Politik

Gefährdet Kanzler Scholz unsere Sicherheit? Experten kritisieren Aussagen zu Verbündeten scharf

Bundeskanzler Olaf Scholz gerät auch bei Politikprofis mehr und mehr in die Kritik. Hat er mit seinem "Nein" zur Lieferung des Systems Taurus in die Ukraine und anderen Aussagen in den vergangenen Tagen die Sicherheit Europas gefährdet? Manch ein Experte schätzt die Situation genau so ein, die Urteile für den Kanzler sind teilweise vernichtend!
29.02.2024 18:02
Aktualisiert: 29.02.2024 18:02
Lesezeit: 2 min

"Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden" - dieses Zitat des Kanzlers sorgt für Aufregung. Die Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz zur Zielsteuerung von Marschflugkörpern in der Ukraine durch Großbritannien und Frankreich stoßen bei Experten und Verbündeten auf scharfe Kritik. Scholz habe einen schweren handwerklichen Fehler begangen, sagte der deutsche Sicherheitsexperte Maximilian Terhalle, Gastprofessor an der London School of Economics and Political Science, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Er hat die Axt an den Zusammenhalt der Nato gelegt" und gefährde die Kooperation mit der Ukraine, sagte Terhalle. Es sei ein grober Fehler, geheimdienstliche Erkenntnisse der engsten Verbündeten öffentlich zu machen.

Ähnlich äußerte sich der konservative Abgeordnete Tobias Ellwood, der ehemalige Chef des Verteidigungsausschusses im britischen Parlament. "Dies ist ein eklatanter Missbrauch von Geheimdienstinformationen, der absichtlich darauf abzielt, von der Zurückhaltung Deutschlands, die Ukraine mit einem eigenen Langstreckenraketensystem auszurüsten, abzulenken", sagte Ellwood der Zeitung "Telegraph". Russland werde die Aussagen von Scholz ausnutzen, um die Eskalation weiter anzuheizen.

Der Bundeskanzler hatte am Montag sein Nein zur Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine erklärt. "Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden", hatte Scholz gesagt. "Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, was wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können."

Es gibt Spekulationen, dass Franzosen und Briten ihre an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper Scalp und Storm Shadow selbst programmieren und dass zumindest Großbritannien dafür Personal in der Ukraine stationiert hat. Offiziell bestätigt wurde das nie.

Das britische Verteidigungsministerium hatte dem "Spiegel" daraufhin mitgeteilt: "Der Einsatz von Storm Shadow und der Prozess der Zielauswahl sind Sache der ukrainischen Streitkräfte. Das Vereinigte Königreich stellt zusammen mit anderen Verbündeten der Ukraine eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen zur Verfügung, um sie bei der Abwehr der illegalen und nicht provozierten Aggression Russlands zu unterstützen." Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte daraufhin, er sehe keinen Widerspruch zu den Aussagen des Kanzlers.

Ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak sagte am Dienstag: "Abgesehen von der geringen Anzahl an Mitarbeitern, die wir im Land zur Unterstützung der Streitkräfte der Ukraine haben, haben wir keine Pläne für einen großangelegten Einsatz."

Auch in Frankreich wurde offiziell nie kommuniziert, ob französische Soldaten in der Ukraine beim Programmieren von Marschflugkörpern helfen. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch Frankreich erfolge in Frankreich oder in Nachbarländern des von Russland angegriffenen Landes, hieß es bislang. Zurückhaltend fiel nun die Reaktion auf die Aussagen von Scholz aus. "Was die Äußerungen des deutschen Bundeskanzlers betrifft, möchten wir daran erinnern, dass jeder in dem Rahmen handelt, den er für angemessen hält", hieß es am Donnerstag aus dem Pariser Außenministerium. "Unser Ziel ist das gleiche: Russland zum Scheitern zu bringen."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Nach Telefonat mit Putin: Trump bringt Friedensgespräche im Vatikan ins Spiel
19.05.2025

Donald Trump plant überraschend Gespräche zwischen Russland und der Ukraine im Vatikan. Kommt es jetzt zum Durchbruch im Ukraine-Krieg...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zum Wochenstart erreicht
19.05.2025

Der DAX erreicht ein neues Rekordhoch und überrascht Anleger mit starker Dynamik. Doch was steckt hinter dem Höhenflug am Aktienmarkt –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor dem Kassensturz: Schuldenkollaps rückt näher - was bedeutet das für die globale Wirtschaft?
19.05.2025

Die USA taumeln auf einen finanziellen Abgrund zu: Moody’s entzieht der Supermacht das Top-Rating, Investoren fliehen, und der Kongress...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräftemangel trotz Zuwanderung: Warum gibt es aktuell fast 3 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss?
19.05.2025

Fast 3 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben keinen Berufsabschluss – das zeigt der aktuelle Berufsbildungsbericht. Tendenz...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis steigt nach US-Herabstufung: Wie Anleger jetzt reagieren sollten
19.05.2025

Der Goldpreis zieht nach der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit spürbar an. Was bedeutet das für Anleger? Droht eine neue...

DWN
Politik
Politik Abschaffung des Acht-Stunden-Arbeitstag: Merz plant, die Deutschen zu mehr Arbeit zu motivieren
19.05.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Was eine Änderung des deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fünf Jahre nach Brexit: Neuer Kurs zwischen EU und London
19.05.2025

Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich EU und Großbritannien wieder an – doch nicht ohne Reibung. Was bedeutet das für Handel,...

DWN
Finanzen
Finanzen ThyssenKrupp-Aktie: Vom Höhenflug zum Absturz – wie geht es jetzt weiter?
19.05.2025

Die ThyssenKrupp-Aktie hat in den vergangenen Tagen eine herbe Talfahrt erlebt. Noch vor wenigen Wochen galt das Papier als Gewinner des...