Kaum ein Thema beschäftigt die Politik weltweit so sehr wie die Sicherstellung der Versorgung mit Mikrochips. Deshalb subventionieren sie den Aufbau entsprechender regionaler Produktionskapazitäten mit vielen Milliarden Euro. Während über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen heftig diskutiert wird, steht die Industrie als Nutznießer eigentlich schon fest. Schon heute gehört der besonders prominente Branchenvertreter Nvidia zu den am meisten beachteten Unternehmen der Quartalsberichtssaison. Vieles spricht dafür, dass die Bedeutung der gesamten Branche in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird.
Der Branchenverband Semiconductor Industry Association (SIA) prognostiziert für das Jahr 2023 einen weltweiten Halbleiterumsatz von 526,8 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht einem Rückgang von 8,2 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2022. Die Entwicklung war von einer starken Erholung in der zweiten Jahreshälfte geprägt und Verbandspräsident John Neuffer erwartet für 2024 ein zweistelliges Marktwachstum und langfristig sehr positive Aussichten für seine Branche.
Was Unternehmen aus der zweiten Reihe besser machen
Mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung aller Bereiche des täglichen Lebens gewinnt die Halbleiterindustrie weiter an Relevanz. Experten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2030 weltweit mehr als 50 Milliarden Geräte miteinander vernetzt sein werden. Auch wenn hierzulande noch keine Mikrochips im großen Stil produziert werden, sind deutsche Unternehmen als Zulieferer von Hightech-Komponenten und -Anlagen international gefragt.
Dabei spielen vor allem die Firmen Zeiss und Trumpf eine entscheidende Rolle. Beide sind unverzichtbare Zulieferer für den niederländischen Konzern ASML, den weltweit einzigen Hersteller von EUV-Lithographieanlagen. Diese hochkomplexen Anlagen ermöglichen die Herstellung modernster Mikrochips mit Strukturbreiten von nur wenigen Nanometern. Zeiss stellt die Optiken für die EUV-Systeme her, Trumpf die Hochleistungslaser. Leider sind beide Unternehmen nicht börsennotiert, so dass Anleger nicht direkt von ihrem Erfolg profitieren können.
Neben Zeiss und Trumpf gibt es aber noch weitere deutsche Unternehmen, die in der internationalen Halbleiterindustrie eine wichtige Rolle spielen. Im Folgenden werden wir drei börsennotierte Unternehmen näher betrachten, die Anlegern die Möglichkeit bieten, an der Dynamik der Halbleiterindustrie zu partizipieren.
Pfeiffer Vacuum (ISIN: DE0006916604) - Mit Automatisierung vom Fachkräftemangel
Pfeiffer Vacuum ist ein Hersteller von Vakuumpumpen, -systemen und -komponenten. Das Unternehmen ist die Nummer zwei auf dem Markt nach dem größten internationalen Wettbewerber Atlas Copco aus Schweden. Die Produkte des Unternehmens sind unverzichtbar für zahlreiche Anwendungen in Industrie, Forschung und Analytik, unter anderem in der Halbleiter- und Displayfertigung, der Biotechnologie, der Automobil- und Chemieindustrie sowie der Luft- und Raumfahrt.
Die Halbleiterindustrie und andere aufstrebende Technologien trugen in den ersten neun Monaten 2023 rund die Hälfte zum Konzernumsatz bei. In den ersten neun Monaten 2023 erzielte Pfeiffer Vacuum einen Umsatz von 737,8 Mio. Euro, ein Plus von 10,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das schwache konjunkturelle Umfeld spiegelte sich jedoch in einem Rückgang des Auftragseingangs um 22,8 Prozent wider. Die Betriebsergebnismarge sank im gleichen Zeitraum auf 11,7 Prozent. Mit einer Eigenkapitalquote von 61,1 Prozent verfügt Pfeiffer Vacuum über eine solide Bilanz, auch wenn die Kapitalrendite zuletzt rückläufig war.
Herausforderungen sind der intensive Wettbewerb, mögliche Engpässe in der Lieferkette und die Notwendigkeit, die Technologieführerschaft durch Innovationen zu verteidigen. Aus diesem Grund ist das Unternehmen eine strategische Partnerschaft mit der Busch-Gruppe eingegangen, die Ende 2023 63,9 Prozent am Unternehmen hält. Seit Frühjahr 2023 besteht zudem ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der die Aktie für die Streubesitzaktionäre zu einer Sondersituation macht. Sie erhalten zwar eine feste jährliche Ausgleichszahlung, verzichten dafür aber auf viele Aktionärsrechte. Die Aktie ist daher nur für Fortgeschrittene und Experten geeignet.
