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Geringeres Klumpenrisiko: Lohnen sich gleichgewichtete ETFs?

Lesezeit: 4 min
17.03.2024 11:00  Aktualisiert: 17.03.2024 16:00
Aktien-Indizes sind typischerweise nach der Marktkapitalisierung der enthaltenen Aktien gewichtet, das kann problematisch sein. Gleichgewichtete Indizes reduzieren das Klumpenrisiko und rentierten zugleich in der Vergangenheit besser als MSCI World, S&P 500 und andere. Sind gleichgewichtete ETFs interessant für Privatanleger?
Geringeres Klumpenrisiko: Lohnen sich gleichgewichtete ETFs?
Bei einem gleichgewichteten ETF hat jede Position den gleichen Portfolioanteil. (Bild: iStock.com, Torsten Asmus)
Foto: Torsten Asmus

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Der MSCI World steht immer wieder in der Kritik. Der Index investiere zu konzentriert in bestimmte Branchen, Länder und Einzeltitel. Etwa machen allein die zwei größten Titel Apple und Microsoft neun Prozent aus, die zehn größten Positionen stehen für 22 Prozent und US-Aktien für über 70 Prozent des Index (Stand: 29. Februar 2024).

Grund ist die Gewichtungsmethode. Der MSCI World gewichtet die einzelnen Unternehmen nach dem Börsenwert der Aktien im Streubesitz. Dadurch steigt das Gewicht von Aktien automatisch an, die in der Vergangenheit besonders gut gelaufen sind. Das führt zu Konzentrationen in bestimmten Branchen, Ländern oder Einzelwerten, was zu einem Risiko werden kann.

Eine Alternative ist die Gleichgewichtung. Hier hat jedes Wertpapier den gleichen Portfolioanteil. Beim S&P 500 Equal Weight, der die 500 größten US-Aktiengesellschaften enthält, beträgt das Gewicht jeder Aktie beispielsweise 0,2 Prozent.

Gleichgewichtete ETFs sind ein gangbarer Weg

Der Portfoliomanager Andreas Beck sieht beide Gewichtungsmethoden als eine Option für Privatanleger. “Beides hat seine Vorteile”, schreibt der Gründer von Index Capital an DWN. Marktkapitalisierte ETFs seien am effizientesten, aber neigten zu Blasenbildung. Gleichgewichtete ETFs seien ineffizient, aber mit besserer Risikostreuung. “Was in der Historie mehr Rendite gebracht hat, ist auch Zufall, je Markt und je Periode gewinnt mal die eine und mal die andere Methode.”

Langfristig gesehen liefen gleichgewichtete Indizes besser. Etwa verglichen US-Forscher die Performance des kapitalisierungsgewichteten S&P 500 mit einer gleichgewichteten Variante des Index. Zwischen 1926 und 2014 war die Rendite höher und das Chance-Risiko-Verhältnis (Sharpe Ratio) besser, heißt es im Fachaufsatz “Equal-weighted strategy: Why it outperforms value-weighted strategies? Theory and evidence”.

Die beiden Finanzprofessoren zogen aus den historischen Kursdaten auch 10.000 Zufallsstichproben, um mögliche Zukunftsszenarien zu simulieren. So wollten sie abschätzen, welche Gewichtungsstrategie künftig besser abschneiden könnte. Auch hier lag die Gleichgewichtung in 54 Prozent der Fälle vorne und das Chance-Risiko-Verhältnis (Sharpe Ratio) war im Schnitt leicht besser.

Der Nachteil der Methode sind die höheren Transaktionskosten. Bei kapitalisierungsgewichteten Indizes ist kaum Handel notwendig: Steigt der Kurs einer Aktie, steigt auch der Börsenwert des Unternehmens entsprechend. Gleichgewichtete ETFs müssen Gewinner-Aktien verkaufen, die ein Übergewicht im Portfolio bekommen.

Laut einer Analyse des Indexanbieters Solactive werden bei einem gleichgewichteten Index mit großen US-Unternehmen (Large Caps) 7,4 Prozent der Positionen innerhalb eines Jahres ausgetauscht. Beim gleichen Index nach Marktkapitalisierung wird nur halb so oft gehandelt (Turnover-Rate von 3,6 Prozent). Bei einem marktbreiten Europa-Index, der auch kleine und mittelgroße Unternehmen enthält (Smallcaps und Midcaps), ist der Unterschied sogar noch größer (18,1 versus 8,5 Prozent). Solactive untersuchte Daten von 2000 bis 2017.

Gleichgewichtung profitiert von Value- und Size-Prämie

Allerdings seien die Handelskosten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gefallen, erklärt Solactive. Selbst bei angenommenen Transaktionskosten von 0,5 Prozentpunkten liege Gleichgewichtung vor der Gewichtung nach Börsenwert. Bei Aktien aus dem DAX, MSCI World und Co. dürften die Geld-Brief-Spannen aber deutlich geringer liegen (unter 0,1 Prozent der investierten Summe).

