Ratgeber

Geldmarktfonds: Besser als das Bankkonto?

Selbst große Banken können umfallen, wie die Fälle Lehman Brothers und Credit Suisse gezeigt haben. Sind daher Geldmarktfonds dem klassischen Bankkonto überlegen?
Autor
10.08.2023 18:05
Aktualisiert: 10.08.2023 18:05
Lesezeit: 4 min
Geldmarktfonds: Besser als das Bankkonto?
Lohnen sich Geldmarktfonds? (Foto: iStock.com/filmfoto) Foto: filmfoto

Geldmarktfonds verloren in der Finanzkrise 2008 das Vertrauen der Anleger. Zuvor hatten die Deutschen über 100 Milliarden Euro in den Fonds geparkt, die in Zinspapiere mit einer durchschnittlichen Laufzeit von maximal einem Jahr und in Bankguthaben investieren.

Manche Fonds hatten riskante Wertpapiere gekauft – etwa Anleihen von Lehman Brothers. Die Fondsanteile wurden mit teils zweistelligen Abschlägen gehandelt. Das war enorm viel für eine Anlage, die normalerweise relativ geringe Renditen abwirft und besonders schwankungsarm sein soll. In den Folgejahren schrumpften die Mittel auf bis zu 9 Milliarden Euro im Jahr 2017.

Aufgrund der rasanten Zinserhöhungen der Zentralbanken erlebten die Fonds aber ein Comeback: Geschäftsbanken gaben die Zinssteigerungen bloß sehr langsam weiter, während Geldmarktfonds sofort höher rentierten. Das Mittelaufkommen aus Deutschland wuchs denn auch laut dem Fondsverband BVI auf 32 Milliarden Euro zum Ende des ersten Quartals.

„Fonds gegenüber Bankeinlagen im Vorteil“

Der Honorar-Finanzanlagenberater Michael Schiffer rät gegenüber DWN zum Kauf von Anteilen. „Generell sehe ich Geldmarktfonds für Mittel, die über die erforderliche Liquidität zu kurzfristigen Zahlungszwecken hinausgehen, gegenüber Bankeinlagen im Vorteil“, erklärt der Lenggrieser und fügt hinzu: „Auch bei Einlagen unter 100.000 Euro.“

Geldmarktfonds würden als Sondervermögen zählen, erklärt Schiffer. Geht die Depotbank pleite, fließen die Fondsanteile nicht in die Insolvenzmasse der Bank. Kontoguthaben haften hingegen für Schulden der Bank.

Zwar soll die gesetzliche Einlagensicherung verhindern, dass Ersparnisse unter 100.000 Euro pro Kunde und pro Bank im Ernstfall im Feuer stehen. Aber: „In Expertenkreisen ist man sich uneinig darüber, ob die Einlagensicherung hält, wenn gleichzeitig, zum Beispiel in einer Bankenkrise, mehrere größere Banken in die Insolvenz gehen“, erklärt Schiffer.

Außerdem spare sich der Anleger Zeit, weil er nicht nach den besten Kontozinsen suchen oder mehrere Konten bei verschiedenen Banken verwalten müsse. In Zeiten steigender Zinsen würden sich die Geldmarktfonds rascher an das höhere Zinsniveau anpassen, während der Fondsmanager bei fallenden Zinsen Kursgewinne mitnehmen könne.

Langfristig gesehen rentierten kurzfristige Zinspapiere indes relativ schwach. Laut dem „Global Investment Returns Yearbook 2023“ betrug die annualisierte Rendite von Schatzwechseln – also von sehr kurzlaufenden Staatsanleihen – nach Abzug der Inflation 0,4 Prozent pro Jahr. Die Forscher untersuchten Daten zu 35 Industrie- und Schwellenländern von 1900 bis 2022.

Fremdwährungen beimischen

Besonders schwach lohnten sich Schatzwechsel aus Deutschland. Die inflationsbereinigte Rendite betrug über die gesamten 123 Jahre -2,4 Prozent pro Jahr. Zwei Weltkriege und Phasen hoher Inflation sorgten für Verluste. Von 1973 bis 2022 betrug die reale Rendite hingegen 1,3 Prozent. Den Totalausfall in den Jahren 1922 und 1923 aufgrund der Hyperinflation rechneten die Forscher nicht ein.

Der Finanzwissenschaftler Hartmut Walz rät aufgrund der Möglichkeit von Katastrophenszenarien, dem liquiden Portfolioteil Fremdwährungsanleihen beizumischen. Walz schlug gegenüber DWN ein Portfolio aus 80 Prozent Euro-Geldanlagen und 20 Prozent Fremdwährungen vor, wobei jede Fremdwährung zwischen 5 und 8 Prozent Gewicht am gesamten liquiden Portfolio haben solle.

