Politik

Deutsche Batterie-Industrie schreibt Brandbrief an die Bundesregierung

Lesezeit: 4 min
07.02.2024 07:15
Die deutsche Batterie-Industrie und ihr vorgeschaltete Forschungseinrichtungen sorgen sich um ihre Zukunft. Ein Brandbrief an die Regierung soll ihre Warnungen unterstreichen.
Deutsche Batterie-Industrie schreibt Brandbrief an die Bundesregierung
Die deutsche Batterie-Industrie sorgt sich um ihre Zukunft. Ein Brandbrief an die Regierung soll ihre Warnungen unterstreichen. (Foto: dpa)
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Die deutsche Batterie-Industrie sowie in diesem Bereich tätige Forschungseinrichtungen haben in einem an die Bundesregierung versendeten Brandbrief vor schweren Rückschlägen gewarnt.

Wie das Portal E-Fahrer berichtet, warnt das „Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KliB)“ darin vor einem „Ende der deutschen Batterieforschung“, das KliB sieht „dramatische Konsequenzen für den Hightech-Standort Deutschland“. Die Abhängigkeit der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft hin zur CO2-Neutralität werde so von außereuropäischen Unternehmen „zementiert“.

„Muss die deutsche Batterieindustrie dasselbe Schicksal ereilen wie vor Jahren die deutsche Solarindustrie?“, zitiert das Handelsblatt den Vorstandsvorsitzenden von Customcells. „Wenn Batteriezellen zur Schlüsselindustrie werden sollen, brauchen wir Verlässlichkeit in der Politik, Forschungsförderung, Investitionsunterstützung und einen ganzheitlichen Plan.“

Adressiert ist der Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Finanzminister Christian Lindner.

Gelder werden gestrichen

Auslöser für den Protest der Branche ist der Beschluss der Regierung, Subventionen im Gesamtumfang von 155 Millionen Euro zu streichen, mit denen der Aufbau einer leistungsfähigen Produktions- und Forschungsinfrastruktur im Bereich der Batterien gefördert werden sollte.

KliB spricht davon, dass dadurch etwa drei Viertel aller Fördergelder wegfallen würden. Frank Blome, Vorstandsvorsitzender des VW-Batterieunternehmens Powerco, nennt den Wegfall der Gelder einen „harten Schlag“.

Der Interessenverband warnt in dem Schreiben, dass die Streichung der Subventionen zum Ende der hiesigen Strukturen führen könnte, welche in den vergangenen 15 Jahren von der Politik mit großem finanziellen Aufwand aufgebaut worden seien.

Deutschland droht Anschluss zu verlieren

Deutschlands Batterie-Industrie befindet sich in einem umkämpften globalen Marktumfeld und muss sich gegen mehrere gewichtige Wettbewerber durchsetzen – allen voran die USA, China und Südkorea.

Alle drei Länder haben ihre Forschungsausgaben in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Beispielsweise soll der größte Batterieproduzent der Welt, der chinesische Konzern CATL, im Jahr 2022 rund zwei Milliarden Euro für die Weiterentwicklung von Akku-Technologien ausgegeben haben.

Asiatische Unternehmen verfügen über eine gewisse Dominanz in der Branche und sollen Schätzungen zufolge für rund 90 Prozent des weltweiten Batterie-Outputs verantwortlich sein. China hat es geschafft, eine integrierte Lithium-Wertschöpfungskette in diesem Sektor aufzubauen, welche sich vom Abbau des Rohstoffes bis zur Raffinierung erstreckt.

Krise bei E-Autos belastet

Bemerkenswert ist, dass die Investitionen zum Aufbau einer deutschen Batterie-Industrie letztendlich Folge der politischen Entscheidung von Bundesregierung und EU-Kommission war, den alternativen Verbrennerantrieb zu verbieten und mit Blick auf die Zukunft nur noch auf Elektroautos zu setzen.

Seitdem die Bundesregierung aber auch die Subventionen für den Verkauf von E-Autos angesichts der selbst hervorgerufenen Haushaltskrise kurzerhand beendet hat, brechen die Verkaufszahlen ein. Damit bröckelt das ökonomische Fundament der ganzen Industrie.

VW mit Problemen in Batteriesparte?

Derweil könnte Europas größter Autobauer Volkswagen bei der Suche nach Investoren für seine Batteriesparte laut unbestätigten Informationen mehr Zeit brauchen. Die Aussichten für die Geschäfte mit Elektroautos hätten sich abgekühlt und VW verschiebe die Suche nach Geldgebern nach hinten, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg Ende Januar unter Berufung auf informierte Personen.

