Wirtschaft

KPMG: Ausländische Investoren bewerten Standort Deutschland schlechter

Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt rutscht im EU-Vergleich zunehmend ab. Was sind die größten Investitionshindernisse and was sollte die Politik jetzt tun?
12.03.2024 11:43
Lesezeit: 2 min
KPMG: Ausländische Investoren bewerten Standort Deutschland schlechter
Bürokratie, hohe Energiekosten und mangelhafter Digitalisierung sind einige der größte Investitionshindernisse für Deutschland. (Foto: iStock/ronniechua) Foto: ronniechua

Internationale Investoren sehen den Standort Deutschland nach Angaben der Witschaftsprüfungsgesellschaft KPMG nur noch im Mittelfeld. Energiewende, Digitalisierung, Aufrüstung und Infrastruktur eröffneten internationalen Unternehmen zwar große Geschäftschancen, aber "alle Standortfaktoren verschlechtern sich mit zunehmender Dynamik", schrieb die KPMG in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

Die Wirtschaftsprüfer hatten von September bis Dezember 350 Finanzvorstände deutscher Tochtergesellschaften internationaler Konzerne befragt. Als größte Investitionshindernisse wurden überbordende Bürokratie (61 Prozent) und hohe Energiekosten (57 Prozent) genannt, gefolgt von mangelhafter Digitalisierung, Regulierungsvorgaben für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung und fehlender Technologieoffenheit (31 Prozent).

Die besten Bewertungen erhält der Wirtschaftsstandort für die zentrale Lage in Europa (79 Prozent). Auch der Lebensstandard, die öffentliche Sicherheit, die politische Stabilität und die Forschungslandschaft sehen die Befragten als traditionelle Stärken des Standorts, bewerten sie allerdings deutlich skeptischer im Vergleich zu früheren Umfragen.

Schlechtere Noten für Forschungslandschaft, logistische Infrastruktur

So zählen nur noch 58 Prozent der Befragten Deutschland zu den fünf stabilsten EU-Ländern (2021: 80 Prozent), 13 Prozent Deutschland jedoch zu den fünf instabilsten EU-Ländern. Und nur noch 43 Prozent sehen die deutsche Forschungslandschaft unter den Top 5 in der EU (2017: 64 Prozent). Auch für Arbeitsproduktivität (-17 Prozentpunkte), innovationsfreundliches Umfeld (-8 Prozentpunkte) und logistische Infrastruktur (-16 Prozentpunkte) gab es schlechtere Noten als 2021.

Im KPMG-Standort-Index, in den 23 Standortfaktoren einfließen, "rutscht die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt im EU-Vergleich zunehmend ins Mittelfeld ab", heißt es in dem Bericht. Auf einer Skala von +10 bis -10 erreiche Deutschland aktuell noch einen Wert von +1,2. Dies entspricht einer Halbierung gegenüber dem Wert von 2021 (+2,4). Im Jahr 2017 lag der Wert noch bei +3,1.

"Wir haben zu lange von der Substanz gelebt und wichtige Reformen vernachlässigt", sagte KPMG-Bereichsvorstand sagt Andreas Glunz. Aktuell schätze fast jeder zweite internationale Finanzvorstand andere Länder und Regionen als wachstumsstärker ein und wolle in den kommenden fünf Jahren vorrangig dort investieren.

Bei der Verfügbarkeit von Fachkräften und hoch qualifizierten Arbeitskräften sehen 23 Prozent der Befragten Deutschland unter den fünf besten EU-Standorten, 21 Prozent unter den fünf schlechtesten. Mit dem Renteneintritt der Babyboomer wäre eine Zuwanderung von 500 000 qualifizierten Arbeitskräften pro Jahr nötig, um den Fachkräftemangel auszugleichen. "Aber viele der Zuwanderer fassen im Arbeitsleben nicht Fuß oder verlassen das Land schnell wieder", sagte Glunz. Notwendig wäre eine integrations-, produktivitäts- und bedarfsorientierte Einwanderungspolitik. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putin versucht in Europa, was nicht einmal Stalin gelang
03.12.2025

Europa steht vor einer sicherheitspolitischen Zäsur. Neue Enthüllungen über Washingtons Verhandlungen, interne Machtkämpfe in Kiew und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OECD-Prognose: Zölle bremsen Wachstum bis 2027
03.12.2025

Die OECD sieht für Deutschland ab 2025 einen zögerlichen Aufschwung, der jedoch im internationalen Vergleich blass bleibt. Niedrige...

DWN
Politik
Politik Russland im Fokus: Finnlands Ex-Präsident warnt vor schnellem Ukraine-Frieden
03.12.2025

Finnlands früherer Präsident Sauli Niinistö verfolgt den Krieg in der Ukraine mit wachsender Sorge und warnt vor trügerischen...

DWN
Technologie
Technologie Jeder Sechste sorgt sich wegen KI um eigenen Arbeitsplatz
02.12.2025

Künstliche Intelligenz verändert den Arbeitsmarkt rasant. Jeder sechste Beschäftigte in Deutschland fürchtet, dass sein Job bedroht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Russische Wirtschaft unter Spannung: Industrie, Konsum und Haushalt schwächeln
02.12.2025

Die wirtschaftliche Lage in Russland wird spürbar fragiler, da strukturelle Schwächen und geopolitische Belastungen zunehmen. Damit...

DWN
Politik
Politik Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei in Dienst gestellt
02.12.2025

Die Bundespolizei verstärkt ihre Drohnenabwehr erheblich. Mit 130 Spezialkräften, KI-gestützten Störsystemen und automatischen...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP News: Digitale Zahlungen im Asien-Pazifik-Raum wachsen stark
02.12.2025

XRP, die Kryptowährung von Ripple, könnte sich bald von Bitcoin abkoppeln. In Singapur erhält das Unternehmen eine erweiterte Lizenz, um...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Das italienische Wunder: Geschaffen mit EU-Geld und Schattenwirtschaft
02.12.2025

Italien feiert eine Hochstufung seiner Bonität und spricht vom „neuen Wirtschaftswunder“. Doch unter der Oberfläche zeigen sich...