Politik

Großangriff des Iran: Wie sieht Israels Antwort aus?

Die Spannungen im Nahen Osten erreichen einen gefährlichen Höhepunkt, nachdem der Iran israelische Ziele attackiert hat. Wie schlägt Israel nun zurück? Und was bedeutet die Eskalation für die deutsche Politik?
14.04.2024 17:25
Aktualisiert: 14.04.2024 17:25
Lesezeit: 3 min
Großangriff des Iran: Wie sieht Israels Antwort aus?
Das Foto zeigt eine Drohne, die während des iranischen Großangriff auf Israel gestartet wird (Foto: dpa). Foto: ---

Der erste direkte Angriff des Irans auf Israel bringt die Erzfeinde an den Rand eines Krieges. Schon am Sonntag gab es international Bemühungen, die Lage zu entschärfen. US-Präsident Joe Biden und die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden wirtschaftsstarken Demokratien (G7) wollten in einer Schalte über Wege aus der Krise beraten. In New York war eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates anberaumt.

Die iranische Armee griff am Samstag israelische Ziele mit mehr als 300 Raketen und Drohnen an. Das israelische Militär wehrte nach eigenen Angaben die Attacke erfolgreich ab. Israel hatte Unterstützung der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens. In der Negev-Wüste wurde ein zehnjähriges Beduinenmädchen schwer verletzt. Nach Angaben der Armee waren die Sachschäden gering.

Das israelische Kriegskabinett wollte am Sonntag über das weitere Vorgehen beraten. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrieb auf der Plattform X (vormals Twitter): "Wir haben abgeschossen, wir haben gebremst. Gemeinsam werden wir siegen".

Die Führung in Teheran übte mit der Operation "Aufrichtiges Versprechen" Vergeltung für einen mutmaßlich israelischen Angriff am 1. April auf ein iranisches Botschaftsgebäude in Syriens Hauptstadt Damaskus. Zwei Brigadegeneräle der Revolutionsgarden wurden dabei getötet.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der derzeit China besucht, verurteilte den Angriff. "Wir werden alles dafür tun, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt", sagte Scholz in der Metropole Chongqing. Deutsche Politiker versicherten Israel Solidarität. Im Außenministerium in Berlin kam ein Krisenstab zusammen.

Israels Armeesprecher: 99 Prozent der Geschosse abgefangen

Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte, 99 Prozent der mehr als 300 abgefeuerten Geschosse seien abgefangen worden. Der Einsatz von mehr als 120 ballistischen Raketen sei eine klare Eskalation gewesen. Nur wenige seien nach Israel vorgedrungen. "Sie schlugen im Bereich der Flugbasis Nevatim ein und verursachten nur leichten Schaden an der Infrastruktur."

Von 170 unbemannten iranischen Flugkörpern seien "null auf das israelische Gebiet vorgedrungen. Dutzende seien von israelischen Kampfjets der Luftabwehr sowie "der Luftwaffe und Luftabwehr unserer Partner" abgeschossen worden. Von mehr als 30 Marschflugkörpern sei keiner eingedrungen. Der britische Premierminister Rishi Sunak bestätigte den Einsatz britischer Jets, die "eine Reihe" Angriffsdrohnen abgeschossen hätten.

Israels Außenminister: Greift der Iran an, greifen wir an

Vor der Sitzung des Kriegskabinetts am Nachmittag sagte Außenminister Israel Katz in einem Interview des Armeesenders: "Wir haben gesagt: Wenn der Iran Israel angreift, werden wir im Iran angreifen. Und dieses Bekenntnis ist immer noch gültig." Ein Armeesprecher kündigte an: "Wir werden dem Iran mit Taten antworten, nicht mit Worten."

US-Präsident Biden telefonierte noch in der Nacht mit Netanjahu. Das Weiße Haus teilte mit, Biden habe den Angriff "auf das Schärfste" verurteilt und das "eiserne Bekenntnis" der USA zu Israels Sicherheit bekräftigt. Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter, Biden habe Netanjahu gesagt, die USA würden sich nicht an "offensiven Operationen gegen den Iran beteiligen".

Iran: Vergeltung hätte härter ausfallen können - Warnung an die USA

Die Revolutionsgarden haben nach den Worten von Irans Präsident Ebrahim Raisi dem Erzfeind eine "Lektion" erteilt. Er warnte auch Israels Verbündete vor Gegenangriffen. Der Vergeltungsschlag auf Israel hätte nach Darstellung der iranischen Revolutionsgarden auch deutlich härter ausfallen können.

"Wir haben eine Operation begrenzt in Ausmaß und Größe gegen das zionistische Regime ausgeführt", sagte der Kommandeur Hussein Salami laut der Nachrichtenagentur Tasnim. Die Revolutionsgarden hätten sich entschieden, künftig anders mit Israel umzugehen. "Diese neue Gleichung besagt, ab jetzt werden wir, wann immer das zionistische Regime unsere Interessen, Besitztümer, Individuen und Bürger angreift, von der Islamischen Republik Iran aus Vergeltung üben." Bislang setzte der Iran vor allem auf verbündete, nicht staatliche Akteure in arabischen Ländern.

Auch der türkische Außenminister Hakan Fidan rief in einem Telefonat mit seinem iranischen Kollegen Hussein Amirabdollahian zur Deeskalation auf, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Diplomaten berichtete.

Die Außenminister der Europäischen Union kommen am Dienstag zu außerplanmäßigen Gesprächen zusammen. Er habe die außerordentliche Video-Sitzung einberufen, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf X:. "Unser Ziel ist es, zur Deeskalation und Sicherheit in der Region beizutragen."

Scholz verurteilt Irans Angriff scharf - UN-Generalsekretär warnt vor Eskalation

Bundeskanzler Scholz verurteilte die Angriffe auf Israel "mit aller Schärfe". Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte im Namen des Kanzlers in der chinesischen Metropole Chongqing: "In diesen schweren Stunden steht Deutschland eng an der Seite Israels. Über weitere Reaktionen werden wir uns nun eng mit unseren G7-Partnern und Verbündeten besprechen."

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte den Iran. Der beispiellose Angriff drohe die Region zu destabilisieren, warnte er auf X. UN-Generalsekretär António Guterres sagte: "Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser versprach Anstrengungen für die Sicherheit von israelischen und jüdischen Einrichtungen. "Der Schutz von israelischen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland hat höchste Priorität", sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Die Lufthansa-Gruppe stellt mehrere Flugverbindungen in den Nahen Osten vorübergehend ein. Betroffen sind reguläre Flüge von und nach Tel Aviv in Israel sowie nach Erbil im Irak und Amman in Jordanien, wie das Unternehmen mitteilte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börse-Ausblick: Europa trotzt Trump – doch wie lange noch?
07.07.2025

Ein halbes Jahr voller Turbulenzen: Trump, Zölle, Währungskrise – die Börsen zeigen extreme Bewegungen. Welche Märkte profitieren,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...