EU-Bürger sollen künftig besser vor zu hohen Strompreisen und Schwankungen auf dem Strommarkt geschützt werden. Um einen flexibleren, zuverlässigeren und verbraucherfreundlichen Strommarkt zu schaffen, der gleichzeitig erneuerbare Energien fördert, stimmte der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des EU-Parlaments am Mittwoch für eine Reform des Strommarktes. Unangenehme Überraschungen wie die starken Schwankungen der vergangenen zwei Jahre möchte man Privatleuten und Unternehmen in Zukunft ersparen. Seit 2021 gingen die Energiepreise durch die Decke, eine Entwicklung, die der russische Einmarsch in der Ukraine im Februar 2022 und die in der Folge ausgelöste Gas-Krise noch verstärkte.
Recht auf Festpreis- und dynamische Verträge
Die Abgeordneten haben nun den Gesetzentwurf der EU-Kommission überarbeitet und ergänzt. Die neue Version muss nun vom EU-Parlament abgestimmt werden, damit sie mit dem Rat verhandelt werden kann. „Der Verbraucherschutz ist der Schlüssel dieser Reform“, sagte Berichterstatter Nicolás Gonzáles Casares (S&D/ES) am Mittwoch. „Wir haben den Kommissionsentwurf ergänzt, damit die Länder sowohl kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) als auch Privatleuten besser helfen können.“
Verbraucher sollten dabei das Recht auf Festpreisverträge und dynamische Preisverträge haben. Anbietern soll es untersagt werden, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern. Wenn sie selbst - etwa durch Solarzellen - Strom produzieren, sollen Verbraucher diesen teilen oder kaufen können. Kleinere Firmen und Privatleute könnten davon profitieren, sagte Casares.
Ziel ist es, sicherzustellen, dass alle Verbraucher sowie kleine Unternehmen von langfristigen, erschwinglichen und stabilen Preisen profitieren und die Auswirkungen plötzlicher Preisschocks und Krisenschwankungen abgemildert werden. Versorger dürften nach dem Willen der Abgeordneten zudem schutzbedürftigen oder finanzschwachen Kunden nicht einfach den Strom abdrehen.
Förderprogramm für mehr Wettbewerbsfähigkeit
Zur Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien unterstützt der Energieausschuss den breiteren Einsatz sogenannter „Contracts for Difference“ (CFDs) ohne gleichwertige Förderprogramme von vorneherein auszuschließen. Bei einem CFD entschädigt eine öffentliche Behörde den Energieerzeuger, wenn die Marktpreise zu stark fallen, kassiert jedoch Zahlungen von ihm, wenn die Preise zu hoch sind. Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) sollen Verbrauchern stabile Preise und Anbietern erneuerbarer Energien zudem verlässliche Einnahmen bieten. Bis Ende 2024 soll die Europäische Kommission einen Marktplatz für PPAs einrichten.
Bei aller Förderung erneuerbarer Energien, über ihren Strommix entscheiden die Mitgliedsländer selbst. „Die Dekarbonisierung soll unser gemeinsames Ziel sein“, sagte Casares auf Nachfrage. „In die Reformpläne werden jedoch alle Technologien einbezogen.“ Die Atomkraft, die im Kommissionsvorschlag ein wichtiger Versorgungsbestandteil ist, hätte man nicht angetastet. Darüber müsse der Rat entscheiden.