In vielen Kellern und Vorratsräumen sind sie zu finden: Einkochgläser. Die wohl bekanntesten dieser Behälter stammen von der Firma Weck. Mit Erdbeer-Logo, Markenname und orangefarbenem Dichtring sind sie zum Symbol für das Einkochen von Lebensmitteln geworden. Der Begriff "Einwecken" steht sogar im Duden. Nun hat das Unternehmen aus dem Süden Baden-Württembergs Insolvenz angemeldet. Das teilte eine Sprecherin der Weck-Gruppe am Dienstag mit.
Das Traditionsunternehmen will sich demzufolge im Insolvenzverfahren neu strukturieren. Konkret geht es um die Muttergesellschaft J. Weck GmbH und Co. KG mit Sitz in der Stadt Wehr und die Tochterfirma Weck Glaswerk GmbH mit einem Produktionsstandort in Bonn. Beide Verfahren wurden nach Angaben des Amtsgerichts Karlsruhe am Montag eröffnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Freiburger Rechtsanwalt Thilo Braun bestellt.
In Südbaden sind die Verwaltung, der Vertrieb und das Verlagsgeschäft der Gruppe angesiedelt. 115 Menschen arbeiten dort. Das Glaswerk in Bonn beschäftigt 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Geschäft läuft nach Angaben von Insolvenzverwalter Braun unvermindert weiter. Löhne und Gehälter der Angestellten seien bis einschließlich August über das Insolvenzgeld gedeckt, hieß es.
Hohe Energie-Preise bedeuten das Ende
Dem Unternehmen machten demnach zuletzt eine niedrigere Nachfrage und die hohen Energiepreise zu schaffen. "Aufgrund der Preissteigerungen des Energieträgers Gas kam es in den letzten Monaten zu erheblichen Belastungen", wird Geschäftsführer Eberhard Hackelsberger in einer Mitteilung zitiert. "Die Glasherstellung ist energieintensiv und die eingesetzten Schmelzöfen können nicht einfach abgeschaltet werden, ohne dass sie dabei irreparabel beschädigt werden".
Die Glasindustrie gehört zu den Wirtschaftszweigen, die besonders unter den hohen Energiepreisen leidet. Als Folge der Energiewende, massiver Klima-Steuern und Sanktionen gegen russisches Gas waren diese in den vergangenen Jahren und Monaten extrem gestiegen. Außerdem sind Verbraucherinnen und Verbraucher wegen der hohen Inflation zurückhaltender bei Kaufentscheidungen.
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Weck-Chef Hackelsberger führt das Unternehmen in vierter Generation. Der Diplom-Betriebswirt ist Urenkel von Firmengründer Johann Weck. Zusammen mit seinem Geschäftspartner und Nachfolger Georg von Eyck hob dieser Anfang 1900 den Einmachglas-Hersteller aus der Taufe. Wenig später wurde das "Einwecken" bereits an Kochschulen gelehrt - und die Gläser zu einem der ersten Markenartikel in Deutschland.
Die Nachfrage nach den wiederverschließbaren Glasbehältern boomte im den Folgejahren - vor allem in Zeiten der Not, etwa während der zwei Weltkriege. Die Menschen waren darauf angewiesen, Lebensmittel haltbar zu machen. Der Weck-Firmenchronik zufolge wurden bis Ende des Zweiten Weltkriegs Hunderte Millionen Gläser produziert.
Mit der zunehmenden Verbreitung von Kühlschränken und Tiefkühltruhen veränderte sich in der Nachkriegszeit auch das Geschäft von Weck. Seitdem stellt das Familienunternehmen auch Verpackungen aus Glas für die Lebensmittelindustrie her - zum Beispiel für Gurken und Senf. Zudem werden etwa Kerzengläser für Kirchen und Friedhöfe produziert.
