Politik

Scholz und Biden bekräftigen Hilfe für die Ukraine

US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz (SPD) haben sich bei ihrem Treffen in Washington für weitere Militärhilfen für die Ukraine stark gemacht. Beide warnten nach ihrem Gespräch im Weißen Haus vor einem Scheitern der Hilfen im US-Kongress. Biden sagte, dies käme „krimineller Nachlässigkeit" gleich. Und Scholz mahnte: Ohne amerikanische Hilfe sei die Ukraine nicht zu verteidigen.
10.02.2024 17:13
Lesezeit: 3 min
Scholz und Biden bekräftigen Hilfe für die Ukraine
Bundeskanzler Scholz bei seinem Treffen mit US-Präsident Biden im Weißen Haus. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Ungewöhnliches widerfuhr Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Rückkehr nach Berlin. Er bekam ein seltenes Lob für seine Reise nach Washington von Oppositionsführer Friedrich Merz. „Es war wichtig zu hören, dass US-Präsident Biden und Bundeskanzler Scholz sich so deutlich zur Unterstützung der Ukraine geäußert haben", sagte der CDU/CSU-Fraktionschef der Zeitung „Bild am Sonntag". Auch für Europas Freiheit und Sicherheit sei es überlebenswichtig, dass die von Russland angegriffene Ukraine weiterhin mit Ausrüstung, Waffen und Geld unterstützt werde.

Die Probleme der größten Waffenlieferanten

Die USA und Deutschland sind die mit Abstand wichtigsten Waffenlieferanten für die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland. Scholz beziffert den Wert der von Deutschland gelieferten und zugesagten Rüstungsgüter auf mehr als 30 Milliarden Euro. Die USA geben den Umfang ihrer Militärhilfe mit 44 Milliarden US-Dollar (rund 41 Milliarden Euro) an.

Sowohl Scholz als auch Biden haben gerade auf unterschiedliche Weise damit zu kämpfen, die Hilfe aufrechtzuerhalten. Der Kanzler hat zu Jahresanfang eine Initiative gestartet, um die EU-Partner - vor allem wirtschaftsstarke Länder wie Frankreich, Spanien und Italien - zu mehr Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte zu bewegen. Der Erfolg ist bisher mäßig.

Biden wiederum versucht seit Monaten, neue Milliarden-Hilfen für Kiew durch den Kongress zu bringen. Die Republikaner von Ex-Präsident Donald Trump blockieren das jedoch. Zuletzt signalisierten sie zwar zumindest im Senat etwas Bereitschaft, sich zu bewegen. Doch eine Lösung ist noch lange nicht in Sicht. Am Donnerstag hatte ein neues Gesetzespaket, das unter anderem 60 Milliarden Dollar (56 Milliarden Euro) für die Ukraine vorsieht, eine erste formale Hürde im Senat genommen. Noch laufen Verhandlungen dazu, und eine finale Abstimmung im Senat steht aus. Ob das Paket dort durchkommt - und vor allem, ob es in der anderen Parlamentskammer, dem Repräsentantenhaus, Chancen hat - ist aber völlig offen.

Scholz wirft Putin Lüge vor

Angesichts der monatelangen innenpolitischen Blockade in den USA werden derzeit schon minimale Bewegungen als Fortschritt gewertet. Auch Scholz bemühte sich, Zuversicht zu verbreiten. Der Kanzler sagte nach dem Gespräch mit Biden, der US-Präsident und er seien beide fest davon überzeugt, dass neue US-Hilfen kommen müssten, „aber auch zuversichtlich, dass der amerikanische Kongress am Ende eine solche Entscheidung treffen wird".

Er betonte, dies wäre dann auch die richtige Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Dass seine Hoffnung vergeblich ist, dass er einfach nur lange genug warten muss, bis die Unterstützungsbereitschaft der Freunde der Ukraine in Europa und Nordamerika und anderswo nachlässt." Erneut kritisierte er Putin für das „lächerliche Interview" des US-Talkmasters Tucker Carlson, dass während des Scholz-Besuchs gesendet wurde. „Er erzählt immer wieder Lügen über die Geschichte des Krieges."

Biden lobte den Beitrag Deutschlands für die Ukraine. An Scholz gerichtet sagte er: „Sie haben etwas getan, von dem niemand dachte, dass es gelingen könnte: Sie haben die deutsche Militärhilfe für die Ukraine in diesem Jahr verdoppelt." Die USA müssten nun ihren Beitrag leisten.

Die andere Krise im Nahen Osten

Bei dem Gespräch der beiden im Oval Office der US-Regierungszentrale, das etwa eine Stunde und 45 Minuten dauerte, sprachen Biden und Scholz auch über die Krise im Nahen Osten. Der Kanzler forderte Israel im Anschluss auf, bei seiner Militäroperation im Gazastreifen das Völkerrecht im Blick zu behalten. Auf eine Frage nach der von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angeordneten Militäroperation in der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten sagte er: „Die Art der Kriegführung muss den Ansprüchen, die Israel an sich selber hat, aber die das Völkerrecht auch mit sich bringt, entsprechen."

Aus dem Weißen Haus hieß es nach dem Treffen, dass Biden und Scholz „die Bemühungen, eine regionale Eskalation im Nahen Osten zu verhindern", erörtert und ihr Bekenntnis zum Recht Israels auf Selbstverteidigung im Einklang mit dem Völkerrecht bekräftigt hätten. „Sie unterstrichen auch die Notwendigkeit, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu schützen und die Lieferungen lebensrettender humanitärer Hilfe zu erhöhen."

Eine Militäroffensive in Rafah, das ganz im Süden des Gazastreifens liegt und an Ägypten grenzt, gilt als hochproblematisch. In dem Ort, der vor dem Krieg rund 300 000 Einwohner hatte, sollen sich derzeit 1,3 Millionen Menschen aufhalten. Die meisten von ihnen flohen vor dem Krieg aus anderen Teilen des Gazastreifens dorthin, zum Teil auf Anordnung des israelischen Militärs.

Deutliche Töne aus den USA

Auch Biden und sein Außenminister Antony Blinken hatten zuletzt zunehmend deutliche Töne gegenüber Israel angeschlagen und die dortige Führung eindringlich ermahnt, im Gaza-Krieg mehr für den Schutz von Zivilisten zu tun. Die hohe Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg und die humanitäre Katastrophe für die palästinensische Zivilbevölkerung durch den Konflikt haben international scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst.

Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der Hamas in Israel ein verheerendes Massaker vor allem an Zivilisten angerichtet. Seitdem führt Israel Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...