Wirtschaft

Direktinvestitionen: Hohe Abflüsse Indiz für die Deindustrialisierung Deutschlands

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr in Deutschland so wenig investiert wie schon lange nicht mehr. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Aber auch die deutschen Unternehmen expandieren lieber anderswo in der EU. Die Zahlen zeigen eine beginnende Deindustrialisierung in Deutschland.
14.03.2024 13:40
Aktualisiert: 14.03.2024 14:35
Lesezeit: 1 min
Direktinvestitionen: Hohe Abflüsse Indiz für die Deindustrialisierung Deutschlands
War das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin womöglich eines der letzten großen ausländischen Industrie-Ansiedlungen in Deutschland? (Foto: dpa) Foto: Carsten Koall

Der Rückgang ausländischer Investitionen signalisiert einer Studie zufolge eine Deindustrialisierung in Deutschland. Mit rund 22 Milliarden Euro investierten ausländische Unternehmen so wenig in der Bundesrepublik wie seit zehn Jahren nicht mehr, wie das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) am Donnerstag mitteilte. Zwar schwächte sich der Nettoabfluss von Direktinvestitionen auf 94 Milliarden Euro ab. Nur in den beiden Vorjahren 2021 (100 Milliarden Euro) und 2022 (125 Milliarden Euro) war mehr Geld aus Deutschland abgeflossen. Der Wert gibt jeweils die Differenz zwischen Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland und ausländischer Unternehmen in Deutschland an.

"Die wiederholt hohen Netto-Abflüsse deuten darauf hin, dass es sich nicht um Ausnahmeerscheinungen, sondern um erste Symptome einer Deindustrialisierung handelt", lautet das Fazit der Untersuchung. In der Tat lag die Produktion im produzierenden Gewerbe im Dezember 2023 deutlich unter den Werten von 2015.

Wo fließt das Geld hin?

Zwar sind die Direktinvestitionen derzeit weltweit rückläufig, nicht allerdings in der EU. In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 stiegen die Zuflüsse hier um 120 Prozent – und zwar auch aus Deutschland. Gut 90 Milliarden Euro, also etwa zwei Drittel aller Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen, flossen zuletzt in EU-Mitgliedsländer. Vor allem in die Benelux-Staaten und nach Frankreich. Innerhalb der deutschen Grenzen investierten die ausländischen Unternehmen hingegen kaum noch. Und wenn sie es doch taten, handelte es sich oft um kleinere Zukäufe oder Projekte – für die Experten des Instituts ein Hinweis auf die ungünstigen Standortbedingungen im globalen Wettbewerb.

Welche Rolle die politischen Rahmenbedingungen spielen

"Die Politik macht es für Unternehmen alles andere als attraktiv, in Deutschland zu investieren", sagte IW-Ökonom Christian Rusche. Dazu zähle, dass Förderprogramme wiederholt und quasi über Nacht gestoppt worden seien. Die Politik müsse die Investitionsbedingungen drastisch verbessern. "Bleiben die politischen Rahmenbedingungen so, wie sie sind, könnte sich die Deindustrialisierung stark beschleunigen", warnte Rusche. (mit Material der Nachrichtenagentur Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...