Obwohl das Haltbarmachen von Lebensmitteln wieder im Trend liegt und die Gläser auch in der Gastronomie Anklang finden, machen sie heute nur noch einen Bruchteil der Produktpalette aus. Wie aus dem letzten Geschäftsbericht für das Jahr 2021 hervorgeht, lag das Absatzziel für das laufende Jahr bei insgesamt 420 Millionen Glasverpackungen. Ob Weck daran festhält, war zunächst nicht bekannt.
Wie es mit dem Traditionsunternehmen weitergeht, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. "Das Wichtigste ist nun die Stabilisierung des Geschäftsbetriebes und die umgehende Einleitung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen", sagte Braun laut Mitteilung. Noch in dieser Woche sollen die wirtschaftliche Lage und die Sanierungsoptionen für Weck geprüft werden.
Auch Römertopf insolvent
Das Keramikunternehmen Römertopf hat Insolvenz angemeldet. Die Römertopf Keramik GmbH & Co. KG habe am Donnerstag einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht in Montabaur gestellt, sagte Geschäftsführer Frank Gentejohann am Freitag.
Nach sehr guten Entwicklungen von 2017 bis 2021 habe es mit Beginn des Krieges in der Ukraine einen starken Umsatzrückgang gegeben, teilte das Unternehmen weiter mit. "Parallel dazu brachen die Erträge aufgrund der Kostenexplosionen bei Energie, Rohstoffen, Löhnen und Produktionsmitteln ein." Die Ankündigung des neuen Heizungsgesetzes (GEG) habe erneut einen "massiven Nachfrageeinbruch aufgrund der Verängstigung der Verbraucher" verursacht.
Das Unternehmen habe im vergangenen Jahr ein Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen müssen und einen Umsatzrückgang von über 40 Prozent gehabt, sagte Gentejohann. "Stand heute ist, wir werden den Standort Deutschland schließen." Im Werk in Ransbach-Baumbach sind nach Unternehmensangaben 44 Mitarbeiter noch für drei Monate beschäftigt. Bislang werden Töpfe auch in einer Lohnfertigung in Portugal hergestellt.
Der Römertopf ist ein ovaler Topf aus Ton mit Deckel. Darin können Fleisch und Gemüse im Backofen zusammen gegart werden. Der Römertopf wurde 1967 auf der Hannover Messe vorgestellt. Nach Angaben des Unternehmens wurden seit den 70er-Jahren mehr als 50 Millionen Römertöpfe verkauft.
Chemische Industrie warnt vor Abwanderung
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat vor einer Abwanderung der Branche aus Deutschland gewarnt. Der Verbandschef Große Entrup sagte, man beobachte eine schleichende Deindustrialisierung. Er führte aus, Unternehmen investierten zwar noch, um ihre Anlagen zu erhalten, neue Investitionen fänden aber nicht mehr statt. Die Branche täte sich sehr schwer, an eine Zukunft des Standortes Deutschland zu glauben, es fehlte an internationaler Wettbewerbsfähigkeit.
Der Verbandsmanager warnte davor, die Firmen gehen zu lassen. O-Ton: „Wenn wir anfangen, den Anfang der Wertschöpfungskette abzugeben, dann werden die Automobilindustrie und andere irgendwann folgen."
Große Entrup führte weiter aus: Ursache für die schwierige Situation seien vor allem die hohen Energiepreise. Die Branche fordere deswegen einen vergünstigten Industriestrompreis. O-Ton: „Wenn Sie gegenrechnen, was wir volkswirtschaftlich verlieren, wenn nur 5% - 10% unserer Industrie abwandern, dann sei der Industriestrompreis ein „Must-have“. Die Chemieindustrie beschäftige 500.000 Menschen, die im Schnitt 65.000 EUR verdienen und Steuern in Höhe von 20,5 Mrd. EUR zahlen. Berechnungen von Wirtschaftsminister Habeck zufolge koste der Industriestrompreis rund 4,5 Mrd. EUR im Jahr.“