Finanzen

Ifo-Institut: Deutsche Wirtschaft wie gelähmt - Probleme hausgemacht

Die Deutsche Wirtschaft stagniert: Die Forscher des Ifo-Instituts und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) haben ihre Prognosen für 2024 gesenkt. Nur die Exporte bieten einen Hoffnungsschimmer. Die Bundesregierung steht nun unter Druck.
07.03.2024 12:47
Lesezeit: 2 min
Ifo-Institut: Deutsche Wirtschaft wie gelähmt - Probleme hausgemacht
Präsident des Ifo-Instituts Clemens Fuest: Die Unsicherheit über wirtschaftspolitische Weichenstellungen bremst Investitionen und Konsum in Deutschland (Foto: dpa). Foto: Christina Sabrowsky

Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 verschlechtern sich weiter. Das verdeutlichen die jüngsten Anpassungen der Wachstumsprognosen durch führende Wirtschaftsforschungsinstitute. Das Münchner Ifo-Institut und das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) haben ihre Erwartungen nach unten korrigiert: von einem optimistischen Szenario von 0,9 Prozent Wachstum auf nunmehr nur noch 0,2 Prozent bzw. 0,1 Prozent.

Diese Revisionen bestätigen, dass Deutschland weiterhin in einer Rezession steckt, tiefer als zunächst erhofft. „Die deutsche Wirtschaft ist wie gelähmt“, stellt das Ifo-Institut fest. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte neulich die Schätzung der Ampel von 1,3 auf 0,2 Prozent Wachstum gesenkt.

Handlungsbedarf seitens der Bundesregierung

Der aktuelle Zustand werde laut Ifo-Präsident Clemens Fuest durch wirtschaftliche Unsicherheiten und hausgemachte Probleme verschärft. Fuest identifiziert diese Eigenschaften als einen Hauptgrund für die Zurückhaltung bei Investitionen und Konsum in Deutschland. Die Forschungsinstitute sehen jedoch auch positive Entwicklungen, insbesondere bei der Inflation und am Arbeitsmarkt, und betonen, dass die Bundesregierung jetzt gefordert ist, um der Wirtschaft neuen Schwung zu verleihen.

Hoffnungsschimmer Export

Trotz wirtschaftlicher Bedenken zeichnet sich ein Lichtblick ab: Die deutschen Exporte zeigten zu Beginn des Jahres 2024 überraschende Zuwächse: Das ist ein Indikator dafür, dass der Außenhandel weiterhin ein wichtiger Pfeiler der Wirtschaft bleiben könnte. Im Januar stiegen die Exporte im Vergleich zum Vormonat um 6,3 Prozent. Der deutsche Export zeige sich zwar robust, trotz geopolitischer Krisen und konjunktureller Abkühlung in wichtigen Absatzmärkten, sagte Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbands BGA. „Eine Schwalbe macht aber noch keinen Sommer.“

Die Weltwirtschaft sei zunehmend von Protektionismus geprägt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erwartet für das laufende Jahr ein preisbereinigtes Exportwachstum von 0,5 Prozent und ist damit weit optimistischer als die Forschungsinstitute, die ein Minus von 1,4 bis 1,5 Prozent erwarten.

Wirtschaftspolitische Maßnahmen nötig

Die Wirtschaftsforscher appellieren an die Bundesregierung, durch zielgerichtete Maßnahmen die Wirtschaft zu beleben. Besonders kritisch sehen sie das jüngst vorgestellte Rentenkonzept und warnen vor der Gefahr, dass die Finanzierung solcher Vorhaben Investitionen bremsen könnte. „Die Schuldenbremse ist kein Wachstumshindernis“, betont Fuest, doch müsse der Fokus auf Investitionen in Infrastruktur und Technologie liegen, nicht auf Konsumförderung.

Ausblick und Chancen

Trotz der aktuellen Herausforderungen besteht die Hoffnung auf eine Erholung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2024. Dabei ist die Rede von Prognosen, die ein Wachstum von 1,2 bis 1,5 Prozent für das Jahr 2025 vorhersagen. Dies setzt aber voraus, dass die Regierung effektive wirtschaftspolitische Konzepte entwickelt und umsetzt. Diese sollen die derzeitige Unsicherheit beseitigen und private Investitionen fördern. Auch der Bedarf an steuerlichen Entlastungen und der Abbau überkomplexer Regulierungen sind laut Wirtschaftsexperten für die Wiederbelebung der Wirtschaft entscheidend.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
avtor1
Farhad Salmanian

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien Ukraine-Wiederaufbau: Diese Unternehmen warten auf ein Ende des Krieges
28.12.2025

Die Märkte reagieren überraschend empfindlich auf jede Erwartung eines Waffenstillstands und verschieben Kapital von Rüstungswerten hin...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wie die wirtschaftliche Neuordnung gelingt
28.12.2025

Deutschland steht vor einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Neuordnung, in der Investitionen und geopolitische Risiken zugleich bewältigt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teamführung 2026: Was Führungskräfte jetzt wirklich brauchen
28.12.2025

Viele Führungskräfte starten 2026 mit neuen Vorsätzen – doch der Alltag frisst schnell jede Veränderung. Welche Self- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Über den Wolken: Sky City 1000 – eine Zukunftsvision gegen Wohnraummangel
28.12.2025

Die japanische Hauptstadt Tokio wächst – schneller als die Stadt es verkraftet. Allein 2024 kamen zehntausende Menschen hinzu, im...

DWN
Technologie
Technologie Batteriespeicher: Warum RWE den Takt für Europas Netze vorgibt
28.12.2025

Ein deutscher Energiekonzern baut in Wales den größten Batteriespeicher Großbritanniens und verschiebt damit die Kräfteverhältnisse in...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...