Finanzen

Norwegen hebt Leitzins kräftig an, Schweiz nur ein wenig

Norwegens Notenbank hat den Leitzins überraschend stark angehoben. Die Schweizerischen Nationalbank hingegen hat das Zinserhöhungstempo gedrosselt. Die Inflation unterscheidet sich deutlich.
22.06.2023 10:46
Aktualisiert: 22.06.2023 10:46
Lesezeit: 2 min
Norwegen hebt Leitzins kräftig an, Schweiz nur ein wenig
Die Inflation in Norwegen bleibt zu hoch, die Zentralbank reagiert mit einem starken Zinsschritt. (Foto: dpa) Foto: Liselotte Sabroe

Norwegens Notenbank schraubt angesichts der hartnäckig hohen Inflation kräftig an der Zinsschraube. Die Währungshüter in Oslo hoben den geldpolitischen Schlüsselsatz am Donnerstag überraschend deutlich um einen halben Punkt auf 3,75 Prozent an. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einer Anhebung um einen Viertel-Punkt gerechnet.

Zugleich signalisierte die Notenbank, dass es im August mit den Zinsen weiter nach oben gehen könnte. "Wenn wir den Leitzins nicht erhöhen, könnten Preise und Löhne weiterhin schnell steigen und sich die Inflation verfestigen", warnte Notenbankchefin Ida Wolden Bache. Die Zentralbank prognostizierte, dass der geldpolitische Schlüsselsatz im Herbst auf 4,25 Prozent steigen könnte.

Insbesondere die Kerninflation, bei der Energiepreise und Steuern ausgeklammert werden, bereitet der Notenbank Sorgen. Sie stieg im Mai um 6,7 Prozent - ein Rekordwert. Noch im April hatte die Kennziffer bei 6,3 Prozent gelegen. Die Zentralbank strebt langfristig eine Kerninflation von 2,0 Prozent an.

Der geldpolitische Schlüsselsatz in dem skandinavischen Land liegt nunmehr höher als in der Euro-Zone. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte jüngst die achte Zinserhöhung in Folge vollzogen. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt seither bei 3,50 Prozent - das höchste Niveau seit 22 Jahren.

SNB drosselt Zinserhöhungstempo

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erhöht wegen des ihrer Einschätzung nach hartnäckigen Inflationsdrucks erneut die Zinsen - allerdings weniger stark als zuletzt. Und sie stellt eine weitere geldpolitische Straffung bei Bedarf in Aussicht. Der SNB-Leitzins werde um 0,25 Prozentpunkte auf 1,75 Prozent angehoben, wie die Notenbank am Donnerstag mitteilte. "Damit wirkt sie dem mittelfristig abermals gestiegenen Inflationsdruck entgegen", erklärte die SNB. "Es ist nicht auszuschließen, dass zusätzliche Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten."

Um für angemessene monetäre Bedingungen zu sorgen, will die Notenbank bei Bedarf zudem weiterhin am Devisenmarkt eingreifen. Im gegenwärtigen Umfeld stünden dabei Fremdwährungskäufe im Vordergrund. Neben Zinserhöhungen setzt die SNB auch auf die inflationsdämpfende Wirkung eines starken Frankens.

Zwar ist die Jahresteuerung in der Schweiz mit 2,2 Prozent im April im internationalen Vergleich moderat. Die Zentralbank peilt für Preisstabilität allerdings einen Zielbereich zwischen null und zwei Prozent an. Und sie geht vorerst von einem darüber liegenden Teuerungsniveau aus. Sie rechnet dieses Jahr nun mit einer Inflation von 2,2 Prozent, nachdem sie im März noch 2,6 Prozent veranschlagt hatte. Auch 2024 dürften die Verbraucherpreise um 2,2 (bislang: 2,0) Prozent steigen und 2025 dann um 2,1 (bislang: 2,0) Prozent. Die Währungshüter gehen von andauernden Zweitrundeneffekten, höheren Strompreisen und Mieten sowie einem anhaltenden Inflationsdruck aus dem Ausland aus.

Die Wachstumsaussichten schätzt die SNB als stabil ein und hält an ihrer Prognose vom März fest: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte dieses Jahr um rund ein Prozent steigen. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Endet die Koalition 2026 vorzeitig? Schwarz-Rot steht vor einem Schicksalsjahr
29.12.2025

Fünf Landtagswahlen, umstrittene Reformen: Der Dauerwahlkampf kommendes Jahr hat das Potenzial, die Koalition und die Reformprojekte...

DWN
Politik
Politik Gewalttaten nehmen zu: Über 46.000 Fälle von Gewalt gegen Polizisten
29.12.2025

Angriffe, Widerstand, Körperverletzung: Die Zahl registrierter Gewalttaten gegen Polizisten ist auch 2024 weiter angestiegen. Schwarz-Rot...

DWN
Finanzen
Finanzen Kosten der Arbeitslosigkeit deutlich gestiegen - Bürgergeld größter Block
29.12.2025

Die Ausgaben für Arbeitslosigkeit waren 2024 so hoch wie seit rund zehn Jahren nicht mehr. Warum die Kosten explodieren und was das für...

DWN
Politik
Politik Ökonom Fratzscher: Feiertagsdiskussion ist „Phantomdebatte“
29.12.2025

Wegfallende Feiertage: Aus Arbeitnehmersicht liegen einige Feiertage 2026 ungünstig. Linke und Grüne fordern Ersatz unter der Woche. Ein...

DWN
Politik
Politik BKA-Chef: Russland will unsere Demokratie schwächen
29.12.2025

Russische Sabotage und Spionage nehmen laut BKA-Präsident Münch zu. Er fordert: Deutschland braucht bessere Daten zu Drohnenüberflügen.

DWN
Finanzen
Finanzen Änderungen 2026: Rente, Mindestlohn, Familienleistungen – das ändert sich im neuen Jahr
29.12.2025

Im neuen Jahr 2026 gibt es einige neue Regelungen, die Verbraucher kennen sollten. In den Bereichen Steuern, Strompreise, Kfz-Versicherung...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkauf: Eigentumswohnungen werden erschwinglicher aber nicht für alle
29.12.2025

Eigentumswohnungen sind in Deutschland laut Kreditvermittler Interhyp wieder für mehr Menschen bezahlbar geworden. In fünf Metropolen ist...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswechsel: Ansturm auf Feuerwerk für Silvester
29.12.2025

Pyrotechnik für den Jahreswechsel darf seit Montag verkauft werden. Mancherorts gab es vor Läden lange Schlangen.