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Neue KI-Perspektive für Braunkohle-Revier: Microsoft baut zwei Rechenzentren in NRW

Lesezeit: 3 min
20.03.2024 08:11  Aktualisiert: 20.03.2024 11:33
Im ehemaligen Braunkohle-Tagebau Hambach hat Microsoft diese Woche begonnen, gleich zwei neue Rechenzentren für seine Cloud- und KI-Kapazitäten zu bauen. Das Konversionsprojekt im Rheinischen Revier wird von der Landesregierung NRW unterstützt und ist 3,2 Milliarden Euro schwer. Ein Zeichen dafür, wie die Bergbau-Region eine neue Zukunftsperspektive bekommt.
Neue KI-Perspektive für Braunkohle-Revier: Microsoft baut zwei Rechenzentren in NRW
Von der Kohle zur KI: Marianne Janik von Microsoft Deutschland und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hauchen dem Rheinischen Quartier neues Leben ein. (Foto: dpa)
Foto: Henning Kaiser

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Die Zeiten der Braunkohle-Gewinnung gehen im Tagebau-Revier im Rhein-Erft-Kreis 2030 endgültig zu Ende. Ein großer Schritt bei der angestrebten Konversion der Region westlich von Köln ist der CDU-Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst nun mit der Ansiedlung des US-Software-Giganten Microsoft gelungen. Gleich zwei neue Rechenzentren sollen hier in Bedburg und Bergheim an der Autobahn A61 entstehen. Ein dritter könnte bei Grevenbroich folgen. Insgesamt ein Investitionsvolumen von 3,2 Milliarden Euro, wenn auch nur mit rund 350 neuen Arbeitsplätzen.

Zwei Gewerbegebiete sind es, in denen die sogenannten Hyperscaler errichtet werden sollen. Die Baugenehmigungen liegen bereits vor. Gestern luden Microsoft Deutschland und die Landesregierung gewissermaßen zum ersten Spatenstich an die einstmalige Abbruchkante des Tagebau-Reviers - vor allem aber wollten sie über die neuen Zukunftsaussichten informieren, die sich mit dem bevorstehenden Kreuzzug der Künstlichen Intelligenz (KI) für de Region ergeben. Beide Gewerbegebiete hoffen natürlich auf Niederlassung weiterer Startups und Dienstleister und damit einen neuen Technologie-Cluster in NRW.

Hyperscaler für künftiges Datenvolumen

„Wer wie ich gerade das erste Mal in den Tagebau Hambach hineingeschaut hat, spürt etwas von der Größe der Aufgabe des Wandels, den die Menschen hier vor sich haben", gestand Marianne Janik, Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland. Das mache sie „demütig, aber auch ein bisschen stolz".

Tatsächlich bedeutet das Engagement von Microsoft die größte Investition in Deutschland seit vier Jahrzehnten. Mittels einer virtuellen Jobbörse sowie mit einem KI-Mobil als Treff für mobiles Lernen will das Unternehmen den gut und gerne 1,2 Millionen Menschen der Region die Zukunft mit KI nahebringen. Gut 250 Kilometer rund um den Standort Hambach leben immerhin 60 Millionen Menschen, die allesamt weiteres Datenvolumen benötigen werden in Zukunft. Der NRW-Ministerpräsident wähnt sein Bundesland bereits als „die deutsche Zukunftsregion für die Digitalisierung". Immerhin sei ja auch der Supercomputer im Forschungszentrum Jülich nicht fern, so wie der Innovation-Campus in Hürth und die bei KI ambitionierte Universität Aachen.

Hendrik Wüst gibt sich deshalb zuversichtlich, dass NRW „zur Heimat von KI bei der industriellen Anwendung wird". Der Bürgermeister von Bedburg Sascha Solbach wiederum räumt ein, dass sich im Landkreis „die Stimmung in der Bürgerschaft komplett gedreht" habe. Auch Bergheims Bürgermeister Volker Mießeler bestätigt diesen Eindruck: „Künftige Nachbarn klopfen schon an die Türe." Microsoft sorge für Strahlkraft im Revier.

Das bevölkerungsreichste Bundesland reiht sich mit dem Microsoft-Bauvorhaben jedenfalls nahtlos ein in die Ansiedlungserfolge von Sachsen-Anhalt mit Intel in Magdeburg und im sächsischen Dresden mit TSMC, also zwei weiteren großen internationalen Konzernen, die künftig dort Computer-Chips für Europa produzieren wollen. Bislang kommen die für fast alle technischen Geräte und den Autobau unverzichtbaren Bauteile noch zu über 90 Prozent aus Fernost - insbesondere aus Taiwan. Politisches Ziel ist es, sich hier in Zukunft deutlich unabhängiger zu machen.

Microsoft erwartet wachsende Speicher-Nachfrage

Microsoft will seine beiden Datencenter Ende 2025 in Betrieb nehmen. Allein am Bergheimer Gewerbepark in Paffendorf stellt die Stadt dem Software-Hersteller eine Fläche von über 20 Hektar bereit. Microsoft will die Rechenzentren für Cloudspace und Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, um die wachsende Nachfrage nach KI-Anwendungen in wichtigen Wirtschaftszweigen wie Autobau, Pharma sowie Medizintechnik in Deutschland zu decken. Ein Infrastruktur- und Dienstleistungsprojekt, das mit der Nähe zu den Weltkonzernen Bayer, Mercedes-Benz und Siemens punkten will, die sämtlich auf KI setzten und an neuen Anwendungen für ihre Produkte arbeiten.

Bislang waren ähnliche Rechenzentren überwiegend in Frankfurt/Main am weltweit größten Internetknoten DE-CIX angesiedelt worden. Doch dort sind die Grundstückspreise weit teurer und die Stromversorgung inzwischen zu einem echten Engpass geworden. Im Kölner Raum steht indessen unberührtes Terrain für nur ein Drittel des Bodenpreises zur Verfügung. Und Strom ist hier schon strukturell reichlich vorhanden. Die beiden Riesen-Rechenzentren mit bis zu 200 Megawatt Kapazität werden vom US-Konzern selbst geplant, errichtet und anschließend auch betrieben. In keinem anderen Land investiert Microsoft derzeit mehr in Speicherkapazitäten und Infrastruktur als in Deutschland.

Weitere Rechenzentren und KI-Parks in Planung

Neben den beiden Rechenzentren in Bedburg und Bergheim braucht Microsoft für die Umsetzung seiner Wachstumspläne offenbar sogar noch ein drittes Rechenzentrum ganz in der Nähe - in Grevenbroich etwa, wobei dieser Standort bislang noch fest steht. Sicher ist, dass derlei Ansiedlungen im Köln-Düsseldorfer Raum weitere Neuansiedlungen von Dienstleistern nach sich ziehen. „Da dürften ganze KI-Parks entstehen“, erwartet Anna Klaft von der German Data Association. „In den nächsten fünf Jahren werden viele andere Betreiber von Rechenzentren nachziehen, das ist eine Riesennummer.“

Der Rechenzentren-Betreiber Virtus wiederum hat sich für die Region Berlin/Brandenburg entschieden und 17,5 Hektar in Wustermark erworben. Dort soll bis 2026 ein Hyperscaler mit 300 Megawatt in Betrieb gehen. Während Microsoft selbst baut, fungieren Virtus Data Centers für andere Kunden wie Amazon Web Services oder Google als Mieter dieser Daten-Kapazitäten.

 

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Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.


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