Gold genießt unter vielen Anlegern einen guten Ruf. Das Edelmetall gilt als extrem sichere Geldanlage, die in 6000 Jahren noch nie wertlos wurde.
Auch Gold-ETCs sind populär – also börsengehandelte Wertpapiere, die häufig mit physischen Goldbeständen besichert sind. Allein in Xetra-Gold stecken über 12 Milliarden Euro (ISIN: DE000A0S9GB0). In Euwax Gold und Euwax Gold II sind es insgesamt fast 2 Milliarden Euro (ISIN: DE000EWG0LD1 und DE000EWG2LD7).
ETC-Anleger sind nicht Eigentümer des Goldes
Gold-ETCs sind rechtlich gesehen Inhaberschuldverschreibungen. Anleger sind nicht Eigentümer des Goldes, sondern werden zum Gläubiger des ETC-Emittenten und haben einen Anspruch auf Lieferung des Goldes. Das hinterlegte Gold zählt also nicht als Sondervermögen. Würde der Emittent bankrott gehen, würde es in die Konkursmasse fließen.ETC-Gläubiger wären anderen Gläubigern des Unternehmens gleichgestellt und würden nicht vorrangig ausbezahlt, erklärt die Verbraucherzentrale. Anleger müssten daher darauf vertrauen, dass das Spiel mit den Finanzgeschäften dauerhaft funktioniere. „Auch wenn das in der Vergangenheit gut funktioniert haben mag, ist unsicher, ob dies bei Verwerfungen an den Finanzmärkten auch weiterhin so läuft.“
Um das Insolvenzrisiko zu minimieren, widmen sich manche ETC-Anbieter bloß einer einzigen Tätigkeit – den Geschäften rund um den jeweiligen ETC. Das gilt etwa für die Deutsche Börse Commodities GmbH (Xetra-Gold) und die Börse Stuttgart Securities GmbH (Euwax und Euwax II).
Außerdem ist das Gold kaum versichert. Bei Xetra-Gold beträgt die Versicherungssumme 125 Millionen Euro – bei Goldvermögen von 12,5 Milliarden Euro. Bei Euwax II sind es 150 Millionen Euro bei 1,2 Mrd. Euro Goldvermögen, wie aus den Produkt-Internetseiten hervorgeht.
Würde das Gold gestohlen werden – etwa während eines Strom-Blackouts, einer ausländischen Invasion oder einer Naturkatastrophe – würde die Versicherungssumme nicht alle Verluste decken.
Ein Sprecher der Deutschen Börse erklärte auf DWN-Nachfrage dazu, die Versicherungssumme würde in Abstimmung mit Sicherheitsbehörden und der Versicherungsgesellschaft festgelegt. „Im Rahmen dieser Konsultationen werden alle denkbaren Szenarien analysiert und ein Schadenswert ermittelt, aus dem sich die letztendliche Versicherungssumme ergibt.“ Außerdem betont der Anbieter auf der Internetseite, das Gold befinde sich im deutschen Zentraltresor für Wertpapiere, „in dem Werte über mehrere Billionen Euro verwahrt werden“.
Gold ist nicht komplett versichert
Die Versicherung deckt nicht alle Risiken ab. Etwa sind bei Euwax II Verluste und Schäden nicht versichert, die direkt oder indirekt auf einen Krieg, Aufstände, Revolutionen, Bürgerkrieg oder andere Unruhen zurückzuführen sind (Basisprospekt vom 19. April 2021, Seite 12). Auch Kontamination durch Radioaktivität – etwa durch einen AKW-Unfall oder eine Kriegshandlung – ist nicht abgedeckt (Seite 12).
Bei einem Gold-ETC von Invesco ist die Verwahrstelle nicht verpflichtet, das Gold zu versichern (ISIN: XS2183935274). Zwar habe die Verwahrstelle im Rahmen einer Vereinbarung zugestimmt, das Gold zu versichern, heißt es weiter auf Seite 32 des Prospekts vom 23. Juni 2023. Allerdings müsse weder die Verwahrstelle noch die Emittentin sicherstellen, „dass angemessene Versicherungsvereinbarungen getroffen wurden (...) und sind auch nicht verpflichtet, diesbezüglich Nachforschungen anzustellen“. Daher könne die Versicherungssumme im Ernstfall nicht ausreichen.
Bei Xetra-Gold sind 5 Prozent des Goldes nicht physisch hinterlegt, sondern Lieferforderungen gegen den Barrenhersteller Umicore. Diese Lieferansprüche sind unbesichert, wie aus dem Prospekt hervorgeht. Anleger tragen also ein zusätzliches Gegenparteirisiko: Würde Umicore bankrott gehen, drohen Verluste.
Ein weiteres Risiko: Die Anbieter, die Verwahrstelle oder eine dritte Partei überprüfen das gelieferte Gold regelmäßig nicht auf Echtheit. Bei Xetra-Gold haftet der Lieferant Umicore für Echtheit und Feingehalt – und zwar in unbegrenzter Höhe bei grober Fahrlässigkeit und bis zu 500.000 Euro pro Jahr bei einfacher Fahrlässigkeit (Seite 25). Die Anbieter betonen, es würden bloß Barren gekauft, die dem Regelwerk der LBMA entsprechen und von LBMA-kontrollierten Herstellern und Raffinerien stammten.
Rechtsrisiko bei Ausland-ETCs
Wenn es zu Rechtsstreitigkeiten kommt und der ETC seinen Sitz im Ausland hat, kann das für Anleger rasch aufwendig und teuer werden. Sie müssen sich an ein Gericht im Domizilland des ETC wenden. Etwa gilt das für den 13,4 Mrd. Euro schweren Invesco Physical Gold, der in Irland ansässig ist (Prospekt Seite 44).
Beim Invesco-ETC darf die Verwahrstelle außerdem Unterverwahrstellen beauftragen, die sich um die Lagerung kümmern (Seite 32). Solange die Verwahrstelle dabei ausreichende Sorgfalt walten lässt und nicht boshaft oder fahrlässig handelt, muss sie für Verluste durch Fehlerverhalten der Unterstelle nicht haften.
Die Auslieferung physischen Goldes – etwa in einer Krise – könnte sich für manche Anleger schwierig gestalten. Wer etwa im Ausland wohnt, bei dem können relativ hohe Kosten anfallen. Zudem sind ETC-Investoren auf die Mitarbeit der eigenen Depotbank angewiesen: Diese muss den Auslieferungsantrag absenden. Bei Xetra-Gold wird das physische Gold nur an eine Bankfiliale geliefert. Bei Euwax II ist die Lieferung an die Privatadresse des Anlegers möglich.
Nicht alle Depotanbieter übernehmen die Antragsstellung. Etwa ist das bei der ING für Xetra-Gold nicht möglich, aber für Euwax II, wie eine DWN-Nachfrage ergibt. Eine Sprecherin von Scalable Capital lässt auf DWN-Anfrage offen, ob Kunden des Neobrokers einen entsprechenden Antrag stellen können. Kunden könnten direkt auf den Emittenten zugehen, erklärt sie. Letzteres ist aber zumindest bei den großen ETCs aus Deutschland nicht möglich.
Die Verbraucherzentrale mahnt denn auch zur Vorsicht. „Lesen Sie daher unbedingt den Verkaufsprospekt des ETC, in den Sie investieren wollen. Dieser enthält einen ausführlichen Abschnitt mit meist mehreren Seiten Umfang zu Risikohinweisen“, heißt es auf der Internetseite.