Weltwirtschaft

Habeck sieht Schuld für schrumpfende Wirtschaft bei anderen

Lesezeit: 2 min
11.10.2023 16:31  Aktualisiert: 11.10.2023 16:31
Auch die Bundesregierung erwartet, dass die deutsche Wirtschaft dieses Jahr schrumpft. Schuld daran sei aber nicht die eigene Politik, sondern die EZB und internationale Krisen. Die Opposition widerspricht.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Deutschland braucht für die Erholung von der Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs mehr Zeit: Die Bundesregierung senkte am Mittwoch ihre Konjunkturprognose und rechnet nun für dieses Jahr mit einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt. Damit dürfte Deutschland 2023 als einzige große Industrienation nicht wachsen.

"Wir kommen daher langsamer aus der Krise heraus als gedacht", räumte Wirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin bei der Vorstellung der Herbstprojektionen ein, bei der er auf internationale Konflikte und die Zinserhöhungen der EZB zur Bekämpfung der hohen Inflation verwies. Der Tiefpunkt sei aber mittlerweile erreicht. "Wir verlassen das Tal, es geht wieder aufwärts", sagte der Grünen-Politiker.

Konkret rechnet die Regierung nun mit einer um 0,4 Prozent schrumpfenden Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr. Im Frühjahr war noch ein Plus von 0,4 Prozent veranschlagt worden. 2024 und 2025 soll es dann wieder Wachstumsraten von 1,3 und 1,5 Prozent geben. Zum Vergleich: 2022 waren es noch 1,8 Prozent.

"DIE INFLATION GEHT RUNTER"

Bei der Inflation erwartet die Regierung eine spürbare Entspannung. Nach einer Teuerungsrate von 6,1 Prozent in diesem Jahr werden 2024 und 2025 Werte von 2,6 und 2,0 Prozent prognostiziert. Zwei Prozent strebt die Europäische Zentralbank (EZB) als ideales Niveau für die Euro-Zone an. "Die Inflation geht runter", sagte Habeck. "Entsprechend erwarten wir auch, dass die Binnenkonjunktur anzieht." Die Lohnzuwächse kämen jetzt bei den Bürgern an. Hinzu komme ein robuster Arbeitsmarkt.

Auch die Exporte dürften sich verbessern trotz eines schwierigen Umfelds. Allerdings dürfte Deutschlands wichtigster Handelspartner China im kommenden Jahr schwächer wachsen als 2023, sagte Habeck. Daher müssten die strukturellen Probleme im Inland angegangen werden. Die Bürokratie müsse abgebaut, mehr Fachkräfte aus dem Ausland angelockt und Investitionshemmnisse aus dem Weg geräumt werden.

"NICHT DER KRANKE MANN EUROPAS"

Die Opposition warf Habeck vor, sich die wirtschaftliche Lage des Landes schönzureden. "Die derzeitige Wirtschaftskrise Deutschlands ist hausgemacht", sagte der Obmann der Unionsfraktion im Wirtschaftsausschuss des Bundestages, Hansjörg Durz. "Bisher hat die Wirtschaftspolitik der Ampel vor allem zu einem geführt: zur roten Laterne beim Wirtschaftswachstum."

Dagegen sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, die Stimmung im Lande sei deutlich schlechter als die wirtschaftliche Lage. "Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas", sagte der Ökonom. Die Regierung sollte dringend einen Kurswechsel in der Finanzpolitik vollziehen, um mehr Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung anzustoßen. Zudem sollte sie Regulierung und Bürokratie abbauen.

Die Stimmung in der Wirtschaft sei alles andere als gut, betonte die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Es fehlt weiterhin das Signal zum Aufbruch", sagte ihr Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. "Hohe Energiepreise, Unsicherheit über die zukünftige Energieversorgung, hohe Steuer- und Abgabenbelastung, Bürokratie, Fachkräftemangel und schleppende Weltkonjunktur belasten die Geschäfte." Der Krieg in der Ukraine und der neu entflammte Konflikt im Nahen Osten seien zusätzliche Belastungen.

Die wirtschaftlichen Folgen des wieder aufgeflammten Nahost-Konflikts auf Deutschland sind laut Vize-Kanzler Habeck noch nicht abzuschätzen. Es sei noch zu früh, um darüber zu spekulieren. Vieles hänge vom weiteren Verlauf des Konflikts ab. Im Moment rechne er nicht mit Auswirkungen auf die Inflation, etwa über die zuletzt etwas gestiegenen Ölpreise. Das könne sich aber ändern. (Reuters)


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...

DWN
Politik
Politik Droht Deutschland der Bankrott? Bundestag setzt Haushaltswoche aus - trotz nahender Haushaltssperre!
21.11.2024

Die Haushaltskrise eskaliert nach dem Ampel-Aus: Nach der abgesagten Sitzungswoche zur Finanzierung der Haushalte, liegen die Etats für...