag gegen die Raketenstellungen auf Kuba empfohlen hatten, entschied sich der Präsident dafür, über der Karibikinsel Kuba eine Seeblockade zu verhängen.

Nach 13 Tagen, in den die Welt vor der Angst eines drohenden Atomkrieges den Atem anhielt, lenkte die Sowjetunion ein und zog die Raketen von Kuba ab. Später aber – und das war Teil der geheimen Verabredung zwischen den USA und der Sowjetunion – wurden im Gegenzug amerikanische Raketen abgezogen, die in der Türkei stationiert waren.

Es darf getrost davon ausgegangen werden, dass den Entscheidungsträgern in Bejing die historische Parallele und die psychologische Bedeutung, die die Kubakrise für Amerika bis zum heutigen Tag hat, sehr wohl bewusst gewesen war, als sie sich entschieden hatten, in Kuba eine Abhöranlage zu bauen. Damit wäre der jüngste Schritt Bejings als eine bewusste Entscheidung zu verstehen, die Spannungen mit den USA weiter zu befeuern.


Mehr zum Thema:  

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz in der Medizin: Wie KI Praxen transformiert und Ärzte zu Unternehmern macht
16.11.2024

Immer mehr Ärzte erkennen, dass digitale Lösungen und KI nicht nur ihre Praxen effizienter gestalten, sondern auch die...

DWN
Politik
Politik Trump: Macht ohne Widerstand
16.11.2024

Donald Trump ist zurück – stärker als je zuvor. Nach seinem Wahlsieg sichern sich die Republikaner die Kontrolle über beide...

DWN
Politik
Politik Erdgas: Preis der Energiewende viel zu hoch - warnt Gazprom
15.11.2024

Während die Welt auf erneuerbare Energien setzt, geht Gazprom einen anderen Weg: Der russische Energieriese glaubt, dass Erdgas der...

DWN
Politik
Politik CDU und SPD für neuen Konsultationsmechanismus - BSW will in Sachsen konstruktiv sein
15.11.2024

In Sachsen wollen CDU und SPD als Minderheitsregierung einen «Koalitionsmechanismus» einführen, um eine Mehrheit für ihre Vorhaben zu...

DWN
Politik
Politik Scholz telefoniert erstmals seit zwei Jahren mit Putin und fordert Abzug aus Ukraine
15.11.2024

Seit Monaten signalisiert Kanzler Scholz, dass er grundsätzlich zu einem Telefonat mit Kremlchef Putin bereit sei. Man müsse nur den...

DWN
Politik
Politik Nach Ampel-Aus: Bundestag streicht Sitzungswoche
15.11.2024

Die kommende Sitzungswoche im Bundestag war für Haushaltsberatungen reserviert. Nach dem Ampel-Bruch gibt es keinen Haushalt und die Woche...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Party der Öl-Industrie? 1.700 Lobbyisten auf Klimagipfel
15.11.2024

Worum es Baku beim Klimagipfel geht - darüber scheint es sehr unterschiedliche Ansichten geben. Umweltaktivisten sehen sich mit 1700...

DWN
Finanzen
Finanzen EU-Kommission senkt Konjunkturprognose für Deutschland
15.11.2024

Hohe Unsicherheit, Arbeitskräftemangel und sparsame Verbraucher - was alles die Stimmung drückt in Deutschland.: Auch Brüssel zeichnet...