Politik

Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive Haltung fatal. Peking verfolge die wirtschaftliche, technologische und politische Weltführerschaft bis 2050 - und das eben nicht nur mit legalen Mitteln.
24.04.2024 13:45
Lesezeit: 2 min
Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
Der Verfassungsschutz warnt deutsche Unternehmen vor Wirtschaftsspionage aus China. (Foto: dpa) Foto: Mark Schiefelbein

Der Verfassungsschutz hat bei deutschen Unternehmen und Politikern für hohe Wachsamkeit im Umgang mit autoritären Staaten wie China geworben. "Wir sehen zunehmend Versuche der Einflussnahme mit illegitimen Mitteln auf Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch klassische Spionage", sagte der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, am Mittwoch zum Auftakt einer gemeinsamen Veranstaltung der Behörde und der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft (ASW). Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Chinas Streben in der Welt - Auswirkungen auf die Sicherheit deutscher Unternehmen und die Politik".

Selen verwies auf die Verhaftungen von vier Personen in Deutschland, denen Spionage für China vorgeworfen wird, nannte aber keine weiteren Details. Die Regierung in Peking wolle das Land einerseits international unabhängiger machen, aber andererseits wirtschaftliche und technologische Abhängigkeiten für andere schaffen. Besonderes Interesse gelte etwa den Bereichen Luft- und Raumfahrttechnologie, Automatisierung, Robotik, Energieeinsparung und Elektromobilität, Informations- und Kommunikationstechnologie, Biomedizin und Medizin-Geräte. Firmen müssten immer mitdenken, dass hinter chinesischen Partnern auch der Staat und ein anderes Rechtssystem stehe.

Naivität ist fatal

Der Verfassungsschutz warnt insbesonder die deutsche Wirtschaft vor einer naiven Haltung gegenüber China, die für den Industriestandort existenzbedrohend sein könnte. "Wir haben eine Vielzahl von Fallbeispielen, in denen eine vielleicht höchst optimistische und zu positive Haltung hinsichtlich der Handelsbeziehungen zu China dazu geführt hat, dass sich diese Unternehmen praktisch aufgelöst haben", so Selen. "Das droht auch Ihnen", fügte er hinzu und forderte einen "realistischeren" Blick auf China. Die kommunistische Regierung verfolge "mit legitimen und illegitimen Mitteln ... die wirtschaftliche, technologische und politische Weltführerschaft bis zum Jahr 2049."

Es sei höchste Zeit, hier zu einer realistischeren Einschätzung zu kommen. Da, wo deutsche Manager zu naiv und optimistisch gewesen seien, "lasse sich beobachten, dass sich diese Unternehmen praktisch aufgelöst haben". Der Verfassungsschutz weist laut Selen bereits seit langem auf die Risiken etwa einer verpflichtenden Software für Steuern hin, die einen umfassenden Zugriff staatlicher Stellen auf Unternehmensinterna erlaubt.

"Leere" Geräte für Mitarbeiter als Sicherheitsvorkehrung

Um sich gegen dieses Risiko sowie das Eindringen von Schadsoftware über chinesische Apps zu wappnen, schickten deutsche Konzerne ihre Mitarbeiter inzwischen meist mit "leeren" Geräten, die außerhalb des globalen Firmennetzwerks operierten, nach China, war bei der Sicherheitstagung in Berlin zu erfahren. ASW-Geschäftsführer Günther Schotten sagte, Geschäftsreisende sollten wissen, dass vertrauliche Unterlagen im Hotelsafe in China womöglich nicht sicher seien.

Der Verfassungsschutz wolle sich verstärkt um die chinesischen Aktivitäten bei Ausgründungen aus Universitäten und Startups in Deutschland kümmern. Denn man sehe, dass China über Forschungskooperation im zivil-militärischen Bereich Technologien erhalten wolle, die man auch militärisch nutzen könne. "Eine Vielzahl von Universitäten ist darauf ausgerichtet, genau diese zivil-militärische Fusion zu betreiben", sagte Selen. China sei stark darauf ausgerichtet, wirtschaftliche Abhängigkeiten zu schaffen, um diese künftig politisch nutzen zu können, erklärte die Leiterin des China-Zentrums der Hochschule Bremen, Sandra Heep.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...

DWN
Panorama
Panorama Grüne Stadt der Zukunft: Wie realistisch CO2-neutrale Metropolen bis 2040 sind
20.12.2025

Städte sollen Europas Klima-Rettungsanker werden – doch zwischen Vision und Wirklichkeit klafft eine Lücke. EU-Ziele, Modellstädte und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chefin der Wirtschaftsvereinigung Stahl warnt: Die Deindustrialisierung ist real
20.12.2025

Kerstin Maria Rippel ist Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Im DWN-Interview sagt sie, dass Berlin nach dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenkapitalbildung: Immobilienkauf laut IfW-Studie für Millennials schwerer
20.12.2025

Eigenkapitalbildung wird für viele Kaufwillige zur größten Hürde: Eine neue Studie vergleicht, wie stark sich die Anforderungen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-CO2-Zoll wird ausgeweitet: Kommt die nächste Stufe für Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte?
20.12.2025

Der EU-CO2-Zoll steht vor der nächsten Ausbaustufe: Brüssel will ihn auf Haushaltsgeräte und weitere Industrieprodukte ausdehnen. Ab...

DWN
Politik
Politik Neues Ranking: Wer jetzt über Europas Zukunft entscheidet
20.12.2025

Donald Trumps Aufstieg an die Spitze des aktuellen Politico-Rankings zeigt, wie stark externe Kräfte Europas Politik inzwischen bestimmen....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Rallye mehrerer Technologieunternehmen treibt US-Aktien an
19.12.2025

Die US-Aktien unterbrachen ihre jüngste Verlustserie und stiegen am Freitag, da Anzeichen einer abkühlenden Inflation und nachlassende...