Der Konzern widersprach diesem Eindruck. Man wolle beim Finanzierungsplan für den Aufbau des Geschäfts der Batterietochter PowerCo bleiben und ab diesem Jahr Geldgeber von außen suchen. Das Interesse von Investoren bleibe hoch, ein Börsengang sei eine Option für die Zukunft, so Volkswagen.

Einen konkreten Zeitpunkt für einen möglichen IPO (Initial Public Offering - Erstemission) hatte VW bisher nicht genannt. Die Wolfsburger räumten allerdings ein, dass die Marktbedingungen sich in den vergangenen Jahren „dynamisch“ entwickelt hätten. Der Hochlauf bei Elektroautos sei stetig, aber nicht so steil wie erwartet. Zudem schwankten Rohmaterialpreise in bedeutendem Maße.

Am Aktienmarkt geht derzeit die Sorge um, dass sich die hohen Investitionen in den Hochlauf von Elektroautos erst deutlich später als geplant auszahlen könnten. Wegen eines mauen Anlegerinteresses blies etwa ebenfalls Ende Januar der französische VW-Rivale Renault den ins Auge gefassten Börsengang seiner Elektroauto- und Softwaresparte Ampere ab.

Derzeit baut VW drei eigene Batteriezellfabriken auf, in Salzgitter, in Spanien und in Kanada. Das Produktionsnetzwerk soll mit einer günstigeren Standardzelle den Grundstock bilden für die Elektroautos des Konzerns im Massensegment. Es gebe allerdings Zweifel, ob VW die eigenen Batterien in der nötigen Größenordnung herstellen könne, um sie entsprechend günstig zu machen, hieß es bei Bloomberg weiter von namentlich nicht genannten Quellen. In diesem und dem kommenden Jahr hätten externe Investoren oder ein Börsengang der PowerCo keine Priorität mehr.

Das Unternehmen PowerCo betonte hingegen, es sei auf dem richtigen Weg, die angepeilte Kostenreduktion für die Batterie von bis zu 50 Prozent zu erreichen. Die Produktion in den eigenen Batteriezellfabriken solle 2025 starten. Mit der sogenannten Einheitszelle und dem Standardfabrikkonzept sei die technologische Grundlage für eine robuste und wettbewerbsfähige Produktion gelegt. Darüber hinaus habe sich das Unternehmen bereits einen bedeutenden Teil der nötigen Rohstoffe gesichert.

Investition in Deutschland – mit massiven Subventionen

In den vergangenen Jahren hatten mehrere Unternehmen angekündigt, in Deutschland Produktionskapazitäten aufzubauen. Deren Standorte konzentrieren sich auf Süd- und Mitteldeutschland, wie aus einer Grafik hervorgeht.

Die bedeutendsten Firmen in diesem Zusammenhang sind sicherlich die deutschen Autobauer Mercedes-Benz, BMW, Volkswagen und Porsche sowie CATL und Tesla.

Mitte Januar kündigte überdies der schwedische Batterie-Hersteller Northvolt den Bau einer neuen Fabrik im schleswig-holsteinischen Heide an. 3.000 Arbeitsplätze sollten dadurch entstehen, zudem Tausende weitere Stellen bei Zulieferern und Dienstleistungsunternehmen, wie die Firma verspricht.

Ein entsprechender Vertrag zur Durchführung des Großprojekts sei unterzeichnet worden. "Um mit dem Bau der Fabrik beginnen zu können, fehlen nun noch die Satzungsbeschlüsse beider Gemeinden und die Baugenehmigungen der zuständigen Behörden." Der Bau solle zeitnah starten, nachdem die zuständigen Behörden ihre Baugenehmigung erteilt und die betroffenen Gemeinden ihre Satzungsbeschlüsse realisiert haben.

Laut EU-Kommission wird das Werk in Heide Batterien für 800.000 bis zu einer Million E-Autos pro Jahr herstellen können. 2026 soll die Fertigung starten und 2029 die volle Kapazität erreichen.

Mit dem in der Region vorherrschenden Strom aus Windkraft will das Unternehmen Batteriezellen produzieren. Diese sollen dann in Elektroautos verbaut werden. Northvolt zählt unter anderem BMW, Volkswagen und Scania zu seinen Kunden.

Der Hauptgrund für die Niederlassung Northvolts dürften aber die umfangreichen Subventionen sein, welche die EU-Kommission bereits genehmigt hat. Diese summieren sich auf insgesamt 902 Millionen Euro - 700 Millionen davon sind Zuschüsse, 202 Millionen Garantien. „Wir haben eine Investitionsschwäche in Deutschland“, so Habeck. Solche Subventionen würden angesichts der angespannten Haushaltslage künftig aber schwieriger.


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