Wirtschaft

Deutsche treten in Kaufstreik: Konsumklima trübt sich überraschend ein

Das deutsche Konsumklima für Juli hat sich nach acht Anstiegen überraschend wieder eingetrübt. Denn die Inflation belastet die Haushalte weiter stark. Damit zerplatzen die letzten Träume von einer guten Konjunktur.
28.06.2023 09:30
Aktualisiert: 28.06.2023 09:30
Lesezeit: 2 min

Erstmals seit Oktober 2022 trübt sich die Verbraucherlaune in Deutschland wieder ein. Die GfK-Konsumforscher sagen für Juli einen Rückgang ihres Barometers um 1,0 auf minus 25,4 Punkte voraus. "Nach acht Anstiegen in Folge muss das Konsumklima einen ersten Rückschlag hinnehmen", erklärte GfK-Experte Rolf Bürkl am Mittwoch. Ökonomen hingegen hatten eine leichte Verbesserung erwartet. "Die aktuelle Entwicklung der Verbraucherstimmung deutet darauf hin, dass die Konsumenten wieder stärker verunsichert sind", erläuterte Bürkl. Das zeige sich etwa in einer zunehmenden Sparneigung. "Nach wie vor hohe Inflationsraten von derzeit etwa sechs Prozent knabbern spürbar an der Kaufkraft der Haushalte und verhindern, dass der private Konsum seinen positiven Beitrag leisten kann."

Das bekommt auch der Einzelhandel zu spüren. "Viele Menschen sind mit Blick auf die nach wie vor hohe Inflation verunsichert und halten ihr Geld eher zusammen", sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth vom Branchenverband HDE. "Noch ist da kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen, zu groß sind unter anderem die mit dem russischen Krieg in der Ukraine verbundenen Unwägbarkeiten."

Die deutsche Wirtschaft war Ende 2022 und Anfang 2023 jeweils zum Vorquartal geschrumpft. Sie befindet sich damit nach einer Faustregel von Volkswirten in einer technischen Rezession. "Die schwindende Konsumlaune wischt jegliche Konjunkturhoffnungen vom Tisch", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. "Inflation, hohe Zinsen und politische Unsicherheiten lasten auf der Stimmung." An eine Konjunkturerholung sei solange nicht zu denken, wie die Konsumenten nicht mitzögen.

KONJUNKTUROPTIMISMUS SCHWINDET

Die jüngsten Daten der Ifo-Umfrage unter Firmen signalisierte, dass die Konjunkturflaute im laufenden zweiten Quartal anhalten dürfte und auch in der zweiten Jahreshälfte kaum Besserung bevorsteht. Die GfK-Marktforscher ermittelten, dass sich der Konjunkturoptimismus in der Juni-Erhebung unter rund 2000 Personen weiter abschwächte. Erstmals nach acht Anstiegen beurteilten die Befragten ihre Einkommensaussichten wieder schlechter. "Die privaten Haushalte gehen davon aus, dass sie in diesem Jahr angesichts anhaltend hoher Inflationsraten reale Einkommenseinbußen hinnehmen müssen." Diese könnten durch tarifliche Lohn- und Gehaltsanstiege voraussichtlich nicht vollständig ausgeglichen werden.

Somit werde der private Konsum 2023 schrumpfen und die Wirtschaft nicht anschieben, erklärte die GfK. Ein Lichtblick könne der Trend abebbender Inflationsraten sein. "Zwar werden die Kaufkraftverluste dennoch bestehen bleiben, aber weniger gravierend sein als ursprünglich befürchtet." Anders als die Einkommensaussichten bleibe die Anschaffungsneigung - also die Bereitschaft zu größeren Einkäufen - weitgehend stabil, "wenn auch auf sehr niedrigem Niveau". Dieser GfK-Teilindikator legte leicht zu. Nach wie vor sei die Konsumneigung sehr schwach. "Wenn die Haushalte zum Beispiel für Lebensmittel deutlich mehr ausgeben müssen, stehen entsprechend weniger finanzielle Mittel für andere Anschaffungen zur Verfügung."

Menschen mit niedrigen Einkommen spürten die hohe Inflation und die damit einhergehenden Kaufkraftverluste besonders stark, erklärte Konjunkturexperte Guido Baldi vom Berliner DIW-Institut. "Auch wenn die Energiekrise keine tiefe Rezession ausgelöst hat, ist die wirtschaftliche Situation für viele Haushalte trotzdem schwierig und dürfte sich mit steigenden Realeinkommen erst in den kommenden Monaten allmählich erholen." (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Handelspause zwischen USA und China: Europas Balanceakt im globalen Handel
07.11.2025

Die Handelsgespräche zwischen den USA und China bringen vorübergehende Entspannung, werfen aber Fragen über Europas Einfluss auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzstabilitätsbericht 2025: Bundesbank warnt vor wachsenden Risiken für Banken
06.11.2025

Insgesamt stehen Deutschlands Banken gut da. Doch es gibt reichlich Risiken. Und bisweilen werden sie unterschätzt, warnt die Bundesbank.

DWN
Politik
Politik Brics-Europa-Symposium: AfD-Politiker reisen nach Russland
06.11.2025

AfD-Abgeordnete reisen zu einer Konferenz nach Russland. Dabei kommt es vielleicht auch zu einem Treffen mit Ex-Präsident Medwedew. Die...

DWN
Panorama
Panorama Uhrmacherhandwerk: Schwarzwälder wollen Kuckucksuhr als Kulturerbe schützen
06.11.2025

Die Kuckucksuhr feiert ihren 175. Geburtstag – doch die Branche steht vor Herausforderungen. Warum Hersteller jetzt auf mehr Schutz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Schufa Auskunft: Wie lange darf die Schufa Zahlungsprobleme speichern?
06.11.2025

Der Schufa-Score soll Unternehmen helfen, die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden einzuschätzen. Aber wie lange dürfen die Daten gespeichert...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OECD schlägt Alarm: Zu wenig Tempo beim Klimaschutz
06.11.2025

Die Industriestaatenorganisation warnt: Die Welt ist nicht auf Kurs, um ihre Klimaziele zu erreichen. Welche Konsequenzen drohen, wenn...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsbau: Regierung reaktiviert Neubauförderung mit 800 Millionen Euro
06.11.2025

Für bestimmte Neubauprojekte gibt es nun wieder Fördergeld. Welche Bedingungen Bauherren erfüllen müssen – und warum viele genehmigte...

DWN
Immobilien
Immobilien Dachausbau: Wie sich das verborgene Potenzial nutzen lässt
06.11.2025

Die Umgestaltung von Dachböden in Wohnräume ist eine der günstigsten Methoden, um neue Wohnfläche zu gewinnen.