Demnach sank der Index im Juli um 16,4 Punkte, nachdem er schon im Monat zuvor um 12,6 Punkte gefallen war. Katrin Demmelhuber, Fachreferentin beim Ifo-Institut interpretierte die jüngsten Zahlen dahingehend, dass es offenkundig sei, dass sich die deutsche Wirtschaft gegenwärtig in einer Phase der Wachstumsschwäche befinde. Dem könnten sich auch die Selbstständigen und Kleinunternehmer nicht entziehen.
Besonders betroffen von der aktuellen Schwächephase sei der Dienstleistungssektor. Dabei belaste vor allem die Nachfrageschwäche der Industrie wie auch das zögerliche Konsumverhalten der Privathaushalte die Unternehmen. So seien unternehmensnahe Dienstleister wie IT-Unternehmen, Unternehmensberatungen aber auch Unternehmen in der Werbung und der Marktforschung besonders betroffen. Ähnlich verhalte es sich bei Unternehmen und Selbstständigen in konsumnahen Bereichen wie dem Gastgewerbe, wo die Zurückhaltung der privaten Haushalte bei Ausgaben immer spürbarer werde. Genauso verhalte es sich auch beim Einzelhandel – auch dort habe sich das Geschäftsklima deutlich eingetrübt.
Geringe Nachfrage, hohe Kosten
Dabei werden die Unternehmen nicht nur durch eine schwache Nachfrage, sondern auch durch anhaltend hohe Kosten belastet. Der in Düsseldorf ansässige Verband Deutscher Mittelstands-Bund (DMB) sieht die Gründe für diese negative Entwicklung in einem Bündel von Problemen. Ihr Referent für Finanzen, Benjamin Schöfer, erklärt gegenüber den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN), dass die Versuche der Bundesregierung, mit milliardenschweren Subventionen Groß-Unternehmen zu fördern, wenig hilfreich seien. Blinder Aktionismus helfe nicht weiter, die Ampel-Regierung müsste stattdessen alles dafür tun, „die Standortbedingungen dauerhaft für kleine und mittlere Unternehmen zu verbessern. Dafür braucht es Entlastung und Vereinfachung, vor allem muss Bürokratie abgebaut werden und bei der Digitalisierung der Verwaltung endlich Geschwindigkeit reinkommen.“
Die neuerliche Umfrage bestätigt indes nur die düstere Stimmung in der deutschen Wirtschaft. Schon zuvor hatte eine Umfrage des Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft (BVMW) in Berlin ähnlich Alarmierendes zutage gefördert. Demnach würde jeder vierte Mittelständler die Aufgabe seines Geschäftes zumindest in Erwägung ziehen. Grund dafür seien zu hohe Steuern, der Mangel an Fachkräften, überhohe bürokratische Hürden.
Die Krise der Selbstständigen
Ganz ähnlich sehen es auch die Selbstständigen. So richtet Andreas Lutz, der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD), der ebenfalls an der Veröffentlichung des Indexes beteiligt war, einen Appell an die Wirtschaftspolitik in Deutschland, die kleinen Unternehmen mit ihren spezifischen Anliegen deutlich mehr in den Blick zu nehmen. Die aktuelle Entwicklung, so Lutz, sei „alarmierend. Wir brauchen jetzt dringend positive Impulse. Ein erster, wichtiger Schritt könnte die Ernennung eines Regierungsbeauftragten für Solo-Selbstständige sein, der mit den Verbänden an einem Runden Tisch Sofortmaßnahmen erarbeitet und die verschiedenen Ministerien zur Umsetzung der entlastenden Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag bewegt."
Der Geschäftsindex des Ifo-Instituts und des Online-Dienstleisters Jimdo fußt auf einer Befragung von Solo-Selbstständigen und Unternehmen kleiner Betriebe mit weniger als neun Beschäftigten. Befragt werden dabei zum einen die aktuelle Situation und dabei vor allem der Bestand an Aufträgen sowie die Einschätzung über den zu erwartenden Geschäftsverlauf. Im Juli erreichte die Geschäftslage der Selbstständigen mit minus 4,6 Punkten den niedrigsten Wert seit der Erhebung der Daten im August 2021. Matthias Henze, CEO und Mitgründer von Jimdo, kommentiert die Entwicklung mit dem Hinweis, dass die sich abschwächende Nachfrage bei gleichzeitig hohen Kosten das Hauptproblem sei. „Diese Situation belastet Selbstständige und Kleinstunternehmen besonders stark, da sie oft nicht über die finanziellen Rücklagen wie Großunternehmen verfügen", teilt er mit. Kurzum: „Die Lage der Selbstständigen ist jetzt schon schlecht – und es ist zu erwarten, dass sie noch schlechter wird“, so Henze. Es sei leider zu erwarten, dass wie bei der Coronakrise auch, die Selbstständigen die großen Verlierer dieser Krise sein werden.
Was jetzt zu tun wäre
Der Ökonom Hanno Beck, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Pforzheim, nimmt die jüngsten Zahlen zum Anlass und mahnt, dass die Politik die Alarmsignale ernst nehmen müsse, um den Wohlstand und die Stärke des deutschen Mittelstands zu erhalten. Maßnahmen wie die Abschaffung bürokratischer Hürden, mehr Planungssicherheit und Investitionen in Bildung sind jetzt dringend gefordert. „Wir sind dabei, unseren Wohlstand zu verspielen. Im World Economic Outlook (WEO) des Internationalen Währungsfonds liegen wir unter den reichsten Ländern der Welt mit dem höchsten Lebensstandard 2023 nur noch auf Platz 19 – das wäre noch nicht mal mehr ein Startplatz in der Bundesliga“, mahnt Beck.