Trotz des Einbruchs beim Wohnungsbau kann die Branche kaum auf neue Milliardenhilfen des Bundes hoffen. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellten beim Wohnungsbau-Tag in Berlin aber Vereinfachungen bei den Vorschriften und Abbau von Bürokratie in Aussicht. „Viele dieser Vorschriften sind nicht notwendig, um ein gutes und um ein sicheres Haus zu bauen", sagte Geywitz. Mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) wolle sie zeitnah rechtliche Änderungen zur Einführung eines Gebäudetyps E auf den Weg bringen, der einfacheres und günstigeres Bauen ermögliche. Habeck unterstrich die volkswirtschaftliche und soziale Bedeutung der Bau- und Wohnungswirtschaft. „Ohne eine Wohnungswirtschaft im Aufschwung oder unter Last kann kein ökonomischer Aufschwung gelingen", sagte Habeck.
Verbände der Bau- und Immobilienbranche einschließlich des Mieterbundes als Veranstalter des jährlichen Wohnungsbau-Tages hatten zuvor neue Milliardengelder vom Bund gefordert. Nötig seien jährlich Subventionen von 15 Milliarden Euro für 100.000 neue Sozialwohnungen und weitere acht Milliarden Euro für den Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen. Zudem solle die öffentliche Hand die Bautätigkeit mit einem Zinsverbilligungsprogramm von einem Prozent anschieben.
Zudem appellierten die Branchenvertreter an die Politik, Baustandards und damit Herstellungskosten nicht weiter zu erhöhen. „Wir haben einen hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bei gleichzeitig viel zu hohen Baukosten, auch aufgrund von viel zu hohen Bau-Standards", sagte Dirk Salewski, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen.
„Nicht Zuckerguss fördern, sondern Schwarzbrot"
Staatliche Förderung dürfe nicht nur Anreize setzen für extrem hohe Effizienz-Standards, mahnte Axel Gedaschko vom GdW-Spitzenverband der Wohnungswirtschaft. „Am Ende kommen Wohnungen heraus, die eigentlich viel zu teuer sind", sagte Gedaschko. „Wir müssen nicht Zuckerguss fördern, sondern Schwarzbrot - das bezahlbare Schwarzbrot."
Die hohen Zinsen und Baukosten haben zuletzt für eine Flaute am Bau und hier vor allem beim Wohnungsbau gesorgt. Denn viele Privatleute können sich Bauen nicht mehr leisten, und für Investoren rentiert es sich derzeit kaum. Die Branche fordert deshalb Maßnahmen der Politik, um die Baukonjunktur anzukurbeln.
Die Branche befürchtet auch den Verlust von Jobs. Die Gefahr besteht", sagte ZDB-Präsident Wolfgang Schubert-Raab. Sollten Fachkräfte die Bauwirtschaft wegen der mauen Aussichten verlassen, brauche man die fünffache Zeit, um solches Personal später zurückzugewinnen, warnte Robert Feiger von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU).
Geywitz: Steht immer ein Mercedes auf der Baustelle
Geywitz und Habeck räumten ein, dass in Deutschland Bauen teurer und bürokratischer sei als in anderen Ländern Europas. „Wir haben so unglaublich hohe Anforderungen aufeinander getürmt", sagte Geywitz. Am Ende des Tages entstehe ein sehr teures Produkt: „Ich sage, da steht jedes Mal ein Mercedes auf der Baustelle, wenn wir ein Haus bauen." Erforderlich sei ein Standard, der bezahlbar sei, aber nicht mit Milliarden subventioniert werde. „Mit einer Dauersubvention in allen Bereichen wird es nicht gehen", sagte Geywitz. Sie verwies darauf, dass die versprochene degressive Afa für den Wohnungsneubau kommt. Immerhin fünf Prozent bis zum Jahr 2029 - das sollte Anreiz sein, endlich wieder in Schwung zu kommen.
Habeck sagte zu, die Bundesregierung wolle zumindest „die Impulse geben, die Bauwirtschaft schlanker und auch günstiger in die Genehmigung zu bringen". Er stellte weitere Mittel für das Förderprogramm Klimafreundlicher Neubau in Aussicht, das „so stark nachgefragt wird, dass wir nochmal nachschießen müssen". Er wolle dies „gerne mit befördern aus den Programmen, die mir zur Verfügung stehen", so dass es da keinen Förderabriss gebe. Für das Gesamtjahr 2024 sind für dieses Programm zur Zinsverbilligung bisher 762 Millionen Euro vorgesehen.
Die oppositionelle Unions-Fraktion warf der Ampel-Koalition vor, sie sorge nicht für einen Aufbruch, sondern bringe immer nur Alibi-Gesetze auf den Weg. „Von einer Änderung des Hochbaustatistikgesetzes und der Verlängerung der Mietpreisbremse wird keine einzige Wohnung neu gebaut", erklärte Vizefraktionschef Ulrich Lange. „Wirklich wichtige Projekte wie die Baugesetzbuchnovelle oder der Gebäudetyp E dagegen kommen nicht voran, weil sich die Ampel nicht einig wird." Die Pressemitteilungen sind längst verfasst, doch die Sache hängt im parlamentarischen Verfahren fest. (rtr/hps)