Nach der Corona-Pandemie befindet sich der E-Commercehandel auch in Deutschland wieder auf Wachstumskurs. Das nutzen viele Unternehmen und planen laut des Zahlungsdienstleisters Stripe den Absatz in den kommenden Jahren auf weitere Länder auszubauen. Wer über die Ländergrenzen hinaus sein Online-Geschäft betreiben will, muss sich mit den europäischen Gesetzen und Vorschriften auseinandersetzen. Darüber hinaus gilt es, die lokalen Bestimmungen zu Produktanforderungen, die ein internationaler Shop erfüllen muss, zu erfüllen. Die Abmahngefahr im E-Commerce ist hoch.
Handel über die Grenzen hinaus lohnt sich dennoch, denn Europäer kaufen gerne online ein. 33 Online-Transaktionen pro Jahr tätigen Internetnutzer in der EU im Durchschnitt. Beliebt sind Produkte wie Kleidungsstücke, Filme, Streaming-Dienste, Lieferdienste für Essen, Möbel, Heimzubehör und Gartenartikel. Laut einer Prognose von Statista soll sich die Gesamtzahl der Online-Käufer in Deutschland im Jahr 2025 auf 68,4 Millionen belaufen. Die Nutzerzahlen im E-Commerce sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen.
Geoblocking ist nicht erwünscht
Wer online als Unternehmen über die Grenzen hinaus tätig werden will, muss sich mit dem Pflichtenheft auseinandersetzen. So gilt innerhalb der EU ein Verbot für Geoblocking. In der Praxis sah es in der Vergangenheit bei manchen Online-Shops so aus, dass Kunden aus dem EU-Ausland daran gehindert wurden eine länderspezifische Version eines Online-Shops aufzurufen und dort Ware zu kaufen. Die Geoblocking-Verordnung der EU stuft dies als diskriminierend ein. Wohnsitz, Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort dürfen zu keinem Einkaufsausschluss führen. Seit 2018 werden die Verbraucher bereits davor geschützt. Die Verordnung verbietet auch Diskriminierung bei der Nutzung von Websites aufgrund der IP-Adresse oder Telefonnummer, hier drohen Bußgelder für die Betreiber. Ware muss für alle Käufer zu den gleichen Bedingungen erhältlich sein. Dazu gehören die gleichen Preise, Versand- und Zahlungsbedingungen. Eine automatische Preisanpassung auf der Grundlage des Standorts oder der IP-Adresse darf nicht erfolgen. Auch die Weiterleitung von Kunden auf eine länderspezifische Seite ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung möglich. So dürfen spanische Kunden nicht automatisch auf eine spanische Seite umgeleitet werden.
Preisdifferenzierung weiterhin gestattet
Natürlich gibt es auch Ausnahmen, die bisher nicht unter der Verordnung fallen. Dazu zählen u. a. Musik-Streaming-Dienste oder E-Books. Auch Dienstleistungen in Bereichen wie Finanzen, Verkehr, audiovisuelle Medien, Gesundheitswesen und Soziales sind bisher ausgenommen. Weiterhin steht es Anbietern frei, unterschiedliche Allgemeine Geschäftsbedingungen, einschließlich der Preise, anzubieten und bestimmte Kundengruppen gezielt anzusprechen, denn im Gegensatz zu Preisdiskriminierung wird die Preisdifferenzierung nicht verboten. Allen europäischen Kunden muss zwar der gleiche Zugang zu den Angeboten und zum Kauf im Webshop gestattet werden, die Onlinehändler sind aber nicht verpflichtet, die Kunden auch im Ausland zu beliefern. Die IHK rät daher Onlineshopbetreibern sicherzustellen, dass der Kunde im Shop eine deutsche Lieferadresse angeben kann. Der Händler ist dann nur verpflichtet an die vom EU-Verbraucher angegebene Adresse zu liefern. Für den weiteren Transport in sein Heimatland ist dann der EU-Verbraucher selbst verantwortlich.
Wenn es mit EU-Kunden zum Streit kommt
In ganz Europa gilt das gesetzliche Widerrufsrecht von 14 Tagen, daneben müssen aber von den Händlern die Verbraucherschutzvorschriften der einzelnen Staaten beachtet werden, was als grundsätzliches „Marktortprinzip“ gilt. Kommt es zu Streitigkeiten mit europäischen Kunden, so können Onlinehändler auch im Ausland verklagt werden. In der EU gilt der sogenannte Gerichtsstand des Verbraucherlandes. Das bedeutet, dass das Gericht für Streitigkeiten zuständig ist, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Die Kosten für den Händler können deshalb höher liegen als ein Gerichtsverfahren im eigenen Land. Ratsam ist ein Link zur EU-Online-Streitschlichtung (kurz OS-Plattform) und den Vertragspartner darüber zu informieren, inwieweit man bereit ist an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Sofern ein Streit mit einem Verbraucher nicht beizulegen ist, löst dies eine weitere Hinweispflicht aus. Halten sich Shopbetreiber nicht daran, droht eine kostenpflichtige Abmahnung. Die Informationspflichten rund um die Verbraucherschlichtung haben sich zu einem erheblichen Abmahnrisiko für Unternehmen entwickelt. Die EU-Plattform dient sowohl für Streitigkeiten, bei denen ein Verbraucher gegen einen Shopbetreiber vorgeht, als auch umgekehrt. Unternehmer müssen aber auch die Verbraucher über die Möglichkeit der Verbraucherschlichtung in Deutschland hinweisen. Das gilt für jedes Unternehmen, welches über eine Webseite und einem Webshop oder über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) verfügt. Betroffen sind jedoch nur Unternehmen, die mindestens 11 Personen beschäftigen. Für die genaue Bestimmung der Mitarbeiteranzahl ist Stichtag der 31.12. des Vorjahres.
Fast jeder Shopbetreiber von Internetbetrug gefährdet
Für den E-Commerce stehen neue Zeiten an. Auch im digitalen Sektor hält Künstliche Intelligenz (KI) immer mehr Einzug, die personalisierte Einkaufserlebnisse und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zulässt. Andererseits steigen auch die Risiken im Netz für Onlinebetreiber und Kunden gleichermaßen, Opfer von Betrugsversuchen zu werden. Aktuell warnen die Verbraucherschutzzentralen über eine neue Masche, die die beliebte Buchungsplattform „Booking.com“ aber auch „Airbnb“ betrifft. Die Kunden werden auf verlinkte Seiten gelockt, die den echten Betreiberseiten verblüffend ähnlich sehen. Kriminelle greifen die echten Buchungsdaten ab und geben sich damit als Hotel oder Ferienwohnung aus. Als Betreiber der originalen Anbieter getarnt, melden sie sich bei den Kunden und bitten darum, nochmal die Buchungsdaten einzugeben. Für beide Seiten ist das unangenehm; die echten Betreiber büßen ihre Reputation und Kundenbuchungen ein, die Kunden verlieren ihr Geld und das Vertrauen in den Online-Handel.
So gut wie alle befragten Onlineshops (94 Prozent) waren in der Vergangenheit laut einer Studie des Informationsdienstleisters Crif vom Sommer 2023 im Laufe der vergangenen 12 Monate von Betrugsversuchen im Internet betroffen. Besonders Identitätsdiebstahl, die Angabe falscher Namens- beziehungsweise Adressdaten, die vorsätzliche Nichtbegleichung von Rechnungen und das Verwenden gestohlener Zahlungsdaten geben Anlass zur Sorge. Die Zahl der Fälle bleibt auf einem sehr hohen Niveau und die Methoden der Betrüger werden immer raffinierter. Die angegebenen Verluste liegen der Studie zufolge oftmals im fünf- oder sechsstelligen Bereich für die Onlineshopbetreiber. Sie sind daher gut beraten, sich mit wirksamer Betrugsprävention gegen Verluste zu wappnen.