PVA Tepla (ISIN: DE0007461006) - Die nächste Generation übernimmt
PVA Tepla ist ein führender Anbieter von Anlagen und Systemen für die Herstellung und Bearbeitung von Hightech-Materialien wie Siliziumkarbid, Silizium und Kristallen sowie im Bereich der Messtechnik für die Material- und Bauteilprüfung. Die Produkte des Unternehmens kommen unter anderem in der Halbleiter-, Solar-, Luft- und Raumfahrtindustrie sowie in der Medizintechnik zum Einsatz. In den ersten neun Monaten 2023 erwirtschaftete das Halbleiter-Segment 70 Prozent des Unternehmensumsatzes.
PVA Tepla versteht sich nicht als reiner Anlagenlieferant, sondern als Entwicklungs- und Technologiepartner der Kunden. Diese enge Verzahnung mit den Kunden und die hohen Anforderungen an die Prozessstabilität und Ausfallsicherheit der Anlagen bieten den Unternehmensangaben zufolge Schutz vor Wettbewerb und Preisdruck. Eine Bruttomarge von 29,1 Prozent und eine Betriebsergebnismarge von 12,5 Prozent in den ersten neun Monaten 2023 sind zwar gut, lassen aber keinen allzu tiefen Burggraben und spürbaren Wettbewerbsdruck erkennen. Zudem ist das Unternehmen von einzelnen Großprojekten abhängig.
Deutlich erfreulicher ist die Umsatzentwicklung. Dieses fiel in den ersten neun Monaten mit 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr hoch aus. Der Auftragseingang war auf hohem Niveau rückläufig, das Verhältnis von Auftragseingang zum Umsatz lag bei 0,93. Mit einer Eigenkapitalquote von 42,7 Prozent und einer stark auf das Working Capital ausgerichteten Bilanz präsentiert sich die Bilanz in einem guten Zustand. Bei Kursschwächen kann das Unternehmen für den ein oder anderen Interessierten daher durchaus einen zweiten Blick wert sein.
Aixtron (ISIN: DE000A0WMPJ6) - Gastronomie von morgen schon heute
Aixtron mit Sitz in Herzogenrath, Deutschland, entwickelt und produziert Anlagen für die Abscheidung von dünnen Schichten auf Wafern, die bei der Herstellung von Halbleiterkomponenten wie Leistungselektronik und LEDs eingesetzt werden. Mit seiner MOCVD-Technologie (Metal Organic Chemical Vapor Deposition) hat sich das Unternehmen als Marktführer etabliert. Das Unternehmen erreicht in diesem Markt einen Anteil von 70 Prozent, wobei die Anwendungen erst am Anfang stehen.
Das Unternehmen bedient verschiedene Märkte wie die Kommunikations-, Speicher- und Optoelektronikindustrie. Im Geschäftsjahr 2023 erzielte Aixtron einen Umsatz von 629,9 Millionen Euro, das entspricht einem Plus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Entgegen dem Markttrend ist es Aixtron sogar gelungen, den Auftragseingang um neun Prozent zu steigern. Für das laufende Jahr rechnet das Unternehmen mindestens mit einem stabilen Umsatz. Die Mitte der geschätzten Spanne würde einem weiteren Umsatzanstieg um sieben Prozent entsprechen.
Die Bruttomarge erreicht für einen Maschinenbauer den sehr hohen Wert von 44 Prozent, während die EBIT-Marge von 25 Prozent ebenfalls auf einen klaren Wettbewerbsvorteil hindeutet. Dank seiner soliden Finanzposition mit einer hohen Eigenkapitalquote von 75 Prozent und Forschungsausgaben von 14 Prozent des Umsatzes ist Aixtron für weiteres Wachstum gut gerüstet. Das Geschäftsmodell erzielt inzwischen sogar hohe Kapitalrenditen mit einer Rendite auf das investierte Kapital von über 20 Prozent.
Anleger sollten jedoch auch Risiken wie die zyklische Nachfrage, den intensiven Wettbewerb und die Abhängigkeit von Großkunden im Blick behalten. Insgesamt ist Aixtron von den drei vorgestellten Unternehmen wohl am besten positioniert, um von den Megatrends der Digitalisierung und Elektrifizierung langfristig zu profitieren.