Dafür eigneten sich Anleihen des jeweiligen Staates mit einer Restlaufzeit von drei bis vier Jahren, erklärte der Professor. „Der Nachkauf der Staatsanleihen ist in wenigen Minuten erledigt.“

Auch Honorarberater Michael Schiffer rät zu Fremdwährungen, allerdings über global diversifizierte Geldmarktfonds. „In der Praxis empfehle ich als ,dauerhafte Liquiditätsreserve’ ein individuell abgestimmtes Portfolio verschiedener Geldmarkt- und Rentenfonds mit unterschiedlichen Laufzeiten mit globaler Ausrichtung und unterschiedlicher Duration.“ Manche Experten raten dabei eher zu Staatsanleihen und sehen Unternehmensanleihen kritisch.

Schiffer empfiehlt derweil ein Direktinvestment in Bundesanleihen nicht zur dauerhaften Geldanlage. Anleihen machten nur Sinn, wenn der Anleger das Geld in zwei oder drei Jahren wieder brauche, etwa zur Sondertilgung eines Darlehens. „Hier würde ich bei den aktuellen Konditionen für Festgeld mit einer Laufzeit von 12 Monaten bei einem Zins von aktuell 3,55 Prozent wahrscheinlich sogar eher zum Festgeld raten.“

Welche Geldmarktfonds gibt es?

Anleger können auf aktiv gemanagte Geldmarktfonds oder Geldmarkt-ETFs setzen. Die Kosten sind in etwa gleich hoch. Das Angebot ist bei den Geldmarkt-ETFs allerdings sehr klein: In Deutschland ist laut der Seite JustETF gerade einmal ein ETF zugelassen, der über mehrere Euro-Länder streut, ein Fondsvermögen über 100 Millionen Euro aufweist und die Wertpapiere aus dem Index tatsächlich kauft (physische Replikation).

Der ETF von Amundi läuft auf den Index „FTSE Eurozone Government Bill 0-6 Month Capped“ (ISIN: FR0010754200). Dieser enthält Staatsanleihen von mehreren Euro-Ländern mit einer maximalen Restlaufzeit von sechs Monaten. Den größten Anteil haben Anleihen aus Frankreich (32 Prozent), gefolgt von Deutschland (23 Prozent), Italien (20 Prozent) und Spanien (12 Prozent).

Wem der Anteil der Südländer zu hoch ist, könnte eine Bundesanleihe mit 2 bis 3 Jahren Restlaufzeit kaufen und etwaige Kursverluste aufgrund von Zinserhöhungen bis zur Endfälligkeit aussitzen. Eine weitere Alternative könnte ein Geldmarktfonds mit Fremdwährungen als Beimischung sein. Die laufenden Kosten (TER) des Amundi-ETF betragen 0,14 Prozent pro Jahr (Thesaurierer, 48 Positionen, Fondsvermögen: 328 Mio. Euro).

Ein aktiv verwalteter Geldmarktfonds ist beispielsweise der „Picte­­t-Sov­­ereig­­n Sho­­rt-Te­­rm MM­­ EUR ­­I“ (ISIN: LU0366536638). Dieser weist ebenfalls eine Kostenquote von 0,14 Prozent pro Jahr auf. Allerdings kann ein Ausgabeaufschlag von bis zu 5 Prozent einmalig beim Kauf anfallen, wenn Anleger Anteile über einen Vermittler anstatt über die Börse erwerben. Der Fonds investiert in Zinspapiere von Staaten und öffentlichen Einrichtungen aus Industrieländern.

Dabei stammen 29 Prozent der Papiere aus Deutschland. Der Rest kommt unter anderem aus Kanada (21 Prozent), von supranationalen Einrichtungen (21 Prozent), Australien (6 Prozent) und Dänemark (5 Prozent). 93 Prozent des Fondsvermögens steckt in Wertpapieren von Emittenten mit Triple-A-Rating und 96 Prozent hat eine Laufzeit von 90 Tagen oder weniger (Thesaurierer, Fondsvermögen: 1,5 Mrd. Euro).

Über Vergleichsplattformen wie Onvista können Anleger nach weiteren Fonds suchen und dabei nach Kriterien wie Fondsvermögen, Ausschüttungsart, Region und Währung filtern.

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Elias Huber

Elias Huber arbeitet als freier Journalist und Honorar-Finanzanlagenberater. Der studierte Volkswirt schreibt vor allem über die Themen Wirtschaft und Geldanlage. 

DWN
Politik
Politik Rutte warnt in Berlin: Russland sieht Europa als nächstes Ziel
11.12.2025

Bundeskanzler Merz und Nato-Generalsekretär Rutte haben in Berlin Alarm geschlagen. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern...

DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...