Wirtschaft

Welcher Preisdeckel? Russland verkauft Öl 30 Prozent teurer

Die vom Westen verhängte Preisobergrenze für russisches Öl in Höhe von 60 Dollar pro Barrel ist gescheitert. Denn das Land verkauft seine wichtigste Ölsorte für 80 Dollar.
Autor
29.09.2023 10:28
Aktualisiert: 29.09.2023 10:28
Lesezeit: 2 min
Welcher Preisdeckel? Russland verkauft Öl 30 Prozent teurer
Der Preisdeckel auf russisches Öl richtet sich gegen Präsident Wladimir Putin. (Foto: dpa) Foto: Alexei Nikolsky

Nach Angaben von Händlern und laut Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters verkauft Russland seine wichtigste Exportsorte Ural schon seit Mitte Juli oberhalb der Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel, die der Westen im Rahmen seiner Sanktionen gegen das Land verhängt hat. Hintergrund ist, dass Saudi-Arabien, Russland und andere Mitglieder von OPEC+ ihre Fördermengen deutlich reduziert haben.

An Indien hat Russland Rohöl der Sorte Ural jüngst sogar zu einem Preis von fast 80 Dollar pro Barrel verkauft, also knapp 20 Dollar über der westlichen Preisobergrenze. Indien, der drittgrößte Erdöl-Importeur der Welt, ist als Folge der westlichen Sanktionen gegen Moskau zum wichtigsten Abnehmer von russischem Erdöl auf dem Seeweg geworden und importiert vor allem Ural-Öl.

Die Preise für Ural-Ladungen, die im Oktober in baltischen Häfen verladen werden, lagen am Donnerstag für indische Abnehmer bei knapp 80 Dollar pro Barrel. Der hohe Preis ist offenbar eine Folge des geringen Angebots. "Russland hat niedrige Lagerbestände, und seine Produktion ist ebenfalls gedrosselt", zitiert Reuters einen Beamten eines indischen Raffinerieunternehmens, das regelmäßig russisches Öl kauft.

Die Drosselungen haben dazu beigetragen, dass die Abschläge für Ural in den indischen Häfen von 6 bis 7 Dollar pro Barrel vor zwei Wochen auf 4 bis 5 Dollar pro Barrel gegenüber der alten Sorte Brent gesunken sind, sagten vier an den Geschäften beteiligte Händler im Hinblick auf Ladungen, die Ende Oktober verladen werden. "Die Ural-Preise steigen wieder. Alternativen sind viel teurer und nicht leicht erhältlich", sagte ein Händler zu Reuters.

Russisches Urals-Öl liefert in der Regel einen höheren Ertrag an Diesel, der etwa zwei Fünftel des gesamten indischen Verbrauchs an raffiniertem Kraftstoff ausmacht. Die jüngste Entscheidung Russlands, die Ausfuhr von Diesel und Benzin zu verbieten, hat die Attraktivität von Ural-Rohöl angesichts der sich abzeichnenden weltweiten Verknappung dieser Produkte noch erhöht.

Die westliche Preisobergrenze besagt, dass die Käufer von russischem Rohöl nur dann westliche Dienstleistungen wie Verschiffungen und Versicherungen in Anspruch nehmen dürfen, falls der Kaufpreis unterhalb von 60 Dollar pro Barrel liegt. In der Folge ist die weltweite Inanspruchnahme westlicher Schifffahrts- und Versicherungsunternehmen drastisch zurückgegangen.

Hinter Indien war die Türkei im September der zweitgrößte Abnehmer von Ural-Öl aus Russland, gefolgt von China und Bulgarien, wie vorläufige Daten der London Stock Exchange Group zeigen. Der indischen Quelle zufolge wird russisches Öl jetzt aber auch an Kunden in neuen Märkten wie Brasilien verkauft. Der Preis für Ural-Öl ist diese Woche weiter stark auf über 83 Dollar pro Barrel gestiegen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: US-Aktien steuern mit Gewinnen auf das Jahresende zu, Goldpreis erreicht neues Rekordhoch
22.12.2025

Die US-Aktien legten am Montag zu, wobei die drei großen Indizes den dritten Tag in Folge Gewinne verzeichneten. Gold setzte seine Rallye...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...