Wirtschaft

Europas „goldenes Visa“ boomt trotz Widerstand

Obwohl die EU versprochen hat, gegen Programme zur Einbürgerung durch Investitionen vorzugehen, floriert das Geschäft. Besonders in Griechenland, Portugal, Italien und Spanien boomen diese Bürgerschaften. Hauptsächlich eine Branche profitiert von der Ungewissheit über die Zukunft der Programme.
25.08.2023 09:51
Aktualisiert: 25.08.2023 09:51
Lesezeit: 3 min
Europas „goldenes Visa“ boomt trotz Widerstand
In Portugal und auch in anderen EU-Ländern steigt die Zahl der sogenannten "goldenen Visa", trotz Opposition. (Foto: dpa)

Europäischen Programme zur Einbürgerung durch Investitionen sind trotz Forderungen, sie zu stoppen, nach wie vor aktuell und extrem beliebt. In Griechenland und Portugal hat die Zahl der sogenannten „goldenen Visen“ in den letzten Monaten erheblich zugenommen, während die Nachfrage in Italien und Spanien Rekordwerte erreicht hat.

Bloomberg zufolge haben mehr als 132.000 Menschen zwischen 2011 und 2019 über diese Programme die Staatsbürgerschaft erhalten. Laut Regierungs-Statistiken erreichte allein dieses Jahr im Mai die Zahl der in Portugal erteilten goldenen Visen (mit 180) einen Mehrjahreshöchststand. In Griechenland lag die Zahl bei 412, und somit 87 Prozent mehr als im Vorjahr.

Spanien hat im Jahr 2022 insgesamt 2,462 goldene Visen erteilt, 60 Prozent mehr als im vorherigen Jahr und auch Italien hat im vergangenen Jahr 79 ausgestellt - fast doppelt so viele wie im Vorjahr.

Verschärfte Kritik: Steigende Immobilienpreise und laxe Vorschriften

Das Visum, das nach der 2008-Finanzkrise eingeführt wurde um ausländisches Kapital anzuziehen, war während der Pandemie besonders beliebt. Diese Art von Staatsbürgerschaften ermöglichen es wohlhabenden Ausländern, sich in der EU niederzulassen, indem sie in lokale Immobilien oder Finanzanlagen investieren. Bloomberg zufolge sind sie an wenigen Bedingungen geknüpft, und bei einigen Programmen muss man sich nicht länger als eine Woche pro Jahr im Land aufhalten.

Die politische Kritik hat sich gegen diese Einbürgerungen verschärft, da sie mit steigenden Immobilienpreisen und laxen Vorschriften in Verbindung gebracht werden. Mitglieder des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission haben die EU-Länder aufgefordert, diese Programme abzuschaffen. Irland und Großbritannien haben dies bereits getan.

Russlands Krieg gegen die Ukraine hat dazu geführt, dass die Visen besonders genau unter die Lupe genommen werden. Bloomberg zitierte die belgische Abgeordnete Saskia Bricmont: „Goldene Visen bieten Oligarchen, Kriminellen und korrupten Politikern die Möglichkeit, sich den Weg nach Europa zu erkaufen und ihr Geld, ihr Image und ihre Identitäten zu waschen.“

Mehr Länder fordern Abschaffung

Die Forderung nach Abschaffung der Visen nimmt zu: Portugals Premierminister Antonio Costa kündigte im Februar das Ende des Programms für sein Land an und erklärte: „Nichts rechtfertigt (diese) Sonderregelung“. Griechenland verdoppelte seine Investitionsschwelle von 250,000 Euro auf 500,000 Euro in bestimmten Teilen des Landes, und Spanien überlegt, ob es die Mindestinvestitionssumme von 500.000 Euro auf 1 Millionen Euro anheben, oder das Programm ganz abschaffen soll.

Doch laut Bloomberg gibt es kaum Anzeichen dafür, dass es schwieriger ist, ein goldenes Visum zu erhalten und mehr Menschen als je zuvor versuchen, eine Bürgerschaft zu bekommen, solange sie noch können. Patricia Casaburi, Geschäftsführerin der Einwanderungsberatungsfirma Global Citizen Solutions, kommentierte: "Wir haben keine signifikanten Veränderungen bei den Schwierigkeiten, ein Visum zu erhalten, festgestellt".

Die in Europa verabschiedeten Gesetze zur Einschränkung der goldenen Visen waren nicht besonders streng, so Bloomberg. Portugal schaffte im Juli die Möglichkeit des Aufenthalts über Immobilieninvestitionen ab, doch Ausländer können immer noch eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten wenn sie mindestens 500,000 Euro in lokale Unternehmen oder Fonds investieren, die nicht mit Immobilien verbunden sind. Die Niederlande nehmen weiterhin Anträge auf goldene Visen an, obwohl Behörden angekündigt haben, ihr Programm zu beenden - genau wie in Montenegro.

Hauptprofiteure der aktuellen Unsicherheit

Firmen, die am meisten von der Ungewissheit über die Zukunft der goldenen Visaprogramme profitieren sind Einwanderungsberatungsfirmen. Bloomberg zufolge verweisen Einwanderungsberater auf das Geld, das auf dem Spiel steht: In den letzten zehn Jahren haben die Länder, die goldene Visen ausgestellt haben, durch diese Programme insgesamt etwa 25 Milliarden Euro an ausländischen Direktinvestitionen erhalten. Portugal war mit 6,8 Milliarden Euro einer der größten Profiteure dieser Programme im Laufe der Jahre. „Wir raten unseren Klienten immer noch an, das Visa zu beantragen“, sagte Peter Franke, ein Einwanderungsanwalt in Spanien. „Die Programme sind zu groß, um zu scheitern.“

Alternative Programme

Länder, die ihre goldenen Visa-Programme abgeschafft haben, bieten andere Optionen an: Das Visa für digitale Nomaden, die im Ausland leben wollen, wird immer beliebter. Menschen, die ein Unternehmen in Großbritannien, Frankreich, Irland oder Deutschland gründen wollen, können auch ein spezielles „Investoren-Visa“ beantragen, das zuerst einen befristeten Aufenthalt und dann die Möglichkeit eines dauerhaften Aufenthalts in dem Land anbietet. In beiden Fällen sind die Anforderungen strenger als bei dem goldenen Visa, so Bloomberg.

In anderen Nachrichten sind Portugal und Spanien unter den Top 10 in der aktuellen Rangliste der besten Auswanderungs-Länder gelandet. Mexico führt die Liste an, gefolgt von Indonesien und Taiwan. Die Vereinigte Arabische Emirate, Vietnam, Thailand, Australien und Singapur sind auch mit dabei. Insgesamt wurden 52 Länder in verschiedenen Kategorien untersucht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Panorama
Panorama Feiertage 2026: Alle Termine, Brückentage und Regeln – wie Sie am besten profitieren
13.12.2025

Die Feiertage 2026 liegen günstig und ermöglichen viele lange Wochenenden. Wer früh plant, kann deshalb Brückentage optimal nutzen....

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienrendite: Es lohnt sich wieder zu vermieten
13.12.2025

Eine Mietimmobilie als Kapitalanlage kann wieder eine interessante Investition sein. Doch nicht überall macht das Sinn. Wo sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...

DWN
Finanzen
Finanzen Falsche Gehaltsgruppe: Was kann ich tun, wenn meine Gehaltseinstufung nicht zum Tarifvertrag passt?
13.12.2025

Viele Beschäftigte merken erst spät, dass ihre Gehaltsgruppe im Tarifvertrag nicht zur Arbeit passt. Das kann monatlich bares Geld...

DWN
Technologie
Technologie Lidl krempelt den Einkauf um: Warum die Scan-and-Go-Technologie den Handel umdreht
13.12.2025

Litauens Handelsketten treiben den digitalen Umbruch voran. Das Selbstscansystem Scan & Go kommt nun in die Lidl Filialen. Bisher wurde...

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Textilrecycling: Wie eine schwedische Gründerin die Branche unter Druck setzt
12.12.2025

Ein junges schwedisches Unternehmen behauptet, die nachhaltigste Lösung für das Textilrecycling gefunden zu haben. Die Methode nutzt CO2,...