Unternehmen

Deutsche Industrie: Anhaltende Durststrecke trotz kräftigem Auftragsplus

Die deutsche Industrie verzeichnete im August einen deutlichen Anstieg. Trotz dieser positiven Entwicklung sehen Experten anhaltende wirtschaftliche Herausforderungen. Wie wirken sich steigende Zinsen und hohe Energiepreisen auf das Wachstum aus?
06.10.2023 11:18
Aktualisiert: 06.10.2023 11:18
Lesezeit: 2 min

Nach dem Einbruch im Juli hat die deutsche Industrie im August wieder deutlich mehr Aufträge eingesammelt. Das Neugeschäft kletterte um 3,9 Prozent zum Vormonat und damit fast doppelt so stark wie erwartet, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit plus 1,8 Prozent gerechnet. Im Juli waren die Aufträge noch um revidiert 11,3 Prozent gesunken und damit so stark wie zuletzt zu Beginn der Corona-Krise im April 2020.

Auch ohne Großaufträge, die das Neugeschäft oft verzerren, gab es im August ein Plus von 3,9 Prozent. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich lag der Auftragseingang von Juni bis August nun um 4,9 Prozent höher als in den drei Monaten zuvor. Stimmungsindikatoren signalisierten, „dass die Industriekonjunktur im dritten Quartal ihre Talsohle erreicht haben könnte“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. „Zum Jahreswechsel 2023/24 dürfte dann eine schrittweise konjunkturelle Erholung einsetzen.“

In den kommenden Monaten dürfte die Industrieproduktion allerdings noch sinken. Analysten sagten zu den Daten:

Jörg Krämer, Commerzbank Chefökonom:

„Endlich mal eine gute Nachricht aus der deutschen Industrie. Auch jenseits der schwankungsanfälligen Großaufträge haben die Auftragseingänge deutlich zugelegt. Es zeigt sich zur Zeit eine Stabilisierung der Auftragseingänge. Dennoch weist der Trend bei den bei Stimmungsindikatoren wie dem Ifo-Geschäftsklima noch nach unten. Das spricht für die kommenden Monate für eine fallende Industrieproduktion, zumal die Unternehmen Umfragen zufolge die während Corona liegen gebliebenen Aufträge mittlerweile abgearbeitet haben. Ich erwarte für das zweite Halbjahr weiter ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft.“

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

„Für das deutsche verarbeitende Gewerbe ist das derzeitige Umfeld alles andere als ein Zuckerschlecken. Nicht nur, dass wichtige Auslandsmärkte ebenfalls angeschlagen sind, auch die hohen Energiepreise sind eine schwerwiegende Belastung. Zumindest war aus der Entwicklung des globalen verarbeitenden Gewerbes abzulesen, dass es gewisse Stabilisierungstendenzen gibt. Ein weiterer deutlicher Absturz der Industrie scheint sich nicht abzuzeichnen. Dies nährt die Hoffnung, dass es nach einer Phase der Bodenbildung zumindest wieder etwas nach oben geht.“

Bastian Hepperle, Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank:

„Es gibt sie noch, erfreuliche Konjunkturdaten aus Deutschland. Der lange Abwärtstrend beim Auftragseingang scheint vorerst gestoppt zu sein. Auch ohne Großaufträge geht es seitwärts voran. Das schwache außenwirtschaftliche Umfeld und die hohe Unsicherheit hierzulande mahnen aber noch zur Vorsicht. Die Durststrecke im Verarbeitenden Gewerbe wird wohl anhalten.“

Steigende Zinsen und hohe Energiepreise dämpfen derzeit die Nachfrage der heimischen Wirtschaft. Die Bestellungen aus dem Inland stiegen im August dennoch um 4,0 Prozent zum Vormonat. Die Auslandsnachfrage erhöhte sich um 3,9 Prozent und damit genauso stark wie die aus der Euro-Zone und die von außerhalb der Währungsunion. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Verlängerung bis 2029 – was das konkret bringt
31.12.2025

Ende 2025 sollte die Mietpreisbremse in ganz Deutschland auslaufen. Doch im Angesicht der andauernden Mietpreiskrise hat der Bundestag...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett übergibt Berkshire: Was vom Orakel von Omaha bleibt
31.12.2025

Er ist das Gesicht des Value Investing, ein Vorbild für Generationen von Anlegern – und nun zieht sich Warren Buffett zurück. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im MDax 2025
31.12.2025

Der MDax hat 2025 Anlegern wieder Hoffnung gemacht: Mit einem Plus von 19,65 Prozent wuchs der Index mittelgroßer Unternehmen, während...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im Dax 2025
31.12.2025

Das Börsenjahr 2025 war abermals ein starkes für den Dax. Der deutsche Leitindex erreichte mit 24.490,41 Punkten einen Jahresgewinn von...

DWN
Panorama
Panorama 2026: Was sich alles ändert
31.12.2025

m Jahr 2026 stehen für Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Änderungen an: Der Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro, Rentnerinnen und Rentner...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI im Bewerbungsprozess: Was Unternehmen und Kandidaten beachten sollten
30.12.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Bewerbungen – schneller, objektiver, aber nicht immer transparent. Während manche...

DWN
Politik
Politik USA greifen Hafen in Venezuela an: CIA soll angeblichen Drogenumschlagplatz attackiert haben
30.12.2025

Eine Explosion im Hafen, ein Präsident, der offen von einem Schlag spricht, und viele offene Fragen. Donald Trump bestätigt einen...