Europa hat seine Hilfen für die Ukraine erhöht und einer Studie zufolge damit die USA deutlich überholt. In dem erfassten Zeitraum bis zum 31. Juli summiere sich der Wert des zugesagten Gesamtvolumens von europäischen Gebern auf 156 Milliarden Euro verglichen mit knapp 70 Milliarden Euro von den USA, teilte das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Donnerstag mit.
"Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges hinken die USA nun klar hinterher." Ein Hauptgrund dafür sei die neue sogenannte "Ukraine-Fazilität" der Europäischen Union (EU) über 50 Milliarden Euro. Aber auch andere europäische Länder hätten ihre Unterstützung mit neuen mehrjährigen Paketen aufgestockt.
"Es ist bemerkenswert, wie schnell Europa zu einem dauerhaften, mehrjährigen Unterstützungsprogramm für die Ukraine übergegangen ist", sagte IfW-Fachmann Christoph Trebesch. Im ersten Kriegsjahr hätten noch die USA den Weg vorgegeben.
Im Sommer setzte die EU mit der Ankündigung des neuen mehrjährigen Unterstützungspakets von 50 Milliarden Euro, das zwischen 2023 und 2027 bereitgestellt werden soll, ein klares Signal und verdoppelte damit die gesamten EU-Zusagen.
Zusätzlich gibt es laut IfW wichtige neue mehrjährige Zusagen einzelner europäischer Länder, insbesondere ein vierjähriges militärisches Unterstützungspaket Deutschlands von 10,5 Milliarden Euro (2024 bis 2027) und Norwegens "Nansen-Unterstützungsprogramm" über 6,6 Milliarden Euro über fünf Jahre. Weitere Pakete mit mehrjähriger Laufzeit sagten Dänemark, Großbritannien, die Schweiz, Schweden, Portugal und Litauen zu.
Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) und unter Berücksichtigung der mehrjährigen Programme ist Norwegen nun der größte Unterstützer der Ukraine und hat Hilfen von 1,7 Prozent seines BIP zugesagt, wie aus der Studie hervorgeht. Die baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland folgen in dieser Rangliste und bleiben auf den vorderen Plätzen, selbst wenn man mehrjährige Verpflichtungen berücksichtigt.
Bombengeschäfte
Mit Blick auf schwere Waffensysteme gab es dem IfW zufolge viele neue Lieferungen. "Der Anteil tatsächlich gelieferter Systeme im Vergleich zu den Zusagen hat sich im jüngsten Update um fünf Prozentpunkte auf 69 Prozent erhöht."
Vor allem bei Panzern, Artillerie-Munition und bei Raketenabwehrsystemen bestehe allerdings noch eine größere Lücke zwischen Zusagen und Lieferungen. "Trotz der vielversprechenden neuen Zusagen bleibt abzuwarten, wie viel tatsächlich geliefert wird und wann", betonte Trebesch. "In der Vergangenheit waren die europäischen Geber oft langsam mit ihren Lieferungen, das wird in Zukunft hoffentlich seltener der Fall sein."
Die USA wollen indes erstmals im Rahmen militärischer Hilfen umstrittene Uran-Munition an die Ukraine liefern. Die mit abgereichertem Uran gefüllten Granaten sind Teil eines am Mittwoch vom Verteidigungsministerium angekündigten neuen Hilfspakets im Volumen von 175 Millionen Dollar. Die Granaten sollen von Abrams-Panzer verschossen werden. Zudem sollen Panzerabwehrsysteme, Flugnavigationssysteme und Munition für mobile Artillerieraketensysteme (HIMARS) dem ukrainischen Militär übergeben werden.
Der Einsatz von Uran-Munition ist sehr umstritten. Gegner kritisieren Gesundheitsrisiken durch den Kontakt mit radioaktiven Uranstaub. Abgereichertes Uran ist ein Nebenprodukt der Urananreicherung. Durch seine extreme Dichte haben die Geschosse eine sehr hohe Durchschlagskraft.
Die 175 Millionen Dollar sind Teil von einer Milliarde Dollar umfassenden Hilfen, die US-Außenminister Antony Blinken bei seinem Besuch in Kiew am Mittwoch angekündigt hat. Davon sollen über 665 Millionen Dollar für militärische und zivile Zwecke ausgegeben werden. Mehrere Millionen Dollar sollen in Luftabwehr investiert werden.