Auch die US-Forscher kommen zum Ergebnis, dass die Kosten des zusätzlichen Handels geringer seien als die höhere Performance der gleichgewichteten Indizes. “Daher ist eine Gleichgewichtung auch unter Berücksichtigung höherer Portfolioumschlagskosten wirtschaftlich sinnvoll.”

Solactive und die US-Forscher führen die Outperformance von gleichgewichteten Indizes auf zwei Faktoren zurück. Zum einen seien kleine Unternehmen höher gewichtet (Smallcaps). Diese hätten sich historisch gesehen besser entwickelt als große Unternehmen.

Außerdem würden gleichgewichtete ETFs dem Prinzip “Buy low, sell high” folgen, also teure Aktien verkaufen und billige kaufen. Gering bewertete Aktien liefen historisch gesehen ebenfalls besser (auch Value-Faktor genannt). Während indes Solactive vor allem den Einfluss der Smallcaps als Hauptursache der Outperformance sieht, verweisen die US-Forscher auf den Value-Effekt. Ob künftig aber eine Outperformance drin ist, ist ungewiss.

Welche gleichgewichteten ETFs gibt es?

In Deutschland sind nur wenige gleichgewichtete ETFs für Privatanleger zugelassen. Die Vergleichsplattform JustETF listet 18 entsprechende ETFs. Der Indexanbieter Solactive führt das auf den Nachteil der höheren fondsinternen Handelskosten zurück. “Es obliegt dann dem Anleger zu entscheiden, ob die Vorteile in Bezug auf Diversifikation diese zusätzlichen Kosten rechtfertigen”, erklärt ein Sprecher des Frankfurter Mittelständlers.

Wie groß die Vorteile seien, hänge zudem vom Anlageuniversum ab. In sehr konzentrierten Märkten wie den USA, wo die Tech-Konzerne ein erhebliches Gewicht in kapitalisierungsgewichteten ETFs hätten, sei der Diversifikationseffekt größer.

Derzeit sind vor allem gleichgewichtete ETFs auf den S&P500 verfügbar (etwa ISIN: IE00BLNMYC90, IE000MLMNYS0, IE000MLMNYS0; jeweils TER von 0,2 Prozent und vollständige physische Replikation). Hier sind die Branchen- und Einzelwertgewichte geringer: Etwa machen die zehn größten Positionen nur drei Prozent aus (S&P500: 31 Prozent) und Apple und Microsoft nur 0,6 Prozent (S&P 500: knapp 14 Prozent). Die größte Branche ist die Industrie mit 16 Prozent, während beim S&P 500 allein die Tech-Firmen für knapp 30 Prozent stehen.

Daneben gibt es einen ETF von ishares auf den MSCI Europe Mid Cap Equal Weighted (ISIN: IE00BQN1KC32). Der Index enthält 233 mittelgroße Unternehmen aus Europa (MSCI Europe: 424 große und mittelgroße Unternehmen). Ein weiterer ETF von ishares läuft auf den “MSCI World Mid Cap Equal Weighted” (ISIN: IE00BP3QZD73). Der Index enthält 846 Midcap-Aktien (MSCI World: 1479 Large-Cap- und Midcap-Aktien).

Beide ishares-ETFs bilden bloß einen kleinen Ausschnitt der jeweiligen Regionenmärkte ab: Als Large Caps zählen bei MSCI die größten Unternehmen, die zusammen 70 Prozent des aufsummierten Börsenwerts eines Marktes ausmachen. Die nächsten 15 Prozent Börsenwert gelten als Midcaps.

Außerdem gibt es zwei physische ETFs auf Solactive-Indizes, die die Titel anhand von Nachhaltigkeitskriterien auswählen. Der “VanEck Sustainable World Equal Weight” investiert in 250 Unternehmen aus Industrieländern weltweit (Top 10: sechs Prozent; größte Position: 1,5 Prozent). Keine der Regionen Europa, Nordamerika und Asien darf dabei mehr als 40 Prozent Gewicht haben (TER: 0,2 Prozent, 679 Mio. Euro Fondsvermögen, Ausschütter, ISIN: NL0010408704).

Der “VanEck Sustainable European Equal Weight” investiert in 100 europäische Titel (Top 10: 13 Prozent, größte Position: 1,5 Prozent). Hier darf kein Land mehr als 20 Prozent ausmachen (TER: 0,4 Prozent, 47 Mio. Euro Fondsvermögen, Ausschütter, ISIN: NL0010731816).

Der Portfolioexperte Andreas Beck schlägt indes ein Portfolio aus kapitalisierungsgewichteten Indizes für Privatanleger vor, die Klumpenrisiken begrenzen möchten sowie wenig Aufwand und gute Ertragsaussichten wünschen. “Marktkapitalisierende Indizes zu mischen ermöglicht einen Kompromiss beider Welten. 65 Prozent MSCI World, 10 Prozent MSCI Emerging Markets, 15 Prozent MSCI World Small Cap, 10 Prozent Bloomberg Euro Aggregate Bonds wäre eine solche Mischung mit wenigen ETFs für langfristige Anleger”, erklärt der Münchner.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 


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