Politik

Nach Trump-Schock: Diskussionen um mögliche EU-Atomwaffen entbrannt

Lesezeit: 2 min
14.02.2024 08:54  Aktualisiert: 14.02.2024 08:54
Deutschland beginnt allmählich zu begreifen, dass das Land sich selbst verteidigen lernen muss. Der langjährige Schutzschirm durch das Abschreckungspotenzial der USA könnte bei einem erneuten Wahlsieg Donald Trumps löchrig werden. Deshalb hat nun eine Diskussion darüber begonnen, ob nicht auch die Bundesrepublik Atomwaffen benötigt zum glaubwürdigen Schutz vor möglichen Bedrohungen.
Nach Trump-Schock: Diskussionen um mögliche EU-Atomwaffen entbrannt
Greenpeace-Protestaktion gegen Nuklearwaffen 2020: Damals schien die Welt noch in Ordnung. Plötzlich wird wieder von Russland offen mit Atomangriffen gedroht. (Foto. dpa)
Foto: Thomas Frey

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Aus der Union kommen Unverständnis und Ablehnung für die Äußerungen der SPD-Spitzenkandidatin bei der Europawahl, Katarina Barley, über mögliche EU-Atomwaffen. "Die Diskussion um eine europäische nukleare Abschreckung erfolgt derzeit völlig im luftleeren Raum", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul (CDU) am Mittwoch früh. "Es fehlt derzeit jede politische, strategische, technische und finanzielle Grundlage für ein solches Ziel."

Barley hatte in einem Interview wegen der jüngsten Äußerungen des US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump die Verlässlichkeit des US-Atomwaffen-Schutzschirms in Zweifel gezogen. Zur Frage, ob die EU eigene Atombomben brauche, sagte sie: "Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das ein Thema werden. Trump, der derzeit Wahlkampf für eine zweite Amtszeit macht, hatte am Wochenende bei einem Auftritt deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. Trump wird deswegen vorgeworfen, der auf dem Prinzip Abschreckung beruhenden Nato schweren Schaden zuzufügen.

Auch die Spitzenkandidatin der FDP für das Europa-Parlament, Agnes Strack-Zimmermann, hat sich klar positioniert: Das Thema gehöre ihrer Meinung nach "nicht in die öffentliche Diskussion". Sie stellt sich damit gegen ihren eigenen Partei-Chef Christian Lindner, der sich bereit zeigt, das Thema Atomwaffen in Europa "unter dem Dach der Nato weiterzudenken".

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Mittwoch, die französischen und die britischen Atomwaffen seien bereits jetzt gemeinsam mit den amerikanischen Atomwaffen Teil des Abschreckungspotentials der Nato. "Es gibt die Nato, wir glauben an die Nato und auch an all das, was an Beistandsgarantien mit der Nato verbunden ist. Das enthebt uns nicht der Aufgabe, immer wieder zu prüfen, ob wir richtig aufgestellt sind und welche Entscheidungen wir für die Zukunft treffen müssen. Hebestreit warnte davor, "Äußerungen von Männern und Frauen, die sich im Wahlkampf befinden und auch um Aufmerksamkeit buhlen, an dieser Stelle überzubewerten".

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich gegen ein zusätzliches System der atomaren Abschreckung in Europa ausgesprochen. «Wir haben die nukleare Abschreckung der Nato und diese bietet den Nato-Verbündeten seit Jahrzehnten die ultimativen Sicherheitsgarantien», sagte der Norweger am Rande von Beratungen der Verteidigungsminister der Bündnis-Mitglieder in Brüssel. Es gelte dafür zu sorgen, dass das funktionierende System sicher und zuverlässig bleibe. Dessen Glaubwürdigkeit dürfe nicht ausgehöhlt werden.

Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel von der SPD gibt sich derweil geläutert: "Ich hätte nie gedacht, dass ich darüber mal nachdenken muss. Aber Europa braucht eine glaubwürdige Abschreckung. Dazu gehört eine gemeinsame nukleare Komponente", schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag für die Illustrierte "stern". Der amerikanische Schutz werde absehbar enden, die Debatte darüber, woher der Ersatz kommen soll, müsse jetzt beginnen. "Wenn wir diese Frage nicht beantworten, werden anderes es tun. Zum Beispiel die Türkei. Das kann nicht unser Interesse sein."

Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen wollte sich gar nicht erst auf eine inhaltliche Debatte über die Äußerungen von Barley einlassen. Er sagte: "Dieser Vorschlag ist in jeder Hinsicht, rechtlich, europa- und sicherheitspolitisch, nicht von dieser Welt. Jeder weitere Satz der Kommentierung wäre zu viel." (dpa)


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