Unternehmen

DIW-Prognose: Schleppende Erholung der deutschen Wirtschaft

Die Konjunktur in Deutschland verharrt auf einem schwachen Niveau. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat jetzt seine aktuelle Konjunkturprognose für 2024 und 2025 nach unten korrigiert. Demnach wachse die Wirtschaft in Deutschland in den beiden Kommenden Jahren nur noch um 0,6 und 1,0 Prozent.
Autor
14.12.2023 15:42
Aktualisiert: 14.12.2023 15:42
Lesezeit: 2 min

Das DIW stellt in seiner aktuellen Prognose fest, dass die deutsche Wirtschaft „nur sehr mühsamaus der Schwächephase“ herausfinde, auch die jüngste Einigung im Haushaltsstreit der Ampel-Regierung liefere nach Ansicht des DIW keine positiven Impulse. Das DIW stellt in seiner Analyse fest, dass entgegen der früheren Erwartung der private Konsum als Konjunkturtreiber ausgefallen sei. Zwar seien die Löhne nominal zum Teil deutlich gestiegen, auch sei in der Zwischenzeit die Inflation deutlich zurückgegangen, jedoch seien die privaten Verbraucher angesichts unsicherer Zeiten in ihrem Kaufverhalten noch zurückhaltend und würden erst einmal lieber ihre finanziellen Reserven auffüllen, statt ihr Geld direkt auszugeben. Ebenfalls negativ wirkten sich eine nur schleppende Investitionstätigkeit und eine gedämpfte Auslandsnachfrage aus.

Rückschlag für die Wirtschaft

Nach Einschätzung der Konjunkturforscher des DIW drohe der deutschen Wirtschaft mit der geplanten Konsolidierung des Haushaltes nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe ein weiterer Rückschlag. Die Richter hatten entschieden, dass die Umwidmung der Haushaltsmittel für die Coronahilfen in einen Klimafonds unzulässig ist. Damit stand die Bundesregierung vor einer Haushaltslücke in Höhe von 60 Milliarden Euro. Dies führte zu einem mehrwöchigen Haushaltsstreit. Zwar sei nun ein Kompromiss im Haushaltsstreit verkündet worden, doch würden, nach Einschätzung des DIW, die Konkretisierungen der Einsparungen noch weitere Unsicherheiten bergen, zudem müssten die geplanten Einsparungen im Haushalt noch parlamentarisch verabschiedet werden. „Sicher geglaubte Investitionsvorhaben stehen jetzt zur Disposition, Fördergelder können womöglich nicht fließen“, erklärte die Co-Leiterin des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik des Instituts, Geraldine Dany-Knedlik.

Für dieses Jahr prognostiziert das DIW einen Wirtschaftsrückgang von 0,3 Prozent. In den beiden kommenden Jahren dürfte es dann mit einem Wachstum von 0,6 und 1,0 Prozent nur sehr schleppend wieder bergauf gehen. Die Prognose des DIW berücksichtigt, dass die Bundesregierung für die beiden kommenden Jahre Einsparungen vornehmen und nicht alle in Aussicht gestellten Ausgaben tätigen werde. Diese Kürzungen und Unsicherheiten würden das Wachstum der Wirtschaft in den Jahren 2024 und 2025 um 0,3, beziehungsweise um 0,2 Prozentpunkte schmälern.

Sinkende Inflation

Positive Impulse für die Wirtschaft würden im nächsten und im übernächsten Jahr von einer weiter sinkenden Inflationsrate und von den zu erwartenden Lohnerhöhungen ausgehen. Dies könnte dazu führen, dass die Sparquote der privaten Haushalte etwas abnimmt und die Verbraucher eher geneigt sein dürften, ihr Geld für die Güter des Konsums auszugeben. Jedoch befürchten die Konjunkturforscher des Berliner Instituts, dass rückläufige Investitionen das Wachstum in der ersten Hälfte des kommenden Jahres dämpfen würden. Auch werde auf absehbare Zeit die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) restriktiv bleiben. Eine Lockerung dieser Politik erwartet das DIW frühestens im Sommer, dann könnte die EZB daran gehen, in einem ersten Schritt die Zinsen zu senken.

Weltweit zeige sich – so das DIW – die Wirtschaft robust. So hätten die fortgeschrittenen Volkswirtschaften, vor allem die der USA, ebenso solide zugelegt wie die in den Schwellenländern. Lediglich in den Volkswirtschaften im Euroraum und in Großbritannien sei die Wirtschaftsleistung zuletzt schwach geblieben, jedoch würden dort die sinkenden Inflationsraten zu einer Stärkung der realen Kaufkraft führen, was zu einer Belebung der privaten Nachfrage führen dürfte. Verhalten sei die Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft, jedoch glaubt das DIW, das die dort getroffenen finanzpolitischen Entscheidungen die Probleme auf dem Immobiliensektor mildern dürften. Die Forscher prognostizieren, dass im kommenden Jahr die Weltwirtschaft um 3,7 Prozent und im Jahr 2025 um 3,9 Prozent wachsen werde.

Der Präsident des DIW, Marcel Fratscher, sagte, dass die Bundesregierung einen finanzpolitischen Kurswechsel vornehmen und ihre Prioritäten neu justieren müsse, damit die deutsche Wirtschaft an Dynamik gewinnen kann. „Die oberste Priorität muss bei öffentlichen Investitionen liegen, damit die Transformation der Wirtschaft gelingen kann“, so Fratscher. Er fordert die Einrichtung eines neuen Schuldentitels „Klimaschutz“. Dieser Titel, euphemistisch auch „Sondervermögen“ genannt, soll nach seiner Meinung mit 100 Milliarden Euro ausgestattet werden, um die ökologische und digitale Transformation voranzutreiben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimagipfel im Stillstand: Welche Beschlüsse Belém wirklich brachte
24.11.2025

Bei der Klimaanpassung und dem Schutz des Regenwaldes wurden zwar frische Finanzzusagen gemacht – doch bei den eigentlichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Frankreichs Schulden bedrohen Europa: Kommt jetzt die Eurokrise zurück?
23.11.2025

Steigende Zinsen, explodierende Schulden, nervöse Märkte: Europa erlebt ein gefährliches Déjà-vu. Immer mehr Experten warnen vor einer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 645 Millionen Euro Verlust: Cannabis-Betrug und Geldwäsche-Netzwerk erschüttern Europa
23.11.2025

Europa ist von einem der größten Cannabis-Investmentbetrugsfälle der letzten Jahre erschüttert worden, der Anleger in mehreren Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...