Jüdische Siedler haben in der Nacht auf Mittwoch palästinensische Dörfer im besetzten Westjordanland nach Angaben von Einwohnern teilweise verwüstet. Es seien Gebäude und Autos in Brand gesteckt worden, berichteten Palästinenser. Der Chef des Dorfrats von Al-Lubban Al-Scharkeja, Jakub Oweis, sagte, eine große Gruppe von Siedlern habe eine Tankstelle, Obstgärten, eine Zementfabrik und Dutzende Autos angezündet. Israelische Soldaten und Polizisten hätten dem Treiben untätig zugesehen. Das israelische Militär nahm zunächst nicht dazu Stellung.
Bei den Attacken der Siedler handelt es sich offenbar um Vergeltungsmaßnahmen für den Tod von vier Israelis bei einem Angriff palästinensischer Extremisten in der Nähe einer Siedlung am Dienstag. "Der Angriff war beispiellos und abartig", sagte Oweis. Es sei geschossen worden, aber in der Dunkelheit sei nicht zu erkennen gewesen, ob Soldaten oder Siedler die Schüsse abgegeben hätten. Auch aus anderen Städten und Dörfern im Westjordanland wurden Angriffe gemeldet.
Die nächtlichen Angriffe erfolgten Stunden nachdem zwei Bewaffnete ein Restaurant und eine Tankstelle in der Nähe der Siedlung Eli beschossen hatten. Dabei wurden vier Israelis getötet. Die islamistische Hamas aus dem Gazastreifen beanspruchte, den Anschlag organisiert zu haben als Vergeltung für einen Einsatz der israelischen Armee im Westjordanland, bei dem am Montag fünf Palästinenser getötet wurden.
"Die Siedler griffen die Stadt an, beschädigten und fackelten Häuser und Autos ab", sagte Mahmud Dawud aus dem Dorf Al-Lubban Al-Gharbeja. Sein Auto und zwei Autos seines Bruders seien demoliert worden.
Der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, forderte am Mittwoch im Parlament ein drakonisches Vorgehen gegen radikale Palästinenser: "Wir müssen Gebäude platt machen, wir brauchen gezielte Tötungen", sagte er im Parlament. "So geht man gegen den Terrorismus vor." Andere Minister bremsten Forderungen nach zusätzlichen Maßnahmen. "Wir brauchen keine neuen Beschlüsse, sondern nur eine Anpassung der bestehenden", sagte Energieminister Israel Katz im Armeeradio.
Unterdessen teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit, den Bau weiterer 1000 neuer Häuser in Eli zu planen. Damit könnte sich die Einwohnerzahl in der Siedlung im Westjordanland verdoppeln. Die meisten Staaten sehen die jüdischen Siedlungen im Westjordanland als illegal an.