Streiks drohen den Fahrgästen sowie Industriekunden der Bahn nun nicht mehr. Zuvor hatten beide Seiten Stillschweigen bis zum Abschluss der Tarifverhandlungen vereinbart. In der Politik wurde die Einigung mit Erleichterung aufgenommen. "Es ist ein wichtiges Signal der Sicherheit und Verlässlichkeit für die Millionen von Pendlerinnen und Pendlern und die erwarteten Reisenden zu den Ostertagen", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Isabel Cademartor. "Die Einigung ist ein Gewinn für das System Schiene, das in den nächsten Monaten vor großen Herausforderungen steht."
Pendler und Wirtschaft streikgeplagt
Die wiederholten Streiks der GDL hatten Millionen Bahnreisende getroffen, die Bahn konnte im Fernverkehr derweil lediglich ein Grundangebot an Zügen auf die Beine stellen. Auch die ohnehin angeschlagene deutsche Wirtschaft litt unter den Ausständen, da sie ebenfalls den Güterverkehr trafen. Industriekunden der Bahn-Tochter DB Cargo etwa aus der Auto- und Chemiebranche mussten umdisponieren, Geschäftsreisen, etwa zu Messen, fielen aus. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) schätzte die Kosten eines bundesweiten Streiks bei der Bahn auf bis zu 100 Millionen Euro an verlorener Wirtschaftsleistung pro Tag.
Unklarheit über Details - Knackpunkt war die Wochenarbeitszeit
Wie der Kompromiss zwischen Bahn und GDL aussieht, blieb zunächst offen. Knackpunkt der Tarifrunde war von Beginn an die Forderung der GDL nach eine Senkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibenden Löhnen und Gehältern. Die Bahn hatte die Forderung auch mit Blick auf den Lokführermangel kritisiert, war aber bei einer vorigen Gesprächsrunde bereit, sich auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich in zwei Schritten bis 2028 einzulassen.
Die Gewerkschaft unter ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky lehnte das allerdings ab. Es folgten zwei weitere Streiks mit erheblichen Einschränkungen im Personenverkehr. Vor rund einer Woche hatten die Bahn und die GDL dann mitgeteilt, dass sie wieder miteinander sprechen - hinter verschlossenen Türen.
Ob die Bahn bei den Arbeitsstunden nun vollends eingelenkt hat, blieb am Montagabend offen. Strittig war darüber hinaus auch die Laufzeit eines künftigen Tarifvertrags. Daneben forderte die GDL ursprünglich 555 Euro mehr pro Monat sowie eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro.
Außerdem wollte die Gewerkschaft auch für die Beschäftigten der Infrastruktur verhandeln, für die es bisher keine GDL-Tarifverträge gibt. Der Kompromissvorschlag der Vermittler vom Februar sah eine schrittweise Anhebung der Löhne und Gehälter um 410 Euro vor. 200 Euro mehr sollte es zum 1. August dieses Jahres geben, 210 weitere Euro zum 1. April 2025. Die Laufzeit des Vertrags hätte 30 Monate betragen.
Früh das Scheitern erklärt
Begonnen hatte der Tarifkonflikt Anfang November. Bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde erklärte Weselsky die Gespräche für gescheitert und leitete im Dezember eine Urabstimmung über unbefristete Streiks ein. Insgesamt sechs Mal kam es in der Tarifauseinandersetzung zu Arbeitskämpfen. Zwei kürzeren Warnstreiks folgten im Januar zwei mehrtägige Streiks.
Nach den erneut gescheiterten Verhandlungen im Februar verschärfte Weselsky die Maßnahmen: Die Arbeitskämpfe sollten künftig deutlich kurzfristiger angekündigt werden, so dass Bahn und Fahrgästen weniger Zeit bleibt, sich darauf einzustellen. Ein Streik folgte noch nach dem bekannten Muster mit 48 Stunden Vorlauf. Nur wenige Tage später lagen zwischen der Ankündigung und dem Beginn des nächsten Ausstands im Personenverkehr schließlich nur noch 30 Stunden. Die Bahn scheiterte wiederum Mitte März am Arbeitsgericht Frankfurt und am Hessischen Landesarbeitsgericht damit, die Arbeitsniederlegungen juristisch zu stoppen. Mit der Einigung sind nun weitere Arbeitskämpfe für die Dauer der Vertragslaufzeit vom Tisch. (dpa)