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Unternehmensnachfolge: Die rechtlichen und steuerlichen Fallstricke

Lesezeit: 2 min
15.02.2024 09:05  Aktualisiert: 15.02.2024 09:05
Die Unternehmensnachfolge ist ein wichtiger Schritt in der Lebensdauer eines Unternehmens. Sie bezeichnet den Prozess, bei dem die Führung und die Eigentumsverhältnisse eines Unternehmens von einer Generation zur nächsten übertragen werden. Dieser Schritt ist mit Herausforderungen und rechtlichen Aspekten verbunden, die sorgfältig berücksichtigt werden müssen.
Unternehmensnachfolge: Die rechtlichen und steuerlichen Fallstricke
Bei der Unternehmensnachfolge sind viele Aspekte zu berücksichtigen. (Foto: dpa)
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Nach einer Schätzung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sind bundesweit jährlich fast 80.000 Unternehmen vom Generationenwechsel betroffen. Doch nur ein Viertel der Unternehmer hat sich bisher mit der Frage der Unternehmensnachfolge beschäftigt. So schließen jährlich über 2.000 Unternehmen, weil die Unternehmensnachfolge nicht oder nur unzureichend geregelt ist. Für Sie als Steuerberater bietet sich hier ein riesiges Beratungspotenzial: Mit Ihrem Mandanten können Sie eine Vielzahl von steuerlichen, gesellschaftsrechtlichen und erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten planen und umsetzen. Denn fehlen entsprechende privatrechtliche Regelungen, treten im Todesfall gesetzliche Regelungen in Kraft – mit oft unerwünschten Auswirkungen.

Planung ist der Schlüssel

Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge erfordert eine gründliche Planung und beginnt nicht selten mit einer Unternehmensbewertung, um Chancen und Risiken der Unternehmung sichtbar zu machen und eine Einschätzung über einen realistischen Wert des eigenen Unternehmens zu haben. Dies beinhaltet nicht nur die Identifizierung eines geeigneten Nachfolgers, sondern auch die Festlegung des Zeitpunkts der Übergabe sowie die Entwicklung eines klaren Plans zur Übertragung von Führungsaufgaben und Eigentum.

Rechtliche Aspekte

Bei der Unternehmensnachfolge sind verschiedene rechtliche Aspekte zu beachten. Hier sind einige wichtige Punkte:

Unternehmensstruktur: Vor der Nachfolge muss die aktuelle Unternehmensstruktur überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dies kann Änderungen in der Rechtsform des Unternehmens oder der Eigentumsstruktur umfassen. Hierbei ist unter anderem Folgendes zu bedenken: Soll nur der Geschäftsbetrieb, die Kunden, einzelne Güter übertragen werden oder vielleicht eine komplette Struktur, welche Vor- und Nachteile bieten welche Rechtsformen für eine Unternehmensübertragung.

Verträge und Vereinbarungen: Alle bestehenden Verträge und Vereinbarungen des Unternehmens müssen überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie mit der geplanten Nachfolge im Einklang stehen. Dies kann beispielsweise Miet- oder Lieferverträge, Kundenvereinbarungen, betriebliche Altersvorsorge und Arbeitsverträge umfassen. Gerade Arbeitsverhältnisse gehen nach § 613a BGB auf den Erwerber in der Regel über. Käufer und Verkäufer von Unternehmen haben bei der Transaktion teilweise gegensätzliche Interessen. Diese finden sich auch im Kaufvertrag wieder. In diesem rechtlichen Rahmen erwarten Unternehmenskäufer von den Verkäufern für unterschiedliche Sachverhalte Garantien – beginnend mit der Verfügungsberechtigung über die Gesellschaftsanteile, die ordnungsgemäße Aufstellung der Jahresabschlussberichte, das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum des aktivierten Vermögens zur Offenlegung von Prozessen, Schiedsverfahren und behördlichen Verfahren sowie die Offenlegung wichtiger Verträge sowie insbesondere auch die Vollständigkeit der Informationen im Datenraum.

Steuerliche Implikationen: Die Unternehmensnachfolge kann erhebliche steuerliche Auswirkungen haben, sowohl für das Unternehmen selbst als auch für den Übergeber und den Nachfolger (z.B. Schenkungssteuer bei unentgeltlicher Übertragung an die Kinder). Es ist wichtig, die steuerlichen Implikationen der Nachfolge im Voraus zu verstehen und gegebenenfalls eine steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Ggf. sollten auch bilanzielle Bewertungs- und Bilanzierungsspielräume zur Liquiditätssicherung ermittelt werden.

Erbrechtliche Aspekte: Bei der Nachfolgeplanung müssen auch erbrechtliche Aspekte berücksichtigt werden, insbesondere wenn das Unternehmen Teil eines Nachlasses ist. Die Gestaltung eines klaren Testaments oder einer Unternehmensnachfolgevereinbarung kann helfen, Streitigkeiten und Unsicherheiten zu vermeiden.

Regelungen für den Nachfolger: Der Nachfolger muss möglicherweise bestimmte Anforderungen erfüllen, um die Führung des Unternehmens zu übernehmen. Dies kann die Erfüllung bestimmter Qualifikationen, die Zustimmung anderer Anteilseigner oder die Einhaltung bestimmter rechtlicher Anforderungen umfassen. Statt einer vollständigen Übertragung kann auch zunächst eine Beteiligung erfolgen – auch hier stellen sich unterschiedliche Fragestellungen ob die Beteiligung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen soll, welche Beteiligungsquote sinnvoll ist, wie Gewinn- und Stimmrechte verteilt werden sollen, wie Geschäftsführungsbefugnisse definiert werden, wie wirtschaftliche Entscheidungskompetenzen definiert werden, welche Zuständigkeiten sich ergeben sollen, welche Restriktionen eingehalten werden müssen usw.

Kontinuität und Kommunikation

Eine reibungslose Unternehmensnachfolge erfordert eine klare Kommunikation und einen kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen dem Übergeber, dem Nachfolger und allen anderen Beteiligten. Dies hilft, Unsicherheiten zu reduzieren und einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten.

Insgesamt ist die Unternehmensnachfolge ein komplexer Prozess, der sorgfältige Planung und Beratung erfordert. Durch die Berücksichtigung der oben genannten rechtlichen Aspekte und Herausforderungen können Unternehmen einen erfolgreichen Übergang sicherstellen und die langfristige Kontinuität ihres Betriebs gewährleisten.

 

***

Martin Wrege ist Rechtsanwalt und Steuerberater in der Münchner Kanzlei KSW Legal GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft. Die Kanzlei berät Konzerne, mittelständische Unternehmen und Arbeitnehmer in Fragen in Zusammenhang mit Abfindung, Vorruhestand, Altersteilzeit und Transfergesellschaften.

 

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