Unternehmen

Deutsche Solarindustrie vor dem Aus?

Der deutschen Solarindustrie droht aufgrund des Wettbewerbsdrucks durch chinesische Hersteller der Zusammenbruch. Solarwatt, ein großer Modulhersteller, hat davor gewarnt, dass er die Produktion in naher Zukunft aufgrund des kontinuierlichen Zustroms von Billigmodulen aus China einstellen muss. Das Unternehmen erwägt derzeit die Schließung seiner Fabrik und prüft verschiedene Szenarien, die von der Politik unterstützt werden.
11.02.2024 09:06
Lesezeit: 2 min
Deutsche Solarindustrie vor dem Aus?
Arbeiter montieren Solarmodule für die Floating PV-Anlage auf dem Cottbuser Ostsee. Die deutsche Solarindustrie muss sich chinesischen Dumpingattacken erwehren. (Foto: dpa). Foto: Frank Hammerschmidt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stammen 87 Prozent der nach Deutschland importierten Photovoltaikanlagen aus China. Diese Situation hat in den letzten Monaten zu einem erheblichen Preisverfall bei Solaranlagen geführt, was die europäischen Solarhersteller vor weitere Schwierigkeiten stellt. Der Importwert von Photovoltaikanlagen war im Jahr 2022 mehr als doppelt so hoch wie der Exportwert dieser Waren aus Deutschland. Wichtigste Abnehmer deutscher Anlagen sind andere europäische Staaten wie Österreich, die Niederlande und Italien.

Die Preise chinesischer Photovoltaikanlagen lagen auch in der Vergangenheit bereits 20 bis 40 Prozent unter den europäischen Preisen. Neuerdings verkaufen die asiatischen Anbieter jedoch ihre Anlagen noch einmal um 20 Prozent unter ihren Produktionskosten. Dadurch seien die Preise für die Anlagen in den vergangenen 6 Monaten um 50 Prozent gefallen, wie der Solarwatt-Chef mitteilte. Bei diesen Wettbewerbsbedingungen ist es für europäische Hersteller unmöglich, mitzuhalten.

Weiterer verbleibender Solarhersteller schließt Werk

Auch Meyer Burger, der letzte verbleibende Solarhersteller in Deutschland, hat angekündigt, dass er sein Werk in Freiberg womöglich schließen muss. Grund sind auch hier die Auswirkungen der Marktverzerrung in Europa, die vor allem durch ein Überangebot an billigen chinesischen Importen verursacht wird. Das Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz bereitet sich derzeit darauf vor, die Modulproduktion in Deutschland einzustellen, um die Umsatzverluste in der EU zu verringern.

Dieser Schritt ist das Ergebnis von Verlusten in Höhe von mindestens 126 Millionen Schweizer Franken (220 Millionen Dollar). Das Unternehmen plant, das Werk in Freiberg Anfang April 2024 zu schließen, wovon rund 500 Mitarbeiter betroffen wären.

Politische Maßnahmen sind gefragt – Nachfrage bleibt hoch

Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Nachfrage nach Solarmodulen hoch. Im Jahr 2023 wurden über eine Million neue Solaranlagen zur Strom- oder Wärmeerzeugung installiert. Für 2024 rechnet der Branchenverband BSW Solar noch mit einer anhaltend hohen Nachfrage, aufgrund steigender Strompreise und attraktiver Förderkonditionen. Sollten sich die aktuellen Trends jedoch fortsetzen, ohne dass die Politik substanziell eingreift, könnte dies schwerwiegende Folgen für die Solarindustrie in Europa haben, bis hin zum völligen Fehlen einer bedeutenden produzierenden Industrie.

Obwohl Bundeswirtschaftsminister Habeck bereits ein neues Solarförderpaket angekündigt hat und auch Bemühungen von Initiativen wie der European Solar PV Industry Alliance (ESIA) laufen, steht fest: Eine Solaranlage ohne chinesische Technologie ist heutzutage kaum vorstellbar.

Solarwatt, wie andere europäische Solarhersteller auch, hat die Politik aufgefordert, die Branche zu unterstützen. Sie solle Maßnahmen ergreifen, um die Forschung, Entwicklung und Produktion im Bereich erneuerbarer Energien in Europa zu fördern. Alleine mit Subventionen wird das Problem allerdings nicht zu lösen sein.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

 

 

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten für Ukraine? Europäer bieten Schutztruppe an
16.12.2025

Eine Schutztruppe für die Ukraine? Bundeskanzler Merz und europäische Staatschefs haben einen Plan vorgestellt. Doch wie reagieren die...

DWN
Politik
Politik Bundestag Offline: Internet-Ausfall im Bundestag - kein russischer Cyberangriff
16.12.2025

Das Computernetzwerk des Deutschen Bundestags war flächendeckend ausgefallen. Da das Problem ungefähr zeitgleich mit dem Besuch des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rückstand bei Bezahlung: Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer
16.12.2025

Hartnäckig hält sich der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Nur ein Teil der Lohnlücke ist erklärbar.

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalwährung: EU-Finanzminister beschließen digitalen Euro
16.12.2025

Der „Digitale Euro“ soll ab 2029 Realität werden: Die Pläne für eine Digitalwährung in der Euro-Zone schreiten voran. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rentenkommission startet: Experten sollen Reform ohne feste Vorgaben prüfen
16.12.2025

Nach langem Hin und Her um das erste Rentenpaket nimmt ein neues Gremium seine Arbeit auf. Die Kommission aus Fachleuten soll Vorschläge...

DWN
Panorama
Panorama Corona-Impfschäden: Wann haften Hersteller für Gesundheitsfolgen?
16.12.2025

Kopfschmerzen, Fieber oder sogar Hörverlust – treten nach einer Corona-Impfung gesundheitliche Probleme auf, suchen Betroffene häufig...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...