Politik

US-Außenminister: Tod Nawalnys belegt „Schwäche und Fäulnis“ von Putins System

Der Tod des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny hat weltweit für große Bestürzung, teilweise auch für Empörung gesorgt. Der 47-jährige Nawalny war seit 2021 in Haft. Verurteilt wurde er wegen „Extremismus“ zu einer 30-jährigen Haftstrafe. Diesen Vorwurf hatte Nawalny stets zurückgewiesen.
16.02.2024 16:11
Aktualisiert: 16.02.2024 16:11
Lesezeit: 2 min
US-Außenminister: Tod Nawalnys belegt „Schwäche und Fäulnis“ von Putins System
Alexej Nawalny ist in der Haft in einer Strafkolonie 2000 Kilometer nördlich von Moskau gestorben. (Foto: dpa) Foto: Evgeny Feldman

Nach Angaben der russischen Gefängnisverwaltung soll – so die russische Nachrichtenagentur TASS – Nawalny sich nach einem kurzen Spaziergang unwohl gefühlt haben und sei kurz darauf in ein Koma gefallen. Herbeigerufene Notärzte konnten dann nur seinen Tod feststellen. Die Todesursache werde noch untersucht.

In den ersten politischen Reaktionen auf den Tod des weltweit bekannten Regimekritikers wurde die russische Staatsführung und teilweise Russlands Präsident Wladimir Putin direkt für den Tod Nawalnys verantwortlich gemacht. US-Außenminister Anthony Blinken sagte am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, Nawalnys Tod belege die „Schwäche und Fäulnis“ des von Putin aufgebauten Systems. Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski würdigte den Regimekritiker – dieser sei „ein Held und Symbol für alle russischen Demokraten“ gewesen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte bei einem Presseauftritt mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin, dass es Putin gleichgültig sei, wer sterbe; Putin gehe es nur um den Machterhalt.

Scharfe Reaktionen

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock erklärte, Nawalny sei wie kaum ein anderer „Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland“ gewesen und „genau deshalb musste er sterben“. Und Bundesfinanzminister Christian Lindner erklärte auf der Kurzmitteilungsplattform X: „Nawalny hat für ein demokratisches Russland gekämpft. Putin hat ihn dafür zu Tode gequält.“

Indes hat das russische Außenministerium westliche Anschuldigungen zum Tod des Regimekritikers Nawalny als „selbstentlarvend“ kritisiert. Die Sprecherin des russischen Außenamtes, Maria Sacharowa, sagte, dass der Westen bereits Schlussfolgerungen gezogen habe, bevor überhaupt die Todesursache Nawalnys bekannt sei.

Der Tod Nawalnys hat auch Auswirkungen auf den Finanzmärkten gehabt: Die russische Landeswährung Rubel wertete nach Bekanntwerden der Todesnachricht ab. Der Kurs fiel zum US-Dollar auf 93 Rubel.

Inzwischen wurde bekannt, dass der Anwalt Nawalnys sich auf den Weg in die Strafkolonie gemacht habe, in der Nawalny gestorben war. Diese Strafkolonie liegt 2000 Kilometer nördlich von Moskau.

Das Nervengift Novitschok

Nawalny war seit dem Januar 2021 in russischer Haft. Damals war er aus Deutschland zurückgekehrt, wo ihn Spezialisten der Berliner Charité nach einem Giftanschlag behandelt hatten. Nawalny war bei einem russischen Inlandsflug zusammengebrochen und ist dann zur Behandlung nach Deutschland ausgeflogen worden. In der Charité hatten Spezialisten im Zuge der Untersuchungen festgestellt, dass Nawalny mit Novitschok vergiftet worden war. Das Nervengift Novitschok ist noch in der Sowjetzeit entwickelt worden. Es ist ein hochwirksames Gift, das schon zuvor gegen Kritiker des Kremls oder Überläufer eingesetzt wurde. Im Falle Nawalnys hatte der Kreml stets bestritten, etwas mit dem Giftanschlag zu tun gehabt zu haben.

Nawalny war dann nach seiner Behandlung in Deutschland nach Russland zurückgekehrt, wo er gleich nach seiner Ankunft verhaftet und dann verurteilt worden war. Der Prozess selbst ist von Beobachtern als eine einzige Farce beschrieben worden, bei der die Verurteilung Nawalnys von Anfang an festgestanden habe. Eine anwaltliche Betreuung ist von den russischen Behörden systematisch verhindert worden. So habe es zuletzt kaum noch Kontakt zu Nawalny gegeben, zudem befinden sich drei seiner früheren Anwälte selbst in Haft.

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