Die Ökonomen der Commerzbank sagen anders als die Wirtschaftsweisen und die Bundesregierung für 2024 ein weiteres Rezessionsjahr für Deutschland voraus. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte dann um 0,3 Prozent schrumpfen, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Konjunkturprognose. Zum Vergleich: Die Wirtschaftsweisen rechnen mit 0,7 Prozent Wachstum, die Bundesregierung sogar mit 1,3 Prozent. Für das zu Ende gehende Jahr veranschlagen die Commerzbank-Experten ein Minus von 0,4 Prozent.
"Die Unternehmen sind zwar resilient", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sie unglaublich viel zu verdauen haben." Die Energiepreise etwa dürften hoch bleiben - trotz des von der Bundesregierung gerade verkündeten Strompreispakets, das Entlastungen in Milliardenhöhe verspricht. "Das ist etwas, was die Unternehmen noch lange belasten wird", sagte Krämer. Hinzu kämen noch De-Globalisierung und eine erodierende Standortqualität.
Auch beim privaten Konsum sieht die Commerzbank keinen Aufschwung, ungeachtet der sinkenden Inflation und steigender Löhne. "Die Kaufkraft erholt sich", sagte der Chefökonom. "Darauf werden die Konsumenten aber viel langsamer reagieren als in der Vergangenheit." Seit Ende 2020 seien die Verbraucherpreise um etwa 18 Prozent gestiegen, die Löhne dagegen nur um zehn Prozent. Hinzu komme, dass etwa ein Drittel der Verbraucher von der Hand in den Mund lebe und nicht sparen konnte.
Schützenhilfe von der Europäischen Zentralbank (EZB) kann sich die schwächelnde Wirtschaft der Prognose zufolge auch nicht erhoffen. Ihren Leitzins von aktuell 4,50 Prozent dürften die Frankfurter Währungshüter erst Ende 2024 senken, und das auch nur leicht. "Das Inflationsproblem ist noch lange nicht gelöst", sagte Krämer. "Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben." (